Geschrieben von Sonntag, 17 Februar 2008 17:10

Heaven Shall Burn - Interview mit Schlagzeuger Matthias zu 'Iconoclast'

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Ich schätze mal, ich muss nicht mehr viele Worte über HEAVEN SHALL BURN verlieren. In den letzten Jahren sind sie einfach eine absolut eigene Marke geworden, mit der man in der Metal- und Hardcoreszene auf jeden Fall rechen muss. Und anlässlich ihrer neuen Großtat „Iconoclast“ bot sich mal wieder ein Interview an. Bühne frei für HEAVEN SHALL BURN – hier vertreten durch Schlagzeuger Matthias.

Erstmal herzlichen Glückwunsch zu "Iconoclast", hat mir sehr gefallen! Wie seid ihr auf die Geschichte mit den Kriegern gestoßen, und wie habt ihr entschieden, daraus ein Konzeptalbum zu machen?

Cool, das das Album gefällt. Das freut uns wirklich! Zuerst sind wir auf das Wort „Iconoclast“ gestoßen, haben es dann als sehr kraftvoll empfunden und uns mit der Thematik befasst, um dann eine Story darum herum zu spinnen. Das mit dem Konzept hat sich dann irgendwie so angeboten, weil das Thema einfach eine Menge hergibt und sich daraus wunderbar eine Geschichte entwickeln lässt.

Wie kommt es, dass es sich um ein Thema handelt, was sich genau wie „Deaf To Our Prayers“ wieder im weitesten Sinne mit Religion auseinandersetzt?


Religion ist etwas, das uns ständig umgibt. Auch hier in Deutschland versucht die Kirche ständig ihren Einfluss geltend zu machen und, ganz egal ob gläubig oder nicht, in jedem Leben hinterlässt so etwas seine Spuren. Kriege wurden in der Vergangenheit aus religiösen Gründen geführt, und auch heute wieder schlagen sich die Menschen verschiedener Glaubensrichtung gegenseitig die Köpfe ein. Selbst wenn es bei einem Konflikt im Prinzip um etwas völlig anderes geht, wird die Religion als Auslöser vorgeschoben, weil man mit so einem allgegenwärtigen Thema auch wirklich alle an die Frontlinie bekommt.

„Deaf…“ ist grade mal ein gutes Jahr her. Wie kriegt ihr das hin, eine ganze Platte zu schreiben, zu produzieren, ständig live zu spielen und dabei noch Berufen nachzugehen?


Wir spielen ja nicht ständig live. Sicherlich kann man den Eindruck erlangen, aber dem ist einfach nicht so. Wir überlegen uns schon genau, was wir spielen, und oft sind das eben Shows, wo uns dann auch gleich viele Leute auf einmal sehen. Wir sind aber in Wirklichkeit eher selten „on the road“.

Ihr hattet vor ein paar Monaten auf MySpace eine „Go Vegan“-Kampagne laufen. Laut eines Bulletins scheint ihr teilweise auch ganz schön harsche Kritik dafür bekommen haben. Wie war da eure Motivation, und wie sahen die Reaktionen im Allgemeinen so aus?


Wir machen aus unseren Herzen eben keine Mördergrube und sagen, was wir denken. Sympathieeinbußen oder zurückgehende Plattenverkäufe sind uns da auch herzlich egal. Wir sind nicht auf den Plan getreten, um die Klappe zu halten oder Leuten nach dem Mund zu reden. Eigentlich war es nie unser Ding, solche plakativen Kampagnen zu supporten, aber manchmal muss man eben zu drastischeren und auch einmal ungewöhnlichen Mitteln greifen, um die gewollte Aufmerksamkeit zu erreichen.
Kritik gab es natürlich, aber das ist völlig normal. Die Art und Weise der Kritik war allerdings bezeichnend. Es war wohl so eine Art Schutzreflex, den das Ganze bei einigen Leuten ausgelöst hat. Viele fühlten sich von den Bulletins belästigt, obwohl es nur einer am Tag war und man ansonsten ja weiß, wie viel Müll man am Tag so bekommt. Im Vergleich dazu war es wirklich nichts. Die Reaktionen haben aber gezeigt, dass bei dem Thema Tierrechte noch eine Menge Aufklärungsbedarf besteht. Keine Angst, wir werden das jetzt nicht im Alleingang durchziehen, sondern uns nur sehr dosiert dazu äußern, wie wir es in der Vergangenheit auch schon getan haben. Bei der Aktion war es einfach unser Anliegen, Fakten zu verbreiten. Auch wenn wir nicht alle Kampagnen oder auch ganz allgemein das Auftreten von PeTA gut finden, konnte man auf diesem Weg Informationen für die bereit stellen, die sich evtl. noch nie so eingehend überlegt haben, woher denn der Darm kommt, der die Brühwurst umhüllt…hehehe.

