Geschrieben von Montag, 03 August 2015 18:14

ŁINIE - Hamburg, Hafenklang

Ein Abend im Zeichen der Linie: Angefangen beim Stempel, der mir das Bandlogo auf die Hand drückt, über den prall gefüllten Merchstand bis hin zu den fünf Musikern, die merklich voller Vorfreude durch das Hamburger Hafenklang wuseln. Ist ja auch ein großer Tag, ŁINIE bringen heute ihr Debütalbum auf den Markt, welche Band hätte da keine Hummeln im Hintern.

Sie haben sich ordentlich Mühe gegeben mit „What We Make Our Demons Do“. Das zeigen die durchweg positiven, zu einem Gutteil sogar euphorischen Reviews. Und das zeigt auch der Verkaufsstand, der von den zahlreich anwesenden Gästen, Fans und Freunden recht ordentlich frequentiert zu werden scheint. Shirts, Patches und, in gewissen Kreisen gehört das heute zum guten Ton, das Album auf CD, LP und Tape. Letzteres beeile ich mich zu kaufen, denn die sehr geschmackvolle und in Handarbeit hergestellte Balsaholzbox gibt es nur in einer Auflage von 50 Stück. Der Vater von Drummer Alex wird auch so lang genug dran gesessen haben.

Ich selbst war einer der wenigen, die „What We Make Our Demons Do“ nicht völlig abgefeiert haben. In erster, haha, Linie lag und liegt es am Gesang, dass ich der sympathischen Band nicht mehr als sieben Punkte geben wollte. Aber live passiert das, was ich erhofft und erwartet hatte: ŁINIE liefern, und zwar so derbe, dass es gleichzeitig weh tut und Spaß macht.

Auch wenn ŁINIE das Wort „Rock“ zurecht in ihrer Selbstbeschreibung haben, heute Abend gilt es nicht. Dafür sind sie zu hart und zu düster. Sie bauen eine so mächtige Sludge-Kulisse auf, dass man sich als Zuhörer schier erschlagen fühlt. Das hat verschiedene Gründe: die Doppelgitarren-Wand, die Elektro-Effekte und vor allem die mächtige Spielfreude der fünf Musiker. Optisch sticht Schlagzeuger Alex heraus, der offenkundig alles gibt, aber auch die anderen sind mit Feuer dabei – jeder auf seine Weise. Und doch bilden ŁINIE eine optische Einheit, zu der auch Elektromeister Iggi gehört, obwohl er etwas abseits hinter seinem Equipment werkelt.

Die Stücke des Debüts kommen live noch schmutziger und düsterer rüber als in der Studioversion. Jetzt passt auch für mein Empfinden Sänger Jörn mit seinen doch recht eigenwilligen Melodien und Wendungen sehr gut ins Gesamtkonzept. Ich habe das Gefühl, dass er seine Silben stimmiger auf die Musik setzt, als ich es auf CD gehört habe.

Gänsehautmoment und absolutes Highlight des Konzerts ist für mich aber die live-Version von „Bearing Life“. Drei Leute sind erstmal still, Iggi gibt einen düsteren Beat vor und Alex steht von seinem Hocker auf, klammert sich ans Mikro und schreit eine übelst intensive Version des an sich schon intensiven Songs heraus. Live feuern ihn die drei Bandkumpels, die gerade nicht spielen, an, bevor sie dann doch noch in das Stück einsteigen. Mega!

Nicht unerheblichen Anteil am Abend hatten allerdings auch die beiden Bands, die sich ŁINIE für den Releasegig eingeladen hatten. Zuerst VAYL aus Berlin, deren Bühnendeko nicht wirklich zur Mucke passt: gelb angepinselte, „radioaktive“ Fässer und eine Schaufensterpuppe mit Gasmaske. Das Trio hingegen spielt derben Stonerrock mit ein wenig Hardcore-Feeling. Gute Sache, die Spaß macht! Die Kölner PLAINRIDE mischen unter ihren Stonerrock lieber etwas 70s-Saitengeflitze – kommt ebenfalls gut und gut an und macht den Freitagabend zu einer hervorragend gerundeten Sache.