Geschrieben von Mittwoch, 12 August 2015 15:20

Wacken Open Air 2015 - Der Festivalbericht

Wacken 2015, was für eine Schlammschlacht! Als wir am Mittwochvormittag auf dem Gelände ankommen, zeigt sich das Ausmaß der sturzbachartigen Regenfälle der letzten Tage. Die Campgrounds sind teilweise unbefahrbar. Traktoren schleppen hoffnungslos festgefahrene Autos durch die Moorlandschaft und LKW versuchen mit Sägespänen, die Hauptwege trocken zu legen. Na, da kann ja heiter werden ...  

Zumindest scheint am Mittag die Sonne und wir schöpfen ein wenig Hoffnung, dass wir am Abend auf das Gelände können, um NEW MODEL ARMY und EUROPE zu sehen. Doch Petrus hat keine Gnade und öffnet am späten Nachmittag alle Himmelstore. Es regnet geschlagene 20 Stunden durch. Zelte und Pavillons brechen unter heftigen Sturmböen zusammen. Schweren Herzens entscheiden wir uns gegen den Ausflug zum Bullhead Zelt und kriechen relativ früh in unser vermeintlich sicheres Zelt. Doch mitten in der Nacht müssen wir ins Auto umziehen, weil die Kammern nicht mehr dichthalten und sich unter der völlig durchgesogenen Matratze ein kleiner Bach bildet.

Auch am nächsten Morgen ist keine Besserung in Sicht. Wir erfahren, dass die Organisatoren keine PKW mehr aufs Gelände lassen und dass viele Fans nur noch mit Shuttlebussen anreisen können. Insofern hatten wir noch Glück im Unglück. Am Mittag endlich Besserung. Von Sonne kann zwar keine Rede sein, aber zumindest hört es endlich, ENDLICH! auf zu regnen.

Mit Gummistiefeln und Regenjacken bewaffnet machen wir uns auf den beschwerlichen Weg zum Infield. Die Wege auf den Campgrounds stehen völlig unter Wasser und der klebrige Matsch droht bei jedem Schritt, das Schuhwerk zu verschlingen und nie wieder frei zu geben. In den sozialen Netzwerken werden Fotos meist mit den Verhältnissen von 2005 verglichen, aber ganz im Ernst: 2005 war maximal die kleine Schwester von 2015.

Nach fast einer Stunde haben wir es geschafft und stellen fest, dass das Wetter auch Vorteile hat. Seit Jahren war das Infield nicht mehr so leer wie heute. Selbst bei ROB ZOMBIE kann man ohne größere Probleme das vordere Drittel des Infields erreichen. Wer von euch die letzten Jahre beim WOA war, der weiß, dass das sonst eher schwierig ist.

Die Show fällt aber eher enttäuschend aus. Irgendwie springt der Funke zwischen Musiker und Publikum nicht über. Herr Zombie wirkt etwas unmotiviert und auch der Sound weiß nicht so ganz zu überzeugen. Schade, denn die Bühnendeko mit großer Leinwand und Frankensteinköpfen sieht durchaus vielversprechend aus. Die letzten drei Songs des Sets sind Coverversionen, die eigentlich zum Feiern einladen: “Blitzkrieg Bop” von den RAMONES, “Enter Sandman” von METALLICA und ein Mixup von “Thunder Kiss” und “School's Out”. Aber auch hier funktioniert es nicht so richtig. Schade.

Zu späterer Stunde folgt dann das technische Highlight, von dem bereits im Vorfeld schon viel zu lesen war: Die Zusammenkunft von SAVATAGE und dem TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA. In vielerlei Hinsicht ein ganz besonderer Auftritt. Beide Bands spielen 2015 nirgendwo anders in Europa. Im Falle von SAVATAGE findet sogar eine Reunion statt. Seit über zehn Jahren gab es keine Live-Show der Powermetaller mehr.

Im Anschluss rockt das TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA die True Metal Stage. Das wirklich Besondere an diesem Gig folgt aber erst danach, denn nun spielen beide Bands gleichzeitig auf beiden Bühnen. Eine technische Sensation. Insgesamt reden wir hier immerhin von 125 Bühnenmetern, bei denen alles aufeinander abgestimmt sein muss. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich persönlich mit der Musik beider Gruppen nichts anfangen kann, aber ich habe viele Stimmen gehört, die absolut begeistert waren und von Gänsehautmomenten sprachen. Auf jeden Fall ein beeindruckendes Bild.