Ihr seid ja mittlerweile so etwas wie DIE deutsche Institution in Sachen MetalCore. Gibt es hier junge aufstrebende Bands, denen ihr eine große Zukunft voraussagt oder in denen ihr eure eigenen Anfangstage eventuell sogar wieder erkennen könnt?


Da fällt mir jetzt spontan keine junge Band ein, die mich an unsere Anfangstage erinnert. Das war damals alles ganz anders, und man konnte als eine Band mit unseren Voraussetzungen nie und nimmer mit einem Plattendeal oder Erfolg rechnen. Heute gibt es dagegen viele Bands, die sich gründen, um einen Deal zu ergattern und groß rauszukommen. Das ist schon irgendwie seltsam. Solche Bands können aber technisch  noch so versiert sein, die meisten werden nie beim Publikum im großen Stil landen können, weil die Leute eben nicht dumm sind und merken, ob eine Band mit Herzblut bei der Sache ist oder eben nicht.

Wie kam es zu dem Dancebeat bei „Murderers Of All Murderers“ und den anderen kleinen Experimenten auf der CD? Meiner Meinung seid ihr an einigen Stellen richtig experimentierfreudig geworden. Könnte so was in Zukunft noch ausgebaut werden?


Das ist doch alles noch im Rahmen. Wir standen schon immer auf Bands, wie RAMMSTEIN, WALTARI oder THINK ABOUT MUTATION. Selbst DIMMU BORGIR hatten auf einer ihrer letzten Platten einen solchen Beat. Bei uns hat das aber niemand scheinbar so erwartet. Ausbauen werden wir so etwas aber sicher nicht. Vielmehr wird es beim nächsten mal wieder neue Dinge geben. Wir haben schon seit einigen Jahren immer wieder Ideen im Kopf herum schwirren, die nicht überall passen und einfach nur mal auf das richtige Riff oder den richtigen Song warten. Wir werden sehen, was uns da in Zukunft so einfällt. Es muss aber halt immer passen und darf nicht aufgesetzt klingen… zumindest in unseren Ohren nicht.

In welchem Land gehen die Leute eigentlich am meisten steil auf HSB?


Da kann ich dir leider keine überraschende Antwort geben…hehehe. Das ist schon Deutschland, weil wir ja hier auch mit Abstand die meisten Shows spielen.

Wie läuft das Rape of Harmonies Studio so?


Da darfst du mich nicht fragen. Ich gehe aber fest davon aus, dass es sehr gut läuft. Zumindest hat unser Gitarrist Alex immer gut zu tun. BURNING SKIES waren jetzt beispielsweise vor einer Weile dort und haben eine neue Scheibe fertig gestellt.

Ihr habt immer schon Split-Releases gemacht. Mit wem würdet ihr zur Zeit gerne so was starten?


Momentan steht uns der Sinn überhaupt nicht nach so etwas. Die Splits, die wir bisher gemacht haben, waren auch immer so Freudschafts-Dinger, und wenn sich wieder so etwas ergeben sollte, dann eher aus einer Laune heraus.

Geht ihr eigentlich noch selber gerne auf Shows (welche denn?) oder reichen euch die eigenen Gigs und Festivalauftritte?


Wir gehen schon noch gerne selbst auf Shows, aber man ist halt auch froh, wenn man mal an einem Wochenende einfach zuhause bleiben kann. Am liebsten gehen wir alle auf Konzerte, die ganz in der Nähe stattfinden und wo man dann auch mal Freunde trifft. Die Musik ist da auch eher zweitrangig.

Ohne jetzt zu platt wirken zu wollen: habt ihr es im „Osten“ schon erlebt, dass ihr von rechten Jugendlichen oder Neonazis, die ja immer in den Medien zitiert werden, blöde angemacht worden seid? Sowohl privat als auch bandtechnisch? Wie sind eure Erfahrungen in dieser Hinsicht?


Ich selbst hab mal mit 17 oder 18 wegen meiner langen Haare auf’s Maul bekommen, aber ansonsten ist da noch nie was Ernsthaftes passiert. Ich kann mich auch kaum noch erinnern, wann der letzte derartige Zwischenfall war, bei dem ich selbst vor Ort war. Wir wissen aber natürlich schon, dass die Probleme existieren und dass es in einigen Gebieten im Osten immer wieder zu Übergriffen kommt. Ich glaube, wir haben da bisher einfach immer nur Glück gehabt.

Was habt ihr euch für die Zukunft so für HSB vorgestellt?


Einfach nur weiter machen und herumreisen, solange es Spaß bringt. Andere Ziele haben wir mit HSB eigentlich nicht.

Famous Last Words?


Bei den letzten Worten sind wir doch hoffentlich noch lange nicht angekommen. Ich denke, dass es da schon noch mal die eine oder andere Möglichkeit zur Meinungsäußerung geben wird… hehe

Vielen dank für eure Zeit und viel Erfolg mit der Platte!


Vielen Dank für das Interview und Danke für die Wünsche!