Geschrieben von Samstag, 19 November 2016 12:52

Jimmy Eat World - Münster, Skaters Palace

Münster, Skaters Palace 16.11.16 - JIMMY EAT WORLD bringen dieser Tage mit „Integrity Blues“ ein neues Album unter die Leute. Dementsprechend gibt es sie auch wieder auf der Bühne zu sehen. Und in diesem Zusammenhang ließen sich die Emo-Urgesteine auch in Münster blicken – BurnYourEars war dabei.

Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich umgehauen wurde davon, wie viele Leute die Amis immer noch ziehen. Allein die Parkplatzsuche am Skaters Palace gestallte sich interessant. Aber hey – warum sollte auch nur ich feuchte Augen bekommen, wenn ich an die Hits der Band denke? Und so war der nicht gerade kleine Palace bereits zu Beginn der Veranstaltung proppevoll.

Die Vorband hörte, glaube ich, auf den Namen DEAF HAVANA und interessierte mich leider so gar nicht. Irgendwer neben mir meinte, sie klängen wie KINGS OF LEON als Emoband und von dem Song, den ich mir gegönnt habe, kann ich das sogar unterschreiben. Mir ist lediglich im Gedächtnis geblieben, dass sich der Gitarrist bewegte, als hätte er Sex mit seinem Instrument. Aber ok – Vorband für eine Kultband zu sein, ist auch einfach ein schwerer Job. Vielleicht sehe ich die Band ja mal wo anders und kann ihnen dann auch wirklich Gehör schenken. Jetzt lief es parallel auf ein paar Zigaretten und "Hallo"-Sagen im Nieselregen vor der Halle hinaus.

Punkt neun Uhr dann betraten die Jungs aus Arizona die Bühne – JIMMY EAT WORLD! Die war übrigens mit ziemlich genialer Lichtshow – inklusive vier Straßenlaternen – ausgestattet, die einen guten Gegensatz zu dem schlichten Schwarz boten, in welches sich die vier Weltenfresser plus Keyboarder/Gitarrist/Schellenkranzler gekleidet hatten. Und wenn man der Dame am Licht-Mischpult zugesehen hat, kann man sie wohl auch getrost als „Musikerin“ bezeichnen – so schnell und gezielt war sie an den Reglern. Wie würden JIMMY EAT WORLD ihr Set gestallten? Viele neue Songs?

Die Antwort folgte prompt, da sie mit „Get Right“ vom gleichnamigen Album anfingen. Sofort standen der Sound und das Licht, und die Stimmung war auch schon gut. Und ja, der Song funktioniert prima als Opener. Direkt wurde mit „Bleed American“ nachgelegt – und wer so einen Hit einfach mal als zweiten Song raushaut, der kann wohl auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken. Etwa so ging das Set danach weiter. Zwar wurden jede Menge Hits gespielt, aber jeder zweite oder dritte Song war von „Integrity Blues“. So gab es „You Are Free“ „Through“, „Sure And Certain“ oder „Pass The Baby“, wobei letzterer erst sehr intim und dann unglaublich brachial rüberkam, also mit noch stärkerem Effekt, als er auf der Platte entwickelt. Der Opener „You With Me“ wurde allerdings ebenso „nett“ gespielt wie auf CD und zählt nicht unbedingt zu meinen Highlights.

Auch wenn viele der neuen, zumeist sehr ruhigen und aufgeräumten Songs bereits bekannt waren und abgefeiert wurden, kochte die Stimmung natürlich bei den Hits so richtig auf. Und da legten JIMMY EAT WORLD mit „Hear You Me“, „Big Casino“, „Lucky Denver Mint“, “If You Don't, Don't”, “Sweetness”, “The Middle”, “I Will Steal You Back”, “Pain” und einigen anderen natürlich ein ganz schönes Brett vor. Zwischendurch war ich auch wieder ein Twentysomething-Emo-Fan ... Aber das ging wohl vielen so im Raum. Schließlich wurde lauthals mitgesungen und ein Grinsen war fast auf jedem Gesicht auszumachen.

Nach drei Zugaben war wohl auch dem Allerletzten klar, dass kaum jemand so schöne Popsongs schreiben kann, wie JIMMY EAT WORLD. Und diese dann auch noch so spielerisch sauber und klanggewaltig auf eine Bühne bringen kann. Aber wie gesagt, das hier war kein kleines Proberaumkonzert: Die Lichteffekte waren grandios, der Sound klang absolut klar, die Band war eingespielt wie sonst was und die Rowdies hatten viel damit zu tun, die passenden Gitarren zu den jeweiligen Songs zu reichen.

Allerdings muss ich wortwörtlich einige Abzüge in der B-Note verteilen. Natürlich ist das Quartett plus Extra-Musiker keine Anfängerband mehr und sie haben ihre Hits schon öfter gespielt, als jeder von uns sie gehört hat. Dennoch fehlte beim Auftritt als solcher ein wenig Herzblut. Zwar fing es mit „Münster. Was geht?“ eigentlich ganz cool an, kam dann aber nicht mehr über Standardansagen hinaus. Wir als Publikum waren "so much fun" und vor allem "awesome". Und na klar sind wir das beste Publikum überhaupt und natürlich wäre es das Beste, wenn wir einfach alle auf der gesamten Tour mitkommen.
Und so wirkten die Herren auf der Bühne auch. Zwar sah man Sänger/Gitarrist/Songwriter Jim an, dass es ihm Spaß macht – aber das habe ich auch schon mal deutlicher gesehen. Links und rechts von ihm kam jeder großteils mit nettem Hin- und Hergewippe aus. Vor allem den Job des Bassisten hätte ich nicht gerne gehabt. Er hatte doch eigentlich recht wenig zu tun und so wirkte er auch. Natürlich stahl sich immer wieder ein Lächeln in sein Gesicht, aber das wirkte alles sehr … “nett“.

Alles in allem war es ein wirklich toller Abend, hätte aber noch um einiges grandioser sein können, wenn die Band selbst mehr Begeisterung versprüht hätte. So waren es vor allem die Songs als solche, die begeistert haben. Denn so sauber wie die Jungs das spielen, muss ihnen das erst mal jemand nachmachen. Aber spätestens mit „Integrity Blues“ sind JEW nun mal im Pophimmel angekommen und dann fegt man eben nicht mehr über die Bühne wie ein junger Punk.