TSO kopieQuelle: WOA Pressemeldung

Freitag: Heute steht viel auf dem Programm. Den Anfang machen die Brasilianer von SEPULTURA. 30 Jahre Bühnenerfahrung hat die Band bereits auf dem Buckel, auch wenn von den Gründungsmitgliedern nur noch Bassist Paulo Xisto Pinto Jr. an Bord ist.

Wie zu erwarten war, geht das Publikum voll mit und auch die Sonne lässt sich hinter der Wolkendecke blicken, um den exotischen Drumparts bei “Roots Bloody Roots” noch mehr Power zu verleihen. Doch dann ist der Gig auch schon vorbei und erste Enttäuschung macht sich breit. Wo waren denn “Territory” und “Ratamahatta”? Ja okay, es nervt wahrscheinlich, bei jedem Auftritt die gleichen Songs zu performen, aber so viel Zeit muss sein.

Zeit ist jetzt auf jeden Fall für den musikalischen Würgegriff von KVELERTAK. Die norwegische Metal-Band aus Stavanger nutzt ausschließlich Lyrics in ihrer Muttersprache und konnte trotzdem oder gerade deshalb internationale Erfolge feiern. Sänger Erlend Hjelvik ist heute extrem gut drauf und steht keine Minute still. Bei “Blodtørst” verlässt er die Bühne und lässt sich wortwörtlich auf Händen tragen. Die Fans freut es sichtlich.

Kvelertak 2

Ohne Pause geht es auf der Black Stage weiter. Wir beschließen, das Konzert von AT THE GATES von der Terrasse des “Röhrenden Hirschen” aus zu gucken. So heißt die zweistöckige Jägermeister-Bar die mitten auf dem Gelände steht.

Die Band – die mir ein Freund auf die Frage nach ihrer musikalischen Ausrichtung als “Schwedentod” beschreibt – brettert direkt richtig los. Aufgrund der Ausrichtung des Hirschen hatten wir ein bisschen Sorge, dass die parallel auf der Party Stage spielenden STRATOVARIUS uns soundtechnisch etwas ablenken könnten, aber ab dem ersten Anschlag der Gitarren von AT THE GATES bei “Death and the Labyrinth" ist klar, dass man dieses Brett nicht übertönen kann.

Der Sound ist glasklar und Tomas Lindbergs kräftige Stimme beherrscht das gesamte Infield. Spätestens bei “Suicide Nation” wackelt der gesamte Hochsitz und wir begeben uns beim letzten Song “Blinded by Fear" sicherheitshalber wieder auf festen Boden und in Richtung Pressebereich. Der große Vorteil dieses kleinen Bereiches sind die Barhocker. Nach stundenlangem Stehen tut eine kurze Pause den Beinen wirklich gut. Zumal sich an der Beschaffenheit des Bodens noch nichts geändert hat und das Laufen sehr anstrengend ist.

Im Pressezelt wartet heute ein interessantes Programm. Die Hamburger Stoner Rocker HIGH FIGHTER präsentieren den Kollegen ihre neue EP. Und obwohl die Band noch weitestgehend unbekannt ist, müssen Sängerin Mona und ihre Mannen sich nicht hinter den Großen hier verstecken. Das geht gut nach vorne. Einfach mal anhören.

Wir bleiben noch ein bisschen, denn direkt im Anschluss stellen THE BOSS HOSS ihr neues Album vor und ihr Bier. Ja richtig, die Jungs haben eine eigene Biermarke. Eine Tatsache, die mich persönlich mehr beeindruckt, als Album- und Videopremiere.

Plötzlich taucht ein wohlbekanntes Gesicht hinter mir auf: Mikkey Dee, seines Zeichens Schlagzeuger bei MOTÖRHEAD. Ich bin kurz verwundert, denn die Briten stehen nicht im Line-Up. Doch Mikkey Dee ist heute nicht als Musiker hier, sondern als Vertreter von MOTÖRHEAD MUSIC. Das eigene Plattenlabel der Band besteht seit 2010 und unterstützt Newcomer bei ihrem Weg ins Rampenlicht.

