Geschrieben von Mittwoch, 21 März 2018 21:11

Metal Diver Festival 2018 - Der Bericht aus Marsberg mit Bildergalerie

Marsberg im Sauerland – eine Gemeinde mit knapp 20.000 Einwohnern, mitten im sauerländischen Nirgendwo zwischen Brilon, Diemelstadt, Lichtenau und anderen Orten, die man genauso wenig mit Heavy Metal assoziiert. Zudem Geburtsort von BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, Schauspieler Peter Lohmeier und … dem Metal Diver Festival. Wo sonst eher der örtliche Musikverein die Schützenfestbesucher mit Blasmusik versorgt, geben sich seit nunmehr fünf Jahren durchaus bekannte Genrevertreter wie BATTLE BEAST und BRAINSTORM mit lokalen Acts die Klinke in die Hand. Grund genug, dem Festival in diesem Jahr einmal einen Besuch abzustatten.

#hartgenug für eine angemessene Geburtstagsfeier?

Zum Jubiläum haben sich die Festivalveranstalter von Metal Diver e.V. einiges überlegt. Neben dem Umzug in die größere Schützenhalle in Niedermarsberg, zwei zusätzlichen Bands und dem Special Act #burforsan konnte in diesem Jahr Ruhrpott-Urgestein RAGE als Headliner gewonnen werden. Eine kleine aber feine Händlermeile und die Jägermeister-Lounge mitten in der mit Schützenfestwimpeln charmant dekorierten Halle machen das Indoor-Festivalfeeling komplett.

Unterhaltsames Genre-Chaos bei CHAOS PATH

Nach der feierlichen Eröffnung durch den dem Anlass angemessen im Festivalshirt gekleideten Bürgermeister geht es pünktlich um 17 Uhr los mit dem Opener CHAOS PATH. Für die Formation aus Kassel ist es der dritte Auftritt überhaupt und gleichzeitig die Release-Show für die Debüt-EP "The Awakening". Angesichts des kunstblutbeschmierten Bassisten und eines weiß bemalten und in Mönchskutte gekleideten Sängers erwarte ich Black Metal und bekomme … erstmal was anderes.

Die ersten beiden Songs würde ich eher in Richtung Death Metal packen, ehe es ein etwas eigenes, aber ziemlich gut gemachtes Coverr von THE EXPLOITEDs "Chaos Is My Life" auf die Ohren gibt. Ein bisschen blackmetallisch wird es danach auch noch, mit "Unter Wölfen" gibt es dann noch was Deutsches und das finale "Chaos Path" schrammelt mit deutlichem Punkeinschlag, macht gute Laune und so langsam kommt bei mir Festivalstimmung auf.

Auch die zunächst verhalten im hinteren Bereich der Halle stehenden Festivalbesucher tauen langsam aber sicher auf und wagen sich in Bühnennähe – ein trotz leichter Soundprobleme (die sich noch durch den ganzen Abend ziehen sollten) gelungener Auftakt.

FURIOUS ANGER – Garstige Nachwuchs-Wikinger mit Potential

Auch die zweite Band des Abends stammt aus Kassel – FURIOUS ANGER spielen einen gelungenen Mix aus Viking und Melodic Death Metal und starten eher gemächlich in den Abend, wobei gerade das etwas ruhigere "Asgard" sehr unter der weiterhin durchwachsenen Soundqualität leidet. Sobald die Jungs das Tempo aber ein bisschen nach oben schrauben, machen FURIOUS ANGER richtig Spaß. Hier weiß jeder, was er tut und insbesondere Sänger Martin Hartmann scheint gefühlt nur aus Stimmbändern zu bestehen, anders kann ich mir diese Growl-Urgewalt nicht erklären. Wer sich an den Genregrößen um AMON AMARTH ein bisschen leidgehört hat, sollte hier auf jeden Fall mal reinschnuppern.

