Geschrieben von Samstag, 02 März 2013 14:40

Desert Beneath The Pavement - Interview zum Album "Transit"

Wow, das Debüt der Post-Metal/-Hardcore Formation DESERT BENEATH THE PAVEMENT kann sich wirklich sehen und hören lassen. Passend zum Review zu "Transit" trafen wir Bassist Flo und sprachen mit ihm über das Album, das Musik machen, ihre Motivation und die äh... Wahrheit.

Bitte umreiße doch für uns zunächst mal die Geschichte eurer Band und stelle uns die Mitglieder kurz vor.

Uns gibt es seit Ende 2010, wir haben davor auch schon in unterschiedlichen Konstellationen zusammen gespielt. Nachdem wir einen kleinen Line-Up Wechsel vorgenommen hatten, haben wir uns in dem Zuge auch umbenannt und relativ bald eine Online-Single mit zwei Stücken aus der Vorproduktion zum jetzigen Album veröffentlicht. Wir wollten einfach schauen, wie sie nicht nur live, sondern auch aufgenommen funktionieren.

Ich bin der Bassist, mein Bruder Johannes spielt Gitarre und ist auch für das Songwriting verantwortlich. Dann haben wir mit Marc noch einen zweiten Gitarristen, unser Sänger Daniel kommt aus Frankfurt, genauso wie unsere Schlagzeugerin Laura. Also ist es ein bisschen aufgeteilt – drei Leute in Mannheim, zwei Leute in Frankfurt. Wir kennen uns schon ewig, uns verbindet eine Freundschaft, die älter ist als die Band. Joa, das hat sich dann irgendwie so ergeben.

Für euer Debütalbum „Transit“ habt Ihr in einigen Reviews bereits ordentlich Lob bekommen. Wie fühlt Ihr euch jetzt, nachdem das Album schon vor einer Weile auf die Welt „losgelassen“ wurde? Hattet ihr diese positiven Resonanzen erwartet?

Bei euch hoffentlich auch [lacht]. Hm ja, man geht ja schon mit der Hoffnung dran, dass das ganze Herzblut, das man in die Musik legt und das, was dahinter steckt, auch wahrgenommen wird. Es freut uns, dass es so ist. Wenn es nicht so gewesen wäre, hätten wir uns bestimmt in irgendeiner Art und Weise damit auseinandergesetzt, aber man macht ja schon Musik, von der man überzeugt ist und die einem liegt. Nur auf Grund von Rezensionen hätten wir daran wahrscheinlich auch nichts geändert.
Aber es ist natürlich schön, dass wir uns darüber nicht so viele Gedanken machen müssen. Wobei es auch negative Stimmen gibt, das Echo war nicht ausschließlich positiv, aber ich denke das ist normal.

Was steckt eigentlich hinter eurem Albumtitel?

Es ist kein Konzeptalbum in dem Sinne, dass wir sagen könnten, es bezieht sich auf eine Geschichte, die komplett erzählt wird. Es ist mehr so eine düstere Grundstimmung – Zweifel, Hoffnung, solche Sachen, die wir da vertont haben. Das sind alles Prozesse, die im Vergehen und Entstehen sind, da dachten wir, dass „Transit“ als Durchreise oder Reise dazu ganz gut passt. Und vielleicht ist der Titel auch ein angenehmer Kontrast zum langen Bandnamen.
Man überlegt ja oft hin und her: Wie bennent man die Band oder den Song, und irgendwann findet man eben ein Wort, das passt und dann heißt es so.

Wie habt Ihr den Aufnahmeprozess empfunden? Hattet Ihr schon Studioerfahrung oder war es erstmal mehr ein Sprung ins kalte Wasser?

Nein, für mich war es das vierte Album, die anderen haben auch teilweise schon mehrere CDs veröffentlicht. Davor haben wir es eigentlich immer so gemacht, dass wir in Studios gegangen sind und dort komplett alles aufgenommen haben. Diesmal haben wir uns das Equipment gekauft, selbst alles aufgenommen und das Ganze dann in einem Studio re-ampen lassen. Also wir haben die Clean-Signale aufgenommen und diese dann re-ampen und alles mischen und mastern lassen. Wir haben uns gesagt, wir sparen ein bisschen beim Aufnahmeprozess, dafür können wir uns die Zeit lassen, die wir brauchen und investieren dann lieber nach hinten raus und nehmen ein richtig gutes Studio. Wir waren dann in der Tonmasterei in Oldenburg – die machen sehr viel in dem Bereich und auch größere Bands. Letztendlich sind wir auch sehr zufrieden, wie alles gelaufen ist, auch menschlich. Die Zusammenarbeit war super und das Ergebnis ist, denke ich, schon so, wie wir es uns gewünscht haben.

Nun mal zum Artwork: Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit den Künstlern [Tom Wasilewski, Scheinbar, Daragh und Greyguardian], deren Bilder Ihr im Artwork zu „Transit“ verwendet habt?