Ein Blick auf die Uhr verrät, dass es langsam an der Zeit ist, zum Infield zurückzuschwimmen, denn in wenigen Minuten werden BLACK LABEL SOCIETY auf der namensgleichen Bühne aufspielen. Ich freue mich sehr, denn obwohl ich seit Jahren ein großer Fan von ZAKK WYLDE bin, habe ich den ehemaligen Gitarristen von Ozzy Osbourne und seine Kollegen noch nie live gesehen. Und zum Glück werde ich dieses Mal nicht enttäuscht.

Passenderweise ist der erste Song “The beginning... at last”. ZAKK spielt sich die Finger wund und dominiert von Anfang an die Bühne. Ein Podest verleiht dem Hühnen zusätzliche Größe. Trotz relativ schlichtem Bühnenbild bleibt der Auftritt angenehm abwechslungsreich, denn so wie Lady Gaga ihre Garderobe, wechselt Zakk die Gitarren, um immer neue Nuancen zu erzeugen. Nach einigen Songs setzt er zu einem fulminanten Solo an, bei dem er mich allerdings ein wenig verliert. Der Mann weiß was er tut, keine Frage, aber zehn Minuten ist mir dann doch ein wenig zu lang. Trotzdem: Ich bin hellauf begeistert und freue mich insbesondere über “In this River” und “Stillborn”.

BLS1 2

Die nächste musikalische Bespaßung hört auf den Namen IN FLAMES und gibt sich auf der Black Stage die Ehre. Erneut sei hier dem Wetter trotz aller Beschwerden ein kleiner Dank ausgesprochen, denn so nah war ich ihnen noch nie.

Im Nachhinein betrachtet war das aber kein großer Gewinn. Denn neben der etwas irritierenden Kleiderwahl von Anders Fridén, der in seiner lenorweißen Klamotte inklusive farblich passendem Cap und Hipsterbart aussieht wie eine Mischung aus Tennislehrer und Mc Fitty, scheinen die Schweden auch schlicht und ergreifend keinen Bock zu haben. Die Ansagen sind unmotiviert, das Bühnenbild quasi nicht existent, die Setlist wirkt abgespult. Kurzum: Zwischen diesem Auftritt und der unfassbar geilen Performance von 2012 liegen nicht nur Jahre, sondern Welten. Das war leider mal gar nix.

Dafür wartet im Zelt um kurz nach Mitternacht meine Überraschung des Festivals: ILL NINO. Meine kleine Reisegruppe ist mittlerweile ein wenig angeschlagen und müde. Daher haben wir kaum Erwartungen an das nun Folgende. Was soll auch groß kommen? ILL NINO kennt man zwar noch, aber nach ihrem ersten gefeierten Album 2001 ist es recht still geworden um die Nu Metaller. Es folgten zwar noch einige Auskopplungen, aber die schafften keine relevaten Einschläge mehr in meinem Umfeld.

Umso mehr sind wir überrascht, mit welcher Energie und Dynamik die Herren ans Werk gehen. Sie schaffen es, direkt das Publikum für sich einzunehmen und verbreiten schlagartig gute Laune. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich darauf nicht vorbereitet war und euch ums Verrecken nicht mehr sagen kann, welche Songs gespielt wurden. Ich gelobe aber Besserung und werde mir zumindest mal das aktuelle Album “Till Death, La Familia” zu Gemüte führen. Chapeau, und vielen Dank für diesen grandiosen Ausklang.

Samstagmorgen. Der letzte Tag des W:O:A 2015 ist angebrochen. Im Moment kann ich mich nicht entscheiden, ob das eine gute oder schlechte Nachricht ist. Nach drei Nächten im Auto bin ich ziemlich erschöpft. Aber es nützt ja alles nichts, wir sind ja nicht zum Spaß hier. Also kratzen wir unsere letzten Energiereserven zusammen, packen schon mal ein, was von Zelt und Pavillon übrig geblieben ist und machen uns ein letztes Mal auf den Weg zu den Bühnen.

POWERWOLF, die selbsternannten Werwölfe aus Armenien, spielen zur Mittagszeit. Und die Techniker scheinen aufgrund der frühen Stunde noch ein wenig müde zu sein. Der Opener “Sanctified With Dynamite" weist auf jeden Fall einige Klangelemente auf, die so nicht auf dem Album zu finden sind. Aber sei's drum. Das Publikum ist heute gut gelaunt, denn die Sommersonne gibt sich redlich Mühe, die Erinnerungen an die kalte Nacht zu vertreiben. Das Bier tut sein Übriges.