Furious Anger

EMERALD SUN - griechischer Power Metal Runde 1

Mit EMERALD SUN folgt, wie der Name schon vermuten lässt, ein kleiner Genresprung in Richtung Power Metal – vorgestellt werden unter anderem Songs des neuen Albums, das erst im April erscheint, aber als besonderes Extra bereits am Konzerttag exklusiv am Merchstand erworben werden konnte. Insbesondere dem neuen Song "Weakness And Shame" merkt man die Frische an – durch die fehlende Live-Routine lassen sich die Probleme beim Sound und der fehlende Soundcheck jedoch leider nicht komplett kompensieren. Insgesamt machen EMERALD SUN aber das Beste aus den suboptimalen Rahmenbedingungen und liefern einen ordentlichen Auftritt ab.

HATE FORCE ONE, BURDEN OF GRIEF, IN SANITY und jetzt alle zusammen #burforsan

Nach dem kurzen Ausflug unter die griechische Sonne geht es zurück in heimische Gefilde mit dem Special Act des Abends. Mit HATE FORCE ONE aus Geseke, BURDEN OF GRIEF aus (richtig geraten) Kassel und IN SANITY aus Paderborn betreten drei Veteranenbands des Metal Diver Festivals die Bühne.

Zunächst darf jede Band allein einige Songs aus dem eigenen Portfolio vorstellen, und in der mittlerweile gut gefüllten Halle bildet sich endlich auch der erste Moshpit des Abends. Insbesondere BURDEN OF GRIEF scheinen viele Fans mitgebracht zu haben, die für ausgelassene Stimmung und eine hüpfende Polonaise im Pit sorgen.

Als krönenden Abschluss des Special-Sets finden sich dann die Mitglieder aller drei Bands gemeinsam auf der Bühne ein, um als #burforsan eine Coverversion des KILLSWITCH ENGAGEDs Covers von DIOs "Holy Diver" (dem Namensvorbild des Festivals) zum Besten zu geben. Auch hier ist der Sound leider durchwachsen, was man insbesondere an den sehr unterschiedlich eingestellten Gesangsmikrofonen hört, das Publikum stört das aber weniger. Der Special Act ist definitiv eines der Highlights des Festivalabends.

CRIPPER sagen Goodbye

Ausnahmsweise nicht aus Kassel stammen die Thrasher von CRIPPER, die sich aktuell leider quasi auf ihrer Abschiedstour befinden, nachdem Anfang des Jahres die bevorstehende Auflösung der Band bekanntgegeben wurde. Perfektes Timing also, um sich eine Band erstmalig anzusehen. Und CRIPPER überzeugen auf ganzer Linie.

Sängerin Britta "Elchkuh" Görtz muss sich, was Stimme und Bühnenpräsenz angeht, hinter absolut niemandem verstecken und auch ihre Bandmitglieder legen eine unglaubliche Energie an den Tag und genießen jede Minute auf der Bühne – dabei kann es dann auch schonmal vorkommen, dass das Drumset in Mitleidenschaft gezogen und zeitweise zerstört wird. Für Ersatz ist zwar glücklicherweise schnell gesorgt, leider reicht die Zeit aber dann nicht mehr, um auch noch das finale "Fuck you" auf die Bühne zu bringen. Schade, von CRIPPER hätte ich gern noch mehr gehört.

FIREWIND – Griechischer Power Metal Runde 2

Mit etwas Verspätung betreten dann die griechisch-deutschen Powermetaller um den ehemaligen OZZY OSBOURNE Gitarristen Gus G. und Bob "Den hab ich doch schonmal irgendwoanders auf der Bühne gesehen" Katsionis die Bühne und sind leider unverschuldet einer der Verlierer des Abends. Die Setlist muss durch die Umbau-Verspätungen gekürzt werden, der Sound ist leider weiterhin eher bescheiden und im Publikum fordern der Alkoholkonsum und die mittlerweile fortgeschrittene Stunde leider auch ihren Tribut.

Vor der Bühne ist es unerwartet leer und FIREWINDs Auftritt wirkt zwischen der extrem guten CRIPPER-Show und dem Warten auf den Headliner RAGE etwas verloren. Schade, denn technisch sind insbesondere Gus G. und Bob Katsionis, der (wenn er nicht einfach beides simultan bedient) munter zwischen Gitarre und Keyboard hin und her wechselt, eine Klasse für sich. Auch Sänger Henning Basse sammelt (nachdem ich bei ihrem Auftritt Anfang des Jahres so gar nicht mit ihm warm geworden bin) sowohl durch seinen Gesang, als auch durch seine locker-ironischen Ansagen bei mir einige Sympathiepunkte.

Firewind

RAGE – Ein kurzes und schmerzloses Finale

Gegen halb eins ist es dann endlich Zeit für RAGE – selten hat einer Band der Line-Up-Wechsel so gut getan wie den Powermetallern aus Herne. Frontmann Peavy Wagner sieht endlich wieder so aus, als hätte er Spaß an dem, was er tut. Und man hat das Gefühl, dass dank Marcos Rodriguez und Vassilios "Lucky" Maniatopoulus tatsächlich wieder eine Band auf der Bühne steht und kein Zusammenschluss von Einzelmusikern.

Der Sound spielt auch endlich mit und die neuen Songs a la "My Way" und "Blackened Karma" kommen gleichermaßen gut beim Publikum an, wie die Klassiker "Don't you fear the Winter" und "Nevermore". Aufgrund der vorherigen Verzögerungen und eines in Düsseldorf wartenden Fliegers muss die Setlist leider extrem gekürzt werden, und so ist nach gut 50 Minuten mit dem final-obligatorischen "Higher Than The Sky" (mittlerweile fast traditionell durch den von Marcos Rodriguez gesungenen "Holy Diver"-Mittelteil ergänzt) auch schon Schluss.

Rage

Bist du hart genug? – Ein Fazit

Wenn viel Licht auf (leider auch) relativ viel Schatten trifft, ist ein faires Fazit gar nicht so einfach. Vor allem, wenn der Schatten in weiten Teilen vom Veranstalter unverschuldet ist. Ein großes Problem war leider der schlechte bis durchwachsene Sound. Die klassische Schützenhalle ist einfach akustisch nicht für Metalkonzerte ausgelegt – wenn dann aufgrund widriger Witterungsbedingungen auch noch einige Soundchecks ausfallen und das Festival in eben dieser Halle erstmalig stattfindet, klingen die Auftritte gerade am Anfang leider einfach nicht so, wie sie sollen.

Auch mit einem unerwartet rutschigen Hallenboden kann man im Vorfeld nicht wirklich rechnen. Gepaart mit dem neu aufgestellten Bier-Rekord blieben hier einige Stürze leider nicht aus. Gleiches gilt für die eine oder andere (eigentlich auch eher untypische) unfreundliche Schubserei im Moshpit, die durch das Security-Team, das ebenso wie die Sanitäter einen hervorragenden Job gemacht hat, aufgelöst werden musste.

Dass zu all diesen Kritikpunkten keine zwei Tage nach dem Festival vom Veranstaltungsteam in einer Videobotschaft Stellung genommen wurde, ist sicher nicht selbstverständlich und zeigt, wie viel dem Metal Diver-Team an ihrem Festival liegt. Und auch ansonsten machen sie Vieles richtig: Das Billing ist ein gelungener Mix verschiedener Subgenres, bei dem lokale Acts die Möglichkeit bekommen, mit namhaften Bands eine Bühne zu teilen. Die Preise für Getränke und Essen sind fair, der Ticketpreis mit grob 30 Euro (das haben RAGE und FIREWIND Anfang des Jahres alleine schon gekostet) sowieso.

Es gibt Shuttlebusse, die die Besucher sicher zum Festival und wieder Heim bringen und viele Probleme waren sicherlich auch den besonderen Umständen des Jubiläums (größere Halle, Zeitverzögerungen durch Umbaupausen beim Special Act, längere Festivaldauer generell) geschuldet, so dass man gespannt darauf sein kann, in welche Richtung sich das Metal Diver Festival in den kommenden Jahren entwickeln wird – ich bin optimistisch.