Das ist auch so eine persönliche Geschichte. Wir kennen einfach verschiedene Leute, die Kunst machen und irgendjemand kannte eben den Tom Wasilewski und meinte, dass seine Fotos ganz gut zu unserer Musik passen würden. Wir haben uns dann mit ihm ausgetauscht, er fand die Musik gut und die Idee toll, seine Bilder beizusteuern. Wir haben versucht, das ganze dann zu arrangieren und die Bilder passend zu den einzelnen Songs ausgewählt. Es war wirklich lustig, er hatte wirklich Fotos, in denen immer wieder kleine Textausschnitte dargestellt sind. Von daher war das einfach ein schöner Zufall und es ist immer eine tolle Sache, wenn man noch mehr Leute eingebunden hat, die zum Endergebnis beitragen.

Welche Motivation steckt hinter eurer Musik und woher zieht Ihr eure Inspirationen? Ihr hattet ja an anderer Stelle auch Autoren genannt, die euch beeinflusst haben…

Es gibt natürlich einerseits Musik, die man hört. Das klingt an der ein oder anderen Stelle dann auch mal durch, bei uns sind das Bands wie NEUROSIS, CULT OF LUNA – so die Ecke, FALL OF EFRAFA. Aber wenn man eine Stimmung transportiert, dann geschieht das nicht nur in der Musik, sondern auch in Filmen und Büchern  – da besonders Cormac McCarthy, der uns, zumindest auf diesem Album, nicht nur durch seinen Film „Road“ sehr inspiriert hat. Diese düstere Endzeitstimmung findet sich schon auch in allen Liedern wieder. Soviel zu unseren Inspirationsquellen, Literatur, Film und so weiter.

Und Motivation… Ich glaube, ´98 habe ich mein erstes Konzert gespielt, da war ich noch in der Schule und hatte eine Band. Ich mache also schon seit 15 Jahren Musik und es ist einfach ein ganz wichtiger Teil in meinem Leben, bei den anderen ist das auch so. Die machen zum Teil schon sehr lange Musik und das treibt uns um, deswegen haben wir die Band. Also ich denke nicht nach: „Soll ich, oder soll ich nicht?“, sondern es ist klar: Ich muss.

Was ist das Beste daran, ein Teil von DESERT BENEATH THE PAVEMENT zu sein?

Es ist natürlich unheimlich toll, in einer Band zu spielen und Musik zu machen, neue Leute zu treffen und kennen zu lernen, aufzutreten, CDs aufzunehmen – also ganz ganz viele schöne Aspekte. Ich glaube, das Tolle an DESERT BENEATH THE PAVEMENT ist, dass ich  die Leute, mit denen ich Musik mache, schon so lange kenne und wir total gut befreundet sind. Das ist schon fast eine familiäre Geschichte mit einer unheimlich guten Stimmung. Wenn es menschlich so gut stimmt, wie bei uns, macht das Ganze einfach nochmal mehr Spaß.

Gab es einen bestimmten Moment oder Song, eine Band oder ein Album, der oder das euch zu eurem Stil, dem Post-Metal/Hardcore gebracht hat? Oder kann man das so gar nicht genau sagen?

Das ist einfach so ein schleichender Prozess. Ich höre so viel Musik und auch sehr unterschiedliche Sachen. Früher habe ich klassischen Hardcore und klassischen Metal gehört, irgendwann wurde das ein bisschen langweilig. So geht das dann weiter und ich habe auch das Gefühl, dass man immer mehr in so spezielle Nischen hineinrutscht [lacht]. Die Leute, die das gleiche hören, werden immer weniger und dann findet man sich da. Das ist ein Prozess, also da gibt es keine Auslöser. NEUROSIS höre ich schon sehr lange, die sind sicherlich sehr wichtig, aber genauso wichtig sind auch FALL OF EFRAFA, die ja noch viel unbekannter sind.

Wenn wir jetzt noch einmal zu eurem Album zurückgehen: Mit „Shambala“ habt ihr ja auch einen Instrumentalsong aufgenommen. Was macht für euch dabei den besonderen Reiz aus?

Das ist auch wieder sowas… Man hört gerne bestimmte Sachen, also möchte man selbst auch so etwas machen. Ich finde OMEGA MASSIF eine total tolle Band, deren Musik rein instrumental ist. Wir dachten, wir probieren das einfach mal aus. Wir hatten verschiedene  Teile, bei denen es auf den ersten Blick schwierig war, sie mit Gesang zu verbinden – zumindest so, wie wir es auf dem restlichen Album gemacht haben. Wir wollten dann einfach schauen, wie das Stück instrumental funktioniert, haben es umarrangiert und später gemerkt: ok, dieses Stück braucht keinen Gesang, es klappt auch so. Dann haben wir den Max von WHALERIDER, mit dem wir auch schon länger befreundet sind, gefragt, ob er nicht Lust hätte, in dem Song zu singen – einfach, weil er eine ganz andere Stimme hat und ein sehr guter Sänger ist, der mit anspruchsvoller Instrumentierung vielleicht besser umgehen konnte, als wir das geschafft hätten. Der Song, der mit dem Gesang von Max als Bonustrack auf der CD zu finden ist, funktioniert mit und ohne Gesang. Er passt vielleicht auch ohne Gesang so gut in das Konzept des Albums, weil er einen Tick positiver ist, als die restlichen Lieder. Wenn man ihn dann auf eine etwas poppigere Art und Weise interpretiert, wie Max es getan hat, ist es immer noch ein cooles Lied, aber doch besser als Bonussong, der dann so ein bisschen außerhalb des Rahmens steht.

