Geschrieben von Mittwoch, 18 Mai 2022 15:23

Ghost mit Uncle Acid & The Deadbeats und Twin Temple – der Bericht vom „Ritual“ in Wien

Wir schreiben den 11. Mai 2022, für die meisten Menschen ein Mittwoch wie jeder andere – für fast 3.000 GHOST-Fans der Tag, um in der Wiener Stadthalle der Imperatour 2022 beizuwohnen. Mit von der Partie sind die US-Amerikaner TWIN TEMPLE und die Briten UCLE ACID & THE DEADBEATS. BurnYourEars ist für euch Teil der epischen Heavy-Metal-Messe gewesen.

Twin Temple

Eröffnet wird der Abend von TWIN TEMPLE, einem Duo bestehend aus dem Ehepaar Alexandra (Gesang) und Zachary James (Gitarre), die ihren Musikstil selbst als „satanischen Doo-Wop“ bezeichnen. Das gut 30-minütige Set bietet neben Musik auch eine großartige Liveshow.

Die Bühnenoutfits der Fronter:innen sind schwarz gehalten, mit rot gestickten Dreizacks, umgedrehten Kreuzen und anderen satanischen Motiven. Während der Show kommen diverse Accessoires wie Schädel, Schwerter, Rosen und ein wenig Kunstblut zum Einsatz. Alles in allem erinnert die Dynamik des Duos ein wenig an Morticia und Gomez Addams aus der Addams-Family. Zum Rest der Band gehören noch ein Schlagzeuger, ein Bassist, ein Keyboarder und ein Saxophonist, die, bis auf letzteren, eher im Hintergrund agieren.

Klares Zeichen gegen Sexismus, Rassismus etc.

Bereits am Anfang setzen TWIN TEMPLE mit einer Ansprache aus der satanischen Bibel ein klares Zeichen gegen „sexism, racism, transphobia, ableism and all forms of ignorance“, was sich auch in ihren Texten widerspiegelt. Auf der