Prong - Ruining Lives Tipp

Prong - Ruining Lives
    Modern / Thrash Metal

    Label: SPV/Steamhammer
    VÖ: 25.4.2014
    Bewertung:8/10

    Homepage von Prong


PRONG sind also zurück. Dabei waren sie nie weg – das letzte, sehr gute Album „Carved Into Stone“ ist schließlich erst zwei Jahre alt. Aber bei einer Band, die nach wie vor auf ihre glorreiche Vergangenheit reduziert wird, fühlt sich eben jedes neue Album an wie ein Comeback. So auch „Ruining Lives“, dem der unvermeidliche Vergleich schon mitgeliefert wird: Das Cover mit Auge und Gabel zitiert unverkennbar und offensiv DAS Album von 1994. Ist PRONG also, endlich, ein neues „Cleansing“ gelungen?

Natürlich nicht. Wie auch? Ein Album, das über Jahrzehnte ikonischen Status erreicht hat, lässt sich nicht wiederholen. Erstens fehlt dafür schlichtweg die Reifezeit und zweitens ist die Ära solcher Alben lange vorbei. „Cleansing“ ist nicht zum Vorzeige-Album PRONGs geworden, weil jeder Moment darauf unantastbar wäre, sondern weil Hits wie „Snap Your Fingers, Snap Your Neck“ und „Broken Piece“ zum Soundtrack einer Generation gehören. Das gibt es heute in dieser Form nicht mehr, die Flut möglicher Soundtracks ist viel zu groß dafür und die Clubhits wechseln zu schnell. Deshalb kann es auch ein neues „Cleansing“ (oder „Nevermind“, oder „Master Of Puppets“) nicht geben.

Trotzdem lässt sich die Gegenwart mit der Vergangenheit vergleichen. Denn Tommy Victor, der noch immer als Hauptsongwriter hinter PRONG steckt, zeigt damals wie heute Stärken, die seine Musik besonders machen: ein großartiges Gespür für packende Grooves und den Mut zu an Frohsinn grenzender Eingängigkeit, man höre nur den überraschend poppigen Refrain im Opener „Turnover“ oder den Tanzflächen-Beat von „Remove, Separate Self“. Gleichzeitig knallen PRONG ein derbes Thrash-Brett auf den Tisch und lassen Einflüsse zu, die beispielsweise den Titelsong zu einem sperrigen Monster machen, das sich bis in blastende Raserei steigert.

Auf dem Papier klingt das widersprüchlich, auf „Ruining Lives“ nicht. Das beweist, dass PRONG ein fantastisches Album gelungen ist, das fokussierter und schlüssiger ist als der Vorgänger „Carved Into Stone“. Mit den ersten fünf Songs stellt Tommy Victor unmissverständlich klar, wer Chef ist im Ring und dass die Vergangenheit geil war, PRONG aber eine Band der Gegenwart ist. Dass die zweite Hälfte etwas abfällt, ist verzeihlich, aber schade. „Absence Of Light“ übertreibt es ein bisschen mit dem Gegensatz zwischen Pop und Härte. „Come To Realize“ und „Chamber Of Thought“ wollen nicht so hängenbleiben wie andere Stücke auf „Ruining Lives“. Entschädigung: Der Ohrwurm „Self Will Run Riot“ und der tolle „Rude Awakening“-Gedächtnisgroover „Limitations And Validations“.

Unterm Strich ist „Ruining Lives“ zwar ein typisches PRONG-Album geworden, wächst aber darüber noch hinaus: Es strahlt auch eine Frische aus, die die einzelnen PRONG-Trademarks zu einem Ganzen zusammenfügt, das größer ist als die Summe seiner Teile. Meiner Meinung nach entwächst die Band damit den ewigen Verweisen auf die Vergangenheit. Vielleicht will Tommy Victor mit dem Cover ausdrücken, dass er das auch so sieht.