Geschrieben von Mittwoch, 24 Oktober 2018 21:36

Mono Inc., Hell Boulevard - Der Konzertbericht aus der Kieler Pumpe samt Bildergalerie

18.10.2018, Kiel - „Songs nicht zeitgemäß, Band zu alt – das hat gesessen“. Martin Engler, Sänger der Gothic-Rocker MONO INC., erzählt gerne von den Anfangstagen seiner Band. Kein Wunder, gleicht die Historie seines Lebenswerkes doch einem modernen Märchen. Die erste Platte noch in Eigenproduktion veröffentlicht, wächst die Bekanntheit der Truppe aus Hamburg seit inzwischen 15 Jahren stetig und hat es mit dem aktuellen Album "Welcome To Hell“ sogar auf Platz 2 der deutschen Albumcharts geschafft. Der Sony-Mitarbeiter, welcher 2003 die oben genannte Aussage getroffen hatte, dürfte sich bei soviel verpasstem kommerziellen Potenzial in den Hintern beißen.

Da passt es nur zu gut ins Bild, dass auch die dazugehörige Tour des Quartetts ein voller Erfolg zu werden scheint. Die Kieler Pumpe präsentiert sich an diesem lauen Donnerstagabend jedenfalls gut gefüllt. Überraschend gemischt, drängen sich im ehemaligen Pumpwerk Gothic-Fans und Metaller, Teenager und Rentner aneinander. Der kurze Weg zum Fotograben gleicht so einem Hindernisparcours, der ohne Getränk kaum zu bewältigen ist. Glücklicherweise sind die Preise in der Pumpe moderat. Schnell ein Wasser geholt – Alkohol bei der Arbeit ist schließlich eine Todsünde – und auf in die Schlacht!

Hell Boulevard

Den ersten Schlag dürfen an diesem Abend die Schweizer Dark-Rock-Vertreter von HELL BOULEVARD anbringen. Und die Band um Ex-LOST-AREA-Fronter Vdiva zeigt mit "Love Is Dead“ gleich das, was im 21. Jahrhundert von einer Formation ihres Genres auch erwartet wird: Leicht verdaulicher Gothic-Rock mit eingängigen Hooks und viel Elektronik.

Viel falsch machen kann eine Band mit einem solchen Sound nicht, weswegen Songs wie "Satan In Wonderland“ oder "In Black We Trust“ zwangsweise für Kopfnicken sorgen. Wirkliche Begeisterung zeichnet sich bei den Konzertbesuchern allerdings noch nicht ab. Zu gewöhnlich scheint das Konzept der Band, zu schwach die stimmliche Performance ihres Fronters, zu vorhersehbar die Songstrukturen. Höflichen Applaus gibt es am Ende trotzdem.

Mono Inc.

Allzu lange müssen die Fans im Folgenden nicht auf die Ankunft der eigentlichen Attraktion des Abends warten, geht der Umbau doch erfreulich fix von statten. Schnell das Schlagzeug abgedeckt und die letzten Spuren der Vorgruppe von der Bühne entfernt, schon ist die Pumpe bereit für den Headliner. Und der weiß die Bühne mit Stil zu betreten: Ein lauter Knall, aufsteigender Rauch und offene Münder – MONO INC. kapern die Pumpe mit ihrem Opener "Welcome To Hell“ und einem reichhaltigen Pyrotechnik-Sortiment. Auf solch kleinen Bühnen definitiv kein alltäglicher Anblick.

Die Fans freut es, denn die Show des Hamburger Quartetts ist ein Schmaus für die Augen und kann immer wieder visuelle Highlights setzen. Mal steigen Feuerfontänen in die Luft, ein anderes Mal lässt Sänger Engel die Bandflagge über den Köpfen des Publikums schweben. MONO INC. setzten an diesem Abend einen emotionalen Höhepunkt nach dem anderen und überdecken damit geschickt die meist schmerzhaft simplen Songstrukturen und fehlende Dynamik auf der Bühne. Selten lässt die Truppe sich aus der Reserve locken, sondern zockt ihr zweistündiges Set geradezu routiniert herunter.

Schlimm ist dies keineswegs, feiert das Kieler Publikum seine Helden doch trotzdem gebührend ab. Insbesondere bei den älteren Stücken wie "Heile, Heile Segen“ und "The Banks Of Eden“ beweisen die Fans Textsicherheit, während "Voices Of Doom“ in gewohnter Weise animiert, sich die Stimmbänder aus der Kehle zu schreien. Die abschließende Zugabe "Children Of The Dark“ bringt schließlich tosenden Applaus mit sich, sodass MONO INC. zu guter Letzt selbst zu Zuschauern ihrer eigenen Show werden.

Eindruck und Erkenntnis

Was bleibt von diesem Abend in Kiel? Sicherlich ein guter Eindruck, denn die visuelle Show des Hamburger Quartetts zählt sicherlich zum Besten, was eine Band bei dieser Hallengröße auf die Beine stellen kann. MONO INC. verstehen es, ihren Konzertgängern weit mehr zu bieten, als eine reine Vorführung ihrer Songs.

Doch es bleibt auch eine Erkenntnis. MONO INC. sind weit mehr als ihre Musik. MONO INC. erzählen Geschichten, sie singen von Schmerz und Verlust, aber auch von Hoffnung und Liebe. Das ist kitschig, ja. Das ist nicht sonderlich anspruchsvoll, vielleicht auch tatsächlich nicht mehr zeitgemäß. Aber die Emotionen sind echt, das Konzert gar ein Eingeständnis der eigenen Verletzlichkeit – und das ist manchmal wertvoller, als jedes kommerzielle Potenzial.

Hell Boulevard Setlist Die Pumpe, Kiel, Germany 2018
 
Mono Inc. Setlist Die Pumpe, Kiel, Germany, Welcome To Hell Tour 2018