Dann habe ich ihn nicht falsch interpretiert. Ich habe „Shambala“ auch fröhlicher empfunden als den Rest der Platte.

Ja, das merkt man auch live. Während die anderen Songs durch das Schleppende, Langsame eher ein wenig runterziehen, lädt der Song schon fast zum Tanzen ein.

Ihr habt CULT OF LUNA als einen musikalischen Einfluss angegeben. Der Gitarrist und Sänger Johannes Persson sagte in einem Interview zum neuen Album: „Wenn das letzte Album auf einer Lüge basierte, dann basiert das neue zwar nicht auf der Wahrheit, aber zumindest auf der Suche nach der einen, wirklichen Wahrheit“. Würdest Du auch sagen, dass Ihr auf der Suche nach eurer eigenen Wahrheit seid?

[überlegt] Ich habe jetzt gerade darüber nachgedacht, wo er die Unterschiede zwischen den zwei letzten Alben sieht, was da jetzt Lüge und was Wahrheit ist. Ähm, Wahrheit bei uns… Da ist jetzt die Frage, ob es die Wahrheit überhaupt gibt, dann könnte man sagen, ich bin auf der Suche danach, weil ich möglichst wahrhaftig sein will. Aber ich denke, es ist eher so eine Beschäftigung mit sich selbst. Ich habe bestimmte Emotionen, bestimmte Sehnsüchte, die ich in mir trage und die ich ausdrücke. Ich glaube, das ist am ehesten das, was für uns die Musik ausdrückt. So eine absolute Wahrheit, das wäre schon fast missionarisch. Zu sagen, was wahr ist und was nicht – den Anspruch haben wir nicht.

Ich habe gesehen, dass zwei Bloggerinnen aus Indien auf Wordpress den Titel eures Songs „Do You Feel It When I Google You?“ als Thema aufgegriffen und interpretiert haben. Habt Ihr den Artikel gelesen? Was haltet Ihr davon?

Ich fand das eine total lustige Sache, die sind auf Bandcamp.com über unsere Seite gestolpert, haben den Songtitel gefunden und sich dann damit auseinandergesetzt. Ich finde es toll, ist klar, die beschäftigen sich mit uns in irgendeiner Weise, wenn auch nicht mit der Musik. Wir haben sie dazu angeregt, über Dinge nachzudenken, was erstmal schön ist. Was halte ich davon, was sie gesagt haben? Hm joa, das ist eben ihre Interpretation. Das ist eine Aussage, die eben ein bisschen zum Nachdenken anregt, das haben die gemacht und das ist toll.

Als ich euren Bandnamen zum ersten Mal gelesen hatte und gesehen habe, dass Ihr aus Mannheim kommt, habe ich mit eurem Namen zuerst so etwas wie „Großstadtwüste“ assoziiert. Was meinst Du zu dem Satz, den ein Mannheimer mal in einer Umfrage gesagt hat: „Mannheim ist ein bisschen wie Berlin, kratzt auch, tut aber nicht so weh…“?

Ja, passt eigentlich. Also ein bisschen wie Berlin, auch dreckig und eben eine Großstadt und nicht wie Heidelberg so eine Art Puppenhaus. Mannheim hat alle Facetten einer Großstadt, die aber einfach nicht so extrem ausgeprägt sind. Eine kleine Großstadt, die auch ihre dreckigen, schmutzigen, rauen Seiten hat – ob die weh tun, weiß ich jetzt nicht – aber die hat sie eben.

Wie sehen eure Pläne für die nähere Zukunft aus? Seid ihr viel live unterwegs oder arbeitet ihr mehr an neuem Material?

Sowohl als auch. Wir haben die nächste Zeit ein paar Konzerte, da bin ich auch gerade dran, ein bisschen mehr zu organisieren, was oft schwierig ist, weil wir alle berufstätig sind, beziehungsweise unsere Schlagzeugerin studiert noch. Was die Termine angeht, ist es oft nicht ganz einfach und es gibt so unglaublich viele Bands. Wir würden gerne viel live spielen, was auch bis zu einem gewissen Grad klappt. Gleichzeitig haben wir aber auch schon an einem neuen Song gearbeitet, der steht relativ bald und wir möchten dann eventuell eine Split-CD veröffentlichen – das sind aber noch sehr vage Pläne. Wir wurschteln da einfach vor uns hin und es geht in alle Richtungen weiter.

Das letzte Wort gehört Dir…

Danke für das Interview, danke fürs Lesen des Interviews. Hört mal bei uns rein, schaut auf einem Konzert vorbei, würde uns freuen.