Geschrieben von Mittwoch, 24 August 2005 23:55

Dropkick Murphys - Interview mit Sänger Al Barr zu "The Warrior's Code"













Link: http://www.dropkickmurphys.com
Die Dropkick Murphys haben im Moment einen guten Lauf. Nach dem erfolgreichen „Blackout“-Album haben sie mit „The Warrior’s Code“ einen echten Kracher nachgelegt und bei ihren Konzerten gelingt es ihnen Punks, Skinheads, Hardcore-Freaks und Metalheads friedlich zu vereinigen. Und da ich schon mal auf dem gleichen Festival wie die Bostoner bin, nutze ich die Chance zu einem Gespräch mit Frontmann Al Barr, der sich als angenehmer und zu meiner Überraschung sehr ruhiger Gesprächspartner entpuppt. - Ahnt man gar nicht, wenn man den Mann auf der Bühne in Aktion erlebt.


Wie geht es dir? (spricht mich der Sänger in Backstagebereich des Highfield-Festivals auf Deutsch an, nachdem wir uns einen schattigen Platz auf der gemütlichen Terasse am Stausee gesucht haben)


Du sprichst Deutsch?
Ja, Deutsch war meine erste Sprache.
Dann wurdest du in Deutschland geboren?
(Er antwortet auf Englisch) Nein, aber meine Mutter ist Deutsche und hat mir als erstes Deutsch beigebracht.

Dein Deutsch ist ziemlich gut.

Danke. Immer wenn ich in Deutschland bin, versuche ich etwas in der Übung zu bleiben. Aber (wieder auf Deutsch) meine Grammatik ist ziemlich beschissen.

Dann gefällt es dir in Deutschland?

Ja. Wir sind im Sommer mit der Warped Tour über die Festivals getourt. Hier sind wir wieder auf einem Festival und so langsam hab ich die Nase voll davon. Weißt du, da sind drei Securities. Wenn ich dem ersten meinen verdammten Tourpass zeige, wollen ihn die anderen beiden, die danach kommen, noch mal sehen. Denken die, dass der erste seinen Job nicht macht? Verstehst du, wenn mich der erste mit meinem Pass durchlässt, dann ist mein Pass doch offensichtlich in Ordnung, oder? Aber vielleicht fühlen sie sich dann nicht wichtig genug, wenn sie mich nicht auch noch kontrollieren dürfen. Mir reicht das langsam. Ich mein, das ist hier doch nicht mehr die DDR, oder? Hier sind nicht Rammstein oder so, wir sind’s nur.

Ihr kommt recht häufig mit der Band nach Deutschland. Was für eine Beziehung habt ihr zu diesem Land?

Wir kommen ein oder zwei mal pro Jahr nach Deutschland und freuen uns immer, hier zu touren. Mir ist aufgefallen, dass Folk in Deutschland sehr beliebt ist, genau wie Rock’N’Roll. Wir bringen jetzt auf eine neue Weise Folk und Rock’N’Roll zusammen und werden hier mit offenen Armen empfangen.

Bei euren Konzerten findet sich immer eine bunte Mischung aus Punks, Metalheads, Harcorefans und auch Skinheads. Fühlt ihr euch bestimmten Fangruppen besonders verbunden?

Ich fühle mich vor allem mit den Fans verbunden, die mit dem Herzen dabei sind. Mir ist es egal ob du Punk, Skin, Metalhead oder so ein komischer Cyber Freak bist. Dass dein Herz für unsere Musik schlägt, das zählt. Du bist ja offensichtlich auch ein Metalhead aber du magst die Dropkick Murphys. In der Band ist das auch sehr unterschiedlich. Wir haben so viele verschiedene Einflüsse. Wir können Hardcore-Songs genau so spielen wie traditionelle irische Lieder. Und unsere Fans geben uns die Möglichkeit, diesen Raum abzudecken, so verschiedene Musikstile wie Punk und Irish Folk. Ich denke, dadurch bekommen wir so eine bunte Mischung von Fans. Und das ist toll.

Wenn ich mit alten Fans von euch spreche finden viele von ihnen, dass ihr euch zwar von den alten Aufnahmen bis zu „Blackout“ und „The Warrior’s Code“ weiterentwickelt habt, was eure musikalischen Fähigkeiten angeht, dass aber gleichzeitig euer Sound irgendwie geschliffener und weniger roh klingt.

Dem würde ich nicht zustimmen. Ich denke, wir sind immer noch die selbe Band, die wir immer gewesen sind. Wir schreiben immer Musik, die aus uns kommt. Wir schreiben immer noch zusammen. Du wirst bei uns nie irgendwelche sogenannten modernen Elemente hören. Bei uns gibt es keine Synthesizer oder elektronische Sounds.

Das hoffe ich doch, sonst müsste ich alle meine CDs von euch verbrennen.

(lacht) Ja, klar. Weißt du, „Warrior’s Code“ ist für mich eine Art Zusammenfassung von allen Alben, die wir in unserer Karriere bisher aufgenommen haben. So sehen wir das. Es ist ein hartes Album, so hart, wie wir immer gewesen sind.

Wobei man im Vergleich zu eueren ersten Alben schon sieht, dass ihr euch musikalisch stark verbessert habt.

