Geschrieben von Sonntag, 21 Oktober 2012 09:59

Smoke Blow, Pascow & Tyson - Karlsruhe / Substage

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20.10.2012 – Substage, Karlsruhe: SMOKE BLOW die Killerkings of Hardcore Punk, melden sich mit „The Last Tour On Earth" offiziell ab. Danach soll die Band nur noch für ausgewählte Auftritte zur Verfügung stehen, aber grundsätzlich ist jetzt erstmal Schicht im Schacht. SMOKE BLOW sind live unschlagbar, und dass eine solche Truppe nicht leise „Tschüß" sagt, war zu erwarten. Als Verstärkung hatten SMOKE BLOW sich TYSON aus dem Norden und PASCOW aus dem Süden geladen. Wir waren im Substage Karlsruhe dabei und haben die beste deutsche Hardcore Punk Band gebührend verabschiedet.


Das Substage war schon gut gefüllt, als wir gegen viertel nach acht dort eintrafen. Ausverkauft war nicht und somit war direkt hinter'm Soundpult mit einem schwarzen Tuch abgedeckt. Aber sicherlich hatte auch so keiner vorgehabt, SMOKE BLOW von hinten oder noch besser vom kleinen Rang aus zu sehen.

Den Anfang machten dann ziemlich schnell TYSON, eine Band aus Kiel. Selbstbewusst hatten TYSON eine kleine Bandfahne über das Backdrop von SMOKE BLOW gehängt. Die Jungs hatten echt ein hartes Los gezogen an diesem Abend. Es waren genug Leute anwesend und hörwillig, aber statt nach vorne an die Bühne zu gehen, drückten sich alle nach hinten. Der arme Soundmann hatte die Meute direkt vor der Nase. TYSON ließen sich aber nicht beirren und spielten eine gelungene Show mit geilen Songs. Rein von der Optik her passen die drei Bandmitglieder überhaupt nicht zusammen und man konnte sich auch überhaupt nicht vorstellen, was für Musik da jetzt gleich aus den Boxen dröhnt.

Überrascht wurde man dann von einem druckvollen Sound, irgendwo zwischen Hardcore und Groove Metal, der manchmal im Doom Sumpf versinkt und stellenweise auch an die guten alten Neunziger Crossoverbands erinnert. Der Brecher „Anyway" überzeugte sofort, aber irgendwie traute sich das Publikum doch nicht nach vorne. Der Applaus zeigte aber, dass TYSON doch gut ankamen. Die drei Kieler machten ordentlich Krach und die Songs drückten alle enorm und gaben voll in die Fresse.

Neben den packenden schweren Riffs überzeugte mich besonders die Stimme des Sängers. Ein Fels von einem Mann, der grimmig und melodiös durch die Songs bretterte und dazu seine Locken schüttelte. TYSON werden demnächst eine neue Platte veröffentlichen, die behalte ich auf jeden Fall im Auge. Ein Zuschauer konnte dann doch nicht an sich halten und bolzte sich aus der Menge, um der Band die Action zu geben, die sie verdienen. Den Sänger schien das zu freuen. Wenn die Leute die Titel gekannt hätten, hätte da sicher ordentlich die Bude gebrannt.

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Nach einer kurzen Umbaupause kam die Speerspitze des südlichen Punk Rock auf die Bühne des Substage, PASCOW! Es war der letzte Auftritt der Band in diesem Jahr und einige waren auch nur wegen PASCOW gekommen. Ich habe zumindest mehr Fans mit PASCOW Shirts gesehen, als mit SMOKE BLOW Shirts.