Apropos Bier: Mitten im Gig streift ein Becks-Mann an uns vorbei und schaut beim Ausschenken sehnsüchtlig einem Crowdsurfer hinterher. Das würde er auch so gerne mal machen. Das muss man in Wacken natürlich niemandem zwei Mal sagen. Sekunden später liegt der Mann samt Fass auf dem Rücken, freut sich wie Bolle und lässt sich von hunderten Händen nach vorne tragen. Ein schönes Bild. Als er Minuten später wiederkehrt, um seine Becher abzuholen, wird er von den Umstehenden gefeiert wie ein Rockstar.

Aber zurück zu POWERWOLF. Nachdem alle technischen Probleme behoben wurden, sind die Werwölfe – die eigentlich aus Saarbrücken kommen – bester Dinge und zetteln zu “We Drink Your Blood” einen Circlepit an. Normalerweise nicht weiter außergewöhnlich, aber Attila Dorn möchte das Ganze gerne rückwärts haben und seinem Wunsch wird entsprochen. Ein sehr amüsantes Bild. Ein Foto erspare ich euch an dieser Stelle, da man auf einem Standbild die Marschrichtung so schlecht erkennen kann.

PW Kopie Kopie 2

Nach POWERWOLF müssen wir uns zwischen AMORPHIS und SKINDRED entscheiden. Da ich den Herrn mit dem zu großen Mikrofon vorm Gesicht und den unfassbar langen Dreads aber schon einige Male gesehen habe, gewinnen SKINDRED den Zweikampf. Eine gute Entscheidung, denn die eigenwillige Mischung aus Reggea, Hip-Hop und Metalelementen macht richtig Spaß.

Fronter Benji Webbe erscheint mit einer Art Cyclops Brille und knallrotem Jacket und sein Gitarrist hätte das Bartpotenzial, bei ZZ TOP einzusteigen. Optisch also direkt ein Highlight. Und auch der erste Song ist ein Highlight und gleichzeitig Namensgeber des aktuellen Albums der Waliser “Kill the Power”. Die Herren kommen beim Publikum gut an. Bei “Jump Around” springen alle pflichtbewusst im Takt durch den Matsch. Ein weiterer Höhepunkt des Sets ist das groovende “Ninja”. Sehr schöner Auftritt.

Gut gelaunt schlendern wir über das Gelände, bis ich auf die sehr intelligente Idee komme, mich von meinem Freund in einer sehr tiefen Matschpfütze stehend fotografieren zu lassen. Nach ein paar Sekunden Posing höre ich hinter mir schnelle Schritte, dann spüre ich Arme, die sich um mich legen und mit einem lauten "Platsch!" liege ich auch schon mit drei Schlammschurken in der Gülle. “Naja ...”, denke ich mir, als ich mich wieder aufrichte und die Zentimeter dicke Modderschicht an mir bewundere, “ ... hab ich das auch mal gemacht”. Und irgendwie ist es auch ganz angenehm. Für die restlichen Konzerte habe ich zumindest ausreichend Platz um mich rum.

So auch bei BIOHAZARD, die für mich die Überraschung des Tages darstellen. Die vier Herren, die seit 2008 wieder auf der Bühne stehen und sich ursprünglich 1987 New York gründeten, waren insbesondere in den 90ern wahre Helden und haben große Konzerthallen gefüllt. Heute hingegen spielen sie nur auf der kleinen Party Stage. Aber was sie machen, überzeugt voll und ganz.

Insbesondere Billy Graziadei und Scott Roberts sprühen geradezu vor Energie und stehen keine Minute still. Bei “How it is”, “Tales from the hard Site” und “Punishment” schlagen Fanherzen höher. Und als Billy sich samt Gitarre auf Händen tragen lässt und dabei so glücklich aussieht, als wäre er ein kleines Mädchen, das unterm Christbaum einen Hundewelpen gefunden hat, bin ich ein ganz kleines bisschen verliebt in ihn und BIOHAZARD (und das trotz akutem Speichelflußproblem des Blondschopfes).