Wir sind natürlich als Band gewachsen. Niemand möchte ja auch einfach da stagnieren, wo er gerade steht. Jeder möchte etwas wachsen und sich in dem verbessern, was er tut. Wir werden und nicht verbessern nur um uns verbessert zu haben, aber natürlich verbringt man auch mehr Zeit mit seinem Bereich, egal ob man singt, Gitarre, Drums, Flöte, Dudelsack oder Akkordeon spielt. Man will ja weiter kommen. Wir wollen ja auch nicht immer die selbe Platte veröffentlichen, das würde uns und auch die Fans langweilen. Aber der Geist, den die Band auf dem ersten Album verkörpert hat, ist heute immer noch lebendig.

Lass uns über die „Wicked Sensitive Crew“ sprechen...

„Wicked Sensitive Crew“ ist unser Statement dazu, was heute in der Musikbranche abgeht. Wenn du Bilder von vielen Bands siehst denkst du: Mensch, das sind harte Jungs mit ihren Tattoos im Nacken oder was auch immer und dann kommt so ein Tralala-Gesinge. Es gab mal eine Zeit, da erwartete man von einem Typen, der aussieht wie du, dass er sich auf seine Harley Davidson setzt und in den Sonnenuntergang fährt und nicht, dass er sich in einen pinken Volkswagen setzt und irgendeinen Hip Hop Scheiß hört. Früher konntest du dir eine Vorstellung machen, was für eine Musik eine Band spielt, wenn du dir die Typen angesehen hast. Und jetzt schau dich hier auf dem Festival mal um. Die Typen sehen aus, als wären sie weiß Gott wie hart und spielen Musik, die auch von den Spicegirls kommen könnte.

Glaubst du, dass das nur ein kurzlebiger Trend ist, oder wird sich das halten, dass jeder gepusht wird, der sich als Punk bezeichnet?

Ich denke, heute gibt es nur noch kurzlebige Trends. Wir wissen ja auch nicht, ob es bei uns so weitergeht. Wir sind froh, vor Leuten spielen zu können, denen unsere Musik etwas bedeutet. Wir werden aber auf keinen Fall anfangen, uns coole Shirts anzuziehen oder Make Up um die Augen zu tragen, weil das gerade IN ist.

Siehst du also keine Chance darin, aus diesem Hype neue Fans zu gewinnen?

Weißt du, auf solchen Festivals spielen wir oft vor 80-90%, die uns nicht kennen. Wenn sich dann einige sagen: „Cool, mir gefällt, was die Jungs machen!“ ist das schön. Aber wir werden uns nicht verändern, um mehr Platten zu verkaufen.

Kommen wir am Schluß noch mal zu einer ganz anderen Frage. Ihr werdet in Deutschland häufig eher dem rechten Flügel zugeordnet, weil ihr die amerikanischen Truppen unterstützt. Unterstützt ihr auch die Politik und Politiker, die die Truppen in den Krieg geschickt haben?

Das ist eines der großen Missverständnisse, die es hier in Europa über Amerika gibt. Siehst du, wir wollen diesen Krieg nicht und der Großteil der Amerikaner will diesen Krieg auch nicht, aber wir werden nicht noch auf diesen Leuten herumtrampeln, die in den Krieg geschickt wurden und da sterben. Wir sind garantiert keine republikanische Band. Wir sind eine Pro-Gewerkschafts Band, also passen wir überhaupt nicht in die republikanische Weltanschauung. Von uns hat mit Sicherheit niemand für Bush gestimmt. Wie immer ist es hier die Arbeiterklasse, die für nichts in den Krieg geschickt wird, nur damit ein paar reiche Typen noch reicher werden. Auch viele Soldaten wollen den Krieg nicht. Ein Freund von mir ist in die Armee eingetreten, um ins College gehen zu können und wurde jetzt in den Irak geschickt. So geht es vielen. Wenn dann Leute zurückkommen und uns erzählen: „Eure Musik hat mir da unten geholfen, alles zu überstehen“, bedeutet uns das viel. Aber was wir wollen, ist unsere Jungs möglichst schnell nach Hause zu holen. Im Moment fangen immer mehr Amerikaner an, sich gegen den Krieg zu wenden. Nicht nur Leute aus dem linken Spektrum. Da kommen Korea-Veteranen, Vietnam- Veteranen oder sogar Leute, die im Weltkrieg gekämpft haben und sagen: „Das ist der größte Mist, den wir jemals gemacht haben!“ Und hoffentlich fangen die Leute an, auf diese Stimmen zu hören.

Möchtest du den deutschen Fans noch etwas sagen?

Na ja, wir sind hier, das Wetter ist toll und wir freuen uns, jetzt einige Konzerte in Deutschland zu spielen.

Da fällt mir ein: Wird es eine neue Livedokumentation geben? Das letzte Live-Album und die DVD wurde ja vor der Veröffentlichung von Blackout aufgenommen.

Nein, da ist nichts geplant. Auf der letzten DVD waren viele Szenen von verfschiedenen Konzerten... obwohl immer jemand eine Kamera dabei. Also wer weiß, was passiert.


Im Anschluß an das Interview haben wir uns noch über einige unserer Lieblingsbands unterhalten und Konzerterlebnisse ausgetauscht, aber das gehört nun wirklich nicht hierher :-).