War On Women - s.t. Tipp

War On Women - s.t.

Thrash mit Aussage? Gibt’s – in Form von WAR ON WOMEN, einer feministischen Truppe aus Baltimore. Das gleichnamige Album sollten sich aber auch Leute anhören, die es lieber inhaltsarm mögen. Denn die Musik knallt auf sehr erfrischende Weise.

Thrash der reinen Lehre ist es zwar nicht. Aber auch wenn WAR ON WOMEN deutliche Hardcore- und Punk-Elemente verwenden, sind sie meines Erachtens sehr Metal, schon was die technische Qualität ihrer Musik angeht. Sie selbst nennen ihren Stil „Thrash Rock Meets Riot Grrl“.

Für den Riot Grrl-Anteil ist Sängerin Shawna Potter verantwortlich, die mit klarer, sich überschlagender, keifender oder auch gefährlich ruhiger Stimme über den alltäglichen Sexismus in den USA singt, spricht und schreit. Die Texte liegen mir leider nicht vor, aber es lohnt sich, Potter zuzuhören, denn offenbar erzählt sie intelligente Geschichten, statt Parolen zu skandieren. „Say it“ zum Beispiel ist die Aufforderung, es nicht schamhaft zu verschweigen, wenn man vergewaltigt wurde, sondern es rauszuschreien. Hintergründiger Wortwitz scheint ebenfalls ein Pfeiler ihres lyrischen Konzepts zu sein.

Musikalisch sind WAR ON WOMEN sehr abwechslungsreich und experimentierfreudig. Das Album birst förmlich vor Energie. Ein Rhythmuswechsel folgt dem nächsten, mal halten die Gitarren den Atem an, nur um im nächsten Moment wieder (inklusive Solo) loszugaloppieren. Bass und Schlagzeug haben Punch und sind im Mix schön präsent. So fühle ich mich trotz des modernen und genreübergreifenden Anstrichs immer wieder an ältere MEGADETH erinnert, die ihren Thrash auch gern mit überraschenden Wendungen versehen haben, die den Gesamtsound erst recht ungestüm und gefährlich haben klingen lassen. Paradebeispiel ist das megaschnelle Gitarrenriffing in „Diana La Cazadora“, das ohne Probleme auch auf „Rust In Peace“ hätte vorkommen  können.

So ist WAR ON WOMEN ein sowohl musikalisch als auch inhaltlich absolut mitreißendes Album gelungen. Die Scheibe hat wahnsinnig viel Energie. Einziger Kritikpunkt: Sie ist mit rund einer halben Stunde arg kurz. Andererseits passt es zum Gesamtbild, dass „War On Women“ wie ein Wirbelsturm über einen hinwegfegt – und man kann ja direkt wieder von vorn anfangen. Damit kann ich übrigens noch immer nicht aufhören …