Dream Theater - Black Clouds And Silver Linings Tipp



Stil (Spielzeit):
Progressive Metal (75:25)
Label/Vertrieb (VÖ): Roadrunner Records (19.06.09)
Bewertung: 9,5/10
Link: http://www.dreamtheater.net
Nach „Scenes From A Memory" haben es DREAM THEATER nicht geschafft, sich dem schwindelerregend hohen Niveau dieses Meisterwerks zu nähern. Natürlich gab es auch auf den Nachfolgern grandiose Songs, aber durch die mal mehr, mal weniger bestehende Trennung von harten und melodischen Parts wirkten die Alben zumindest nicht so schlüssig und überzeugend, wie man es sich im Nachhinein gewünscht hätte. Neben Album-Höhepunkten gab es auch einige schwache Songs, mich persönlich nervten auch die MUSE-Anleihen.
Doch auf „Black Clouds And Silver Linings" machen DREAM THEATER einen so starken Eindruck wie lange nicht mehr, und das liegt nicht zuletzt auch daran, dass die New Yorker wieder munter-fröhlich harte, melodische, verspielt-komplexe und ruhige Parts in einen Topf werfen und kräftig umrühren. Dankenswerterweise haben Mike Portnoy und John Petrucci zudem wieder persönlichere Texte verfasst.

Sechs Songs finden sich auf dem zehnten Studioalbum, und das reicht schon, um zu sehen, dass wir es wieder mit sehr epischen Ausmaßen zu tun bekommen. Das 16-minütige „A Nightmare To Remember" eröffnet „Black Clouds And Silver Linings" fulminant und wird auch den höchsten Erwartungen an eine neue DREAM THEATER-Scheibe gerecht. Der Song, der textlich einen von Petrucci erlebten Autounfall behandelt, bietet sowohl „Dance Of Eternity"-mäßige Frickelpassagen und wahre Doublebass-Gewitter sowie Shouts von Mike Portnoy, als auch einen wunderbaren, ruhigen Mittelteil und zeigt sowohl James LaBrie als auch die Instrumentalmannschaft auf allerhöchstem Niveau.
Das bereits vor dem Albumrelease veröffentlichte „A Rite Of Passage" überrascht mit orientalischen Anleihen, aggressiven Strophen, einem tollen Petrucci-Solo und einem sehr eingängigen, episch angelegten Refrain, der sich extrem schnell in die Gehörgänge setzt.
Mit „Wither", dem kürzesten Song des Albums, schieben die New Yorker eine powervolle Halbballade ein, die einen weit besseren Eindruck als ähnliche Songs auf den vorherigen Alben macht und nicht kitschig, sondern emotional und berührend ausgefallen ist. Doch um die harten DREAM THEATER-Momente braucht man sich auch weiterhin keine Sorgen zu machen:
„The Shattered Fortress", der Abschluss von Portnoys Twelve-Step-Suite, lässt in knapp 13 Minuten die vorherigen Teile nochmals Revue passieren und enthält neben den eingängigen Melodien auch kräftige Riffs, die wie bereits bei „A Nightmare To Remember" zeigen, dass die Amerikaner eindeutig eine progressive Band sind, bei welcher der Metal sehr groß geschrieben wird.
Ein wenig ruhiger wird es im Anschluss bei dem Portnoys verstorbenem Vater gewidmeten „The Best Of Times", das mit melancholischen Piano- und Akustikgitarren-Klängen beginnt, bevor verspielte Gitarren und der volle Instrumentaleinsatz ein abwechslungsreiches, an RUSH erinnerndes Epos kreieren, das am Ende von einem der besten und gefühlvollsten Petrucci-Soli seit langer Zeit gekrönt wird. „The Count Of Tuscany" entpuppt sich dann am Ende des Albums als 19-minütiger Monumentaltrack mit verträumtem Beginn, flotten Strophen, sehr gutem Chorus, tollen Instrumentalabfahrten und überhaupt so vielen Ideen und Kreativität, wie es eben nur eine Band wie DREAM THEATER zustande bringt. Nach ungefähr elf Minuten schlägt die Nummer in einen PINK FLOYD-artigen, wunderbar sphärischen Instrumentaltrack um, um danach mit sanften Akustikgitarren und ruhigem Gesang von LaBrie einen unfassbar eingängigen, epischen, orchestralen und mit ein paar „Ohohs" veredelten Abschluss zu finden, den man schlicht nicht besser machen kann.

Die Produktion unterscheidet sich nicht groß von den vorherigen, klingt aber etwas wärmer. Generell klingt auch die neueste DREAM THEATER-Veröffentlichung absolut hochklassig. Ich bin immer wieder erstaunt und begeistert, wie perfekt sich Instrumente und Gesang ineinanderfügen und wie kraftvoll die DT-Produktionen klingen.

Wenn man auch nach zig Durchgängen spätestens bei dem wundervollen Ende von „The Count Of Tuscany" immer noch völlig geplättet und entrückt, aber unheimlich glücklich staunt, was die New Yorker da gezaubert haben, dann kann man sich sicher sein: DREAM THEATER sind nach wie vor das Flagschiff der Progressive Metal-Szene. Da bleibt mir gar nichts anderes übrig, als dem besten Album seit „Scenes From A Memory" nur aus Respekt vor diesem 1999er Meilenstein und den ersten drei Klassikern knapp die Höchstnote zu versagen.