Threshold - March Of Progress Tipp

threshold march of progress

Stil (Spielzeit): Progressive Metal (69:05)
Label/Vertrieb (VÖ): Nuclear Blast (24.08.12)
Bewertung: 9/10

thresh.net

Als eine feste Konstante im Progressive Metal haben THRESHOLD immer Alben von höchster Güte abgeliefert. Dies trifft auch auf das bisher letzte Studioalbum der Briten, "Dead Reckoning", zu. Unklar war, wohin die Reise nach dem Ausstieg von Sänger Andrew "Mac" McDermott gehen würde, selbst wenn mit Originalsänger Damian Wilson schnell ein Ersatz gefunden wurde. Einen Rückschlag mussten Band und Fans im letzten Jahr hinnehmen, als Mac im Alter von nur 45 Jahren an Nierenversagen starb. Mit "March Of Progress" kehren die Briten nach fünf langen Jahren nun endlich mit einem neuen Studioalbum zurück, das die hohen Erwartungen mit Leichtigkeit erfüllt.

Das erste Album mit Wilson seit "Extinct Instinct" lebt von sämtlichen THRESHOLD-Trademarks und Songs, die den Hörer magisch in ihren Bann ziehen. Das Material klingt nicht mehr ganz so modern und durch den Verzicht auf harschen Gesang, wie man ihn zuletzt von "Slipstream" kannte, etwas milder. Es braucht teilweise nur einen Durchlauf, bis sich Refrains, Songpassagen und Details in die Ohren klammern und für wohlige Momente sorgen. Das Kreativduo Karl Groom/Richard West und ihre Mitstreiter legen auch auf "March Of Progress" erneut Zeugnis davon ab, dass Progressive Metal nicht in Selbstdarstellung und egoistischem Gefrickel ausarten muss. In jedem Song hört man, wie versiert die Musiker zu Werke gehen, doch nie braucht es minutenlange Passagen, in denen sie sich mit ihren Fähigkeiten brüsten, um ihre Qualität zu erkennen. Bestes Beispiel dafür sind die Gitarren, die nicht endlos frickeln, sondern die perfekte Mischung aus Feeling und Technik aufweisen. Karl Groom gibt mit erfreulich metallischen Riffs und wunderbar harmonischen Soli den Ton an, Richard West akzentuiert die zehn Songs wahlweise mit warmen Keyboardteppichen, pointierten Farbtupfern oder geschmeidigen Soli, und Gitarrist Peter Morten, Bassist Steve Anderson und Drummer Johanne James sorgen für ein sicheres Prog Metal-Fundament. Damian Wilson steuert hervorragende Vocals bei, allerdings erwische ich mich an ein, zwei Stellen dabei, wie ich den ausdrucksstarken und sehr variablen Gesang von Mac vermisse, der mir auf "Hypothetical" und "Dead Reckoning" Schauer über den Rücken jagte. Trotzdem muss man natürlich festhalten, dass Wilson nach Macs Ausstieg die perfekte Wahl für den Sängerposten gewesen ist. Welchen Sänger man bevorzugt, ist eh Geschmackssache.

Zehn Songs, die die Seele streicheln, haben THRESHOLD auf "March Of Progress" versammelt. Sie eingehend zu behandeln oder gar Tipps zu geben, ist gar nicht so einfach, weil jeder Track seine Momente hat. Zusammengenommen ergeben die Nummern ein herausragendes 70-minütiges Werk mit vielen Facetten, bei dem es sich um pure Prog Metal-Magie handelt. Ob das eingängige und mit THRESHOLD-typischen Riffs versehene "Ashes", die wundervolle Halbballade "That's Why We Came" oder das vertrackte, mit Spoken Words-Passagen versehene "Liberty Complacency Dependency", jeder Song ist ein Genuss für sich. Besonders erwähnenswert auch die beiden Achtminüter, "Don't Look Down" und "The Hours", die vor Abwechslungsreichtum und ohrenschmeichelnden Melodien nur so strotzen. Auch "Coda", "Staring At The Sun", "Colophon", das eindringliche "Return Of The Thought Police" und das Zehn Minuten-Epos "Rubicon" zeigen THRESHOLD in Höchstform.

Magische Melodien, treibende Metal-Passagen, düstere Zukunftsvisionen, sanfte Melodien, Dramatik - die Briten verstehen es, den Hörer mit einer Mischung aus leicht eingängigen Prog-Perlen und komplexeren Nummern zu fesseln. Musikalischer Anspruch, gehüllt in eine eingängige Verpackung: Genau so muss eine exzellente Prog Metal-Band klingen. Und deshalb ist "March Of Progress" nicht weniger als eines der besten progressiven Metal-Alben 2012.