Für den nächsten Auftritt müssen wir uns nicht mal bewegen. Wir bleiben einfach hier in der Sonne stehen und gucken dem Umbau zu, und den mittlerweile trockenen Schlammbrocken, die von meiner Kleidung rieseln. Eine fast meditative Beschäftigung. So lange, bis der Corpsegrinder uns mit seiner massiven Stimme aus der Trance reißt.

Gewohnt schnell und aggressiv machen sich CANNIBAL CORPSE ans Werk. Bei dieser Setlist würde Alice Schwarzer direkt einen Protestmarsch ins Leben rufen. Denn Titel wie “Stripped, Raped and Strangled“, „Icepick Lobotomy“, „I Cum Blood“ und „Fucked With a Knife“ könnten schon ein wenig Anstoß finden. Auch für mich gerade etwas zu viel des Guten.

Also machen wir uns wieder auf den Weg Richtung Pressebereich und streifen dabei die Panzergrenadiere von SABATON. Tatsächlich die einzige Band, bei der es wirklich voll ist vor der Bühne. Das Bühnenbild ist aufwendig gestaltet. Das Schlagzeug eingerahmt von Kriegswaffen und ein Schild warnt vor einem Minenfeld. Ich persönlich finde solch eine Deko immer ein wenig grenzwertig. Trotzdem bleiben wir kurz stehen und hören uns „Gott mit uns (noch ein Bier)“ und „The Art of War“ an.

Ich persönlich weiß ja nie genau wie ich die Power Metaller finden soll. Denn auch wenn Sänger Joakim Brodén im Interview betont, dass „The Art of War“ darin liegt, keinen Krieg zu führen und man ja nur Geschichten erzählt, frage ich mich dann doch, warum man sich für Tarnmuster als Bandoutfit entschieden hat, aber sei's drum. Die Masse haben die Schweden ganz klar auf ihrer Seite und die Freude des Publikums ist groß aufgrund des langen Sets und der Spielfreude.

Nun müssen wir aber endgültig eine kleine Pause einlegen. Die Beine sind müde und wir auch.

Aber zu SANTIANO stehen wir wieder in der ersten Reihe. Ja ja ja, ich weiß, dass ihr jetzt kollektiv die Augen rollt, aber ich bleibe dabei: Die Seebären aus Schleswig-Holstein machen Spaß. Wir singen lauthals mit zu Seemannsliedern und Irish Folk Hits wie „Es gibt nur Wasser“, „Frei wie der Wind“ und „Irish Rover“. Bei „Auf nach Californio“ regnet dann sogar ein goldener Lamettaregen auf uns hernieder. Irgendwann stellen wir aber fest, dass Santiano eine der besten Pyroshows des Festivals zu bieten haben und da muss man sich dann doch fragen, ob hier alles richtig läuft.

Den traditionellen Abschluss (alle zwei Jahre) bestreiten die Mittelalter-Rocker von SUBWAY TO SALLY. Uns reicht es aber. Wir müssen gehen. Das Zelt wartet, wir sind zermürbt von den schwankenden Temperaturen, eisig kalten Nächten und viel zu viel Matsch.

Abschließend muss man sagen, dass die Besucher es mit Humor nahmen. So war vom “norddeutschen Wackenmeer” und von “Very Matsch Metal” die Rede und allerorts wurde eine abgewandelte Version eines alten DANZIG-Hits gesungen: “MUDDER!”. Aber man muss schon sagen, dass die Stimmung der letzten Jahre nicht aufkommen konnte. Viele Metalheads brachen Ihre Anreise vorzeitig ab, als sie die Notstandsmeldungen der Organisatoren lasen, andere verließen das Gelände vorzeitig. Und auch diejenigen, die vor Ort waren, überlegten sich zwei Mal, ob sie den anstrengenden Marsch zum Infield auf sich nehmen sollten.

Im direkten Vergleich mit den letzten Jahren schließt das W:O:A 2015 eher mittelmäßig ab. Nicht nur was das Wetter angeht, für das ja nun wirklich niemand etwas kann, aber auch viele der Musiker wirkten etwas müde oder lustlos. Und in Sachen Bühnenshows und Pyrotechnik schleicht sich spätestens seit 2013 ein Abwärtstrend ein. Trotzdem war das Wacken 2016 nach 16 Stunden ausverkauft und wahrscheinlich werde auch ich wieder dort sein. Rain or Shine!