Der Platz vor der Bühne füllte sich schon während der Umbaupause und sobald PASCOW den ersten Song angestimmt hatten, ging die Pogoparty standesgemäß los und endete erst, als PASCOW die Bühne wieder verlassen hatten. PASCOW geben auf der Bühne alles und halten sich nicht mit unnötigem Gelalle auf. Geboten wurde ein Durchmarsch durch die komplette Diskografie. Besonders Songs wie „The Strongest Of The Strange" oder „Spraypaint The Walls", bei denen das Publikum textlich gefragt war, machten Spaß. Die Fans (aka Schiffschaukelbremser und Kirmesboxer) verschmolzen zu einem pogenden, dopsenden, wilden Haufen und ich sah nur in grinsende selige Gesichter. Was soll man groß sagen über PASCOW und deren Livequalitäten?



Die Band ist authentisch, haut auf die Kacke, hat Spaß beim Auftritt und spielt jedes Konzert so, als ob sie selbst Gast wäre. Null überhebliche Starallüren, null erhobener Zeigefinger und null Show. Einfach nur Punk Rock, Kontakt mit den Fans aufnehmen, Musik machen, Aussagen treffen aber nicht anklagen. Ich glaube, PASCOW würden, wenn es ginge, direkt in der feiernden Menge ihre Ausrüstung aufbauen und so inmitten der Fans spielen. Schon die kleine Erhebung der Bühne erachten sie sicherlich als unnötig.

Man könnte noch erwähnen, dass die Jungs von PASCOW extrem gelenkig sind und beim Schrubben so derb in die Knie gingen, dass ich mich wunderte, dass sie nicht mit der Nase auf den Bühnenboden knallten oder ins Spagat fielen. Jedes Lied der Band marschiert durch, hat Power und reißt mit. Balladen oder Hänger gibt es bei PASCOW nicht. (Basssaiten werden da auch einfach mal ganz lässig während des Songs gewechselt, Punkrocksongs sind nicht gerade episch ausschweifend, Respekt dafür!) Deshalb war der Auftritt auch entsprechend anstrengend, so dass man die folgende Umbaupause dankend annahm.

Der Getränkepreis im Substage ist sehr niedrig, für 2 Euro gibt es Cola, Fanta und für weniger als 3 Euro schon ein Bier. Lohnt sich aber nur, wenn man nicht wie ich den anderen Gästen die Becher umwirft und dann netterweise ein neues Getränk ausgeben muss.

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PASCOW hatte schon ordentlich Kräfte abgezogen, aber SMOKE BLOW geht immer. Mittlerweile war das Substage noch voller und direkt vor der Bühne standen nur die Harten. Denn bei SMOKE BLOW steppt bekanntlich der Bär, nix für Weichlinge. Die Kieler haben auch keinerlei Berührungsängste und sowas elitäres wie Fotograben gibt es bei solchen Veranstaltungen bewusst nicht. Als ein Teil von SMOKE BLOW anfing, die Instrumente klarzumachen, musste ich schon grinsen. Was für eine geile Hängerband. MC Straßenköter sah aus, als ob er wirklich gerade erst vor zehn Minuten fertig war mit Rausch ausschlafen. Bühnenoutfit? Vergiss es! Das hier ist Punk Rock, Digga. Verwaschene Shirts, die Hose auf halb acht und hinten bisschen die Unterhose raushängen lassen, fertig!

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SMOKE BLOW kamen ungefähr zwanzig nach zehn auf die Bühne und hielten sich ebenfalls nicht mit langen Vorstellungen oder Versprechen wie „das wird ein geiler Abend" auf, sondern SMOKE BLOW sind Macher. Auf die Bühne, reingehauen! Die Fans legten noch einen Zahn zu und vor der Bühne ging es wild her. Kein Wunder, denn MC Straßenköter und Jack Letten ermutigen die Fans auch dazu, derbe steil zu gehen bzw. tun es selbst.

SMOKE BLOW erwähnten auch, dass die Bühne schon irgendwie viel zu groß und überheblich sei. Das war jetzt nicht so das Problem, nervig war der zu leise Sound. Zwischen den Songs kamen ständig „Lauter"- Rufe vom Publikum. SMOKE BLOW muss laut! Zum Ende des Konzerts wurde es besser. Der Sound tat der Feierlaune nicht wirklich Abbruch, nur bekam man die Sprüche von MC Straßenköter und Jack Letten nicht komplett mit, gehört ja auch irgendwie zu einem gelungenen SMOKE BLOW Abend. MC Straßenköter nahm es sportlich: „Also hier geht heute keiner mit klingelnden Ohren raus". Das nicht, aber dafür durchgeschwitzt, komplett verausgabt und glücklich.

SMOKE BLOW zogen alle Register, spuckten auf die Bühne, kippten Bier und Wodka, gaben Bier an die Fans aus, schnorrten Kippen von den Fans, MC Straßenköter verteilte ein Glasschälchen mit Gummibärchen an die ersten Reihen und sie hielten den begeisterten Fans andauernd die Mikros zum Schreien vor den Mund. Beide Sänger knieten sich direkt am Bühnenrand zum Publikum hin und ich hatte den Eindruck, sie wären auch gerne mitten in der Masse gewesen. Ist ja auch irgendwie doof, dass man als Teil einer Band nie wissen wird, wie es ist, zu sich selbst abzugehen. Die Mannschaft SMOKE BLOW besteht immerhin auch sechs Leuten und live zeigt sich auch, warum die Band zwei Sänger hat und dass die Titel genau deshalb so gut klingen.

Wer wen anspucken darf, haben SMOKE BLOW wohl noch nicht besprochen. Achtet mal drauf, beim folgenden Video:



SMOKE BLOW gaben alles, was das Hardcore Punkherz verlangt: „Mexico", „Summer Of Betrayal", „Alligator Rodeo", „Unbroken", "Dark Angel", "777 Bloodrock", "Dancing With The Devil", "Junkie Killer"... SMOKE BLOW haben eigentlich auch nur Hits im Reportoire. Am Kochen war die Stimmung allerdings auch beim BILLY IDOL Cover „Rebell Yell", verpackt im SMOKE BLOW Gewand.

Die Fans schrien sich generell die Seele aus dem Leib, bangten sich die Hirne weg und verausgabten sich total. Ständig erhoben sich Crowdsurfer aus der Menge oder sprangen praktischerweise direkt von der Bühne in das Fanmeer. Ein Fan enterte die Bühne, was von MC Straßenköter nicht als störend aufgefasst wurde. Stattdessen schlang er den Arm um den Fan und feierte direkt mit ihm ab.

Überraschend viele Frauen und Mädchen hauten sich zu SMOKE BLOW die Köppe ein, hatte ich gar nicht erwartet. Es gab sowieso keinen Prototyp eines SMOKE BLOW Fans, sondern eine gemischte Gruppe was Alter, Szene und Geschlecht anging. Netterweise verzichteten SMOKE BLOW komplett auf irgendwelche sentimentalen Ansagen. Die Tatsache, dass jetzt Schluss ist mit SMOKE BLOW, das wahrscheinlich der letzte Liveauftritt in Karlsruhe war und damit definitiv ein Stück Hardcore Punkgeschichte gestorben ist, das alles blieb unerwähnt.

Aber ohne viel Worte war klar: SMOKE BLOW haben Bock auf Konzerte und die Fans huldigen SMOKE BLOW. Auch seitlich der Bühne wurde ordentlich gebangt, einige Künstler der anderen Bands gaben sich heftig die Kante.

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Nach einer kurzen Verschnaufpause hauten uns SMOKE BLOW noch zwei Zugaben auf die Ohren und beschlossen den Abend somit passend mit „Final Hands". Wie treffend! Danke für 15 Jahre ehrliche Musik und immer noch bleibt die Frage: Das mit dem Aufhören ist doch jetzt wirklich nicht euer Ernst, oder?
Ich kann nur jedem wärmstens ans Herz legen, sollte es irgendwann nochmals die Gelegenheit geben, SMOKE BLOW irgendwo live zu sehen: Geht hin und lasst euch verdammt nochmal die Rübe wegpusten!

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