Geschrieben von Samstag, 03 Dezember 2016 00:00

Amorphis – Köln / Essigfabrik

30.11.2016 – AMORPHIS' siebtes Studioalbum "Eclipse" markiert in zweifacher Hinsicht einen Einschnitt in der Geschichte der finnischen Metaller. Zum einen handelt es sich um das Einstiegsalbum von Tomi Joutsen, der 2005 seinen Vorgänger Pasi Koskinen als Sänger ablöste. Dies führte zum anderen dazu, dass auf dem Album zum ersten Mal seit "Elegy" (1996) neben Klargesang auch wieder Growl-Vocals zu hören waren.

Zum 10jährigen Geburtstag von "Eclipse" gaben sich AMORPHIS nun in der Kölner Essigfabrik die Ehre. Mit dem verzerrten Keyboard-Intro von "Two Moons" starten die sechs Finnen in ihr Jubiläumsset. Dass Joutsens Mikrofon anfangs noch etwas zu leise eingestellt ist, macht der Sänger durch routinierte Frontmann-Gestik wett: Den Notenständer als verlängerten Dirigierstab wild in der Luft schleudernd, heizt er dem Publikum ordentlich ein, was seine Wirkung nicht verfehlt. Die Besucher der gut gefüllten, aber nicht ausverkauften Location sind von Beginn an zur Stelle. Allerdings ist ein Album wie "Eclipse" auch ein Selbstläufer – vor allem, wenn es live in einer solchen Perfektion dargeboten wird. Egal ob bei "House of Sleep", "Born from Fire" oder "Under a Soil and Black Stone", die Menge singt immer wieder ganze Textpassagen voller Inbrunst mit, jeder Song wird mit enthusiastischem Applaus gefeiert.

Bei "Leaves Scar" zeigt sich zudem, wie gut Joutsen an diesem Abend bei Stimme ist: Donnernde Growls, die für mich zu den besten der Metal-Szene gehören, wechseln sich mit kraftvollem Klargesang ab: Der sympathische Frontmann ist mit Spaß bei der Sache und das merkt man – nicht zuletzt auch an seinem horrenden Verbrauch an Wasserflaschen und Handtüchern.

Auf Schnickschnack und aufwändige Showeinlagen verzichten AMORPHIS, die Bühne wird lediglich abwechselnd in rotes, grünes, gelbes oder blaues Licht getaucht. Die Musik steht im Vordergrund und was die Band mit Schlagzeug, Keyboard, E-Bass und zwei Gitarren auf die Ohren der Zuhörer zaubern, ist fantastisch.

Besonders laut wird es, als das orientalisch angehauchte Intro samt brachialem Eingangsriff von „Perkele (The God of Fire)“ ertönt: Rhythmisches Klatschen von der ersten bis zur letzten Zuschauerreihe – AMORPHIS sind von der guten Stimmung sichtlich angetan. "Brother Moon" kündigt Joutsen als eines seiner Lieblingslieder an, zu Recht: Stimmiges Songwriting und die harmonisch, leicht melancholischen Melodien dieses Songs reißen die Menge mit.

Nach dem letzten Eclipse-Stück "Empty Opening" verabschiedet sich die Band kurzzeitig von der Bühne, um anschließend mit Akustikversionen von "Enigma" und dem Amorphis-Klassiker "My Kantele" umso furioser zurückzukommen. Insbesondere letzterer Song löst im Publikum schiere Begeisterung aus: Magie und Gänsehaut pur. Mit "From The Heaven Of My Heart ", "Sampo" sowie den beiden Zugaben "Skyforger" und "Silver Bride" folgen noch vier Songs aus der Post-Eclipse-Ära und beschließen den Abend.

Auch wenn man sich eine etwas längere Spielzeit und den ein oder anderen Kracher der härteren Gangart vom Zweitwerk "Tales From the Thousand Lakes" gewünscht hätte, haben die Finnen einmal mehr ihre große Klasse unter Beweis gestellt. Kaum eine andere Metal-Band hat derartig viele mitreißende Melodien im Repertoire wie AMORPHIS, die auch live weiterhin eine absolute Bank sind!