Geschrieben von Dienstag, 19 Februar 2019 12:42

Ghost, Candlemass - Der Bericht aus der Stuttgarter Schleyerhalle

14.02.2019, Stuttgart – Die schwedischen Okkult-Rocker von GHOST gewähren der Daimlerstadt erstmals die Ehre einer unheiligen Audienz. Der Bericht vom Startschuss der "A Pale Tour Named Death“-Deutschland-Tournee.

Wer im vornherein schon Angst hatte, diese einmalige Gelegenheit aufgrund hoher Ticketnachfrage zu verpassen, darf bei einem ersten Blick auf die Menge am Halleneingang erleichtert aufatmen. Zwar präsentiert sich diese fast schon unheimlich organisiert, doch wird bereits in der Kälte der Februarnacht klar, dass die Schleyerhalle für die schwedischen Grammy-Gewinner eine Nummer zu groß ausgefallen ist. Ein Blick in den fast vollständig abgehangenen Innenraum verrät, dass die Truppe besser beraten gewesen wäre, ein kleineres Venue zu buchen. Einzig und allein die Merch-Preise sind an diesem Abend der Lokalität entsprechend, wenn auch nur schwer zu rechtfertigen.

Candlemass

Da ist es kein Wunder, dass sich auch bei den Doom-Rockern von CANDLEMASS die Begeisterung in Grenzen hält, als das Quintett pünktlich um 19 Uhr mit dem Vorprogramm beginnt. Routiniert und abgeklärt zocken sich die Schweden durch ihr Set, der Funke will jedoch einfach nicht überspringen. Publikum und Band scheinen nicht so ganz genau zu wissen, was sie denn nun miteinander anfangen sollen. Mit dem melancholischen "Solitude“ endet die unfreiwillig fremdschambehaftete Show letztlich jedoch versöhnlich, dem höflichen Applaus ist jedoch nur wenig Euphorie zu entnehmen.

Ghost

Diese lässt jedoch mit den ersten Tönen des GHOST-Intros "Ashes“ nicht mehr lange auf sich warten. Als der Vorhang fällt und die namenlosen Ghule zu den Klängen des Openers "Rats“ auf die Bühne stürmen, zeichnet sich nicht nur inszenatorisch ein Klassenunterschied ab. Unbeeindruckt von der mageren Zuschauerzahl fackeln GHOST ein audiovisuelles Feuerwerk ab, welches mit Begeisterung empfangen wird.

Die großen Kirchenfenster auf den Backdrops schaffen einen würdigen Rahmen für Songs wie "Absolution“ oder "Cirice“,während sich die Guhle mit humoristischen Gitarrenduellen bei Laune halten. Nur der Sound leidet spürbar unter den äußeren Bedingungen der kaum gefüllten Halle, sodass die Drums ein ums andere Mal drohen, die Gitarren vollständig zu verschlucken.

Humoristische Abendunterhaltung

Ernst nimmt sich zu so später Stunde niemand mehr. Mastermind Tobias Forge sorgt mit jeder neuen Ansage für wachsende Erheiterung. Haben sich die Ohren einmal an die gravierende Diskrepanz zu den Studiovocals gewöhnt, nötigt einem die formvollendete Darstellung des Cardinal Copias großen Respekt ab. Wer Songs wie "Pro Memoria“ oder "Life Eternal“ so famos darzustellen weiß, darf sich auch einmal eine 20-minütige Bandvorstellung erlauben.

Überhaupt ist die enorme Spielzeit der Schweden an diesem Abend Fluch und Segen zugleich. Dem mit "Life Eternal“ beschlossenen ersten Akt folgt nach einer 15-minütigen Unterbrechung Akt 2. Eine Verschnaufpause ist dies jedoch nur auf dem Papier – der mit Hits wie "From The Pinnacle To The Pit“, "Year Zero“, "Dance Macabre“ oder "Square Hammer“ gespickte zweite Teil fordert sämtliche Energiereserven. Wer danach immer noch nicht genug hat, freut sich schließlich über die obligatorische Zugabe "Monstrance Clock“.

Starkes Preis-Leistungs-Verhältnis

Hiernach ist nun aber auch der letzte Die-Hard-Fan bedient. GHOST rechtfertigen den teuren Ticketpreis von beinahe 60€ mit einem grandiosen 150-Minuten-Set, welchem gegen Ende eine gewisse Zähigkeit nicht abzustreiten ist. Quantität ist nicht immer gleich Qualität, sodass gut und gerne der ein oder andere Song hätte gestrichen werden können. Ansonsten müssen sich die Schweden aber kaum einen Vorwurf gefallen lassen, bieten sie doch aktuell eine der unterhaltsamsten Bühnenshows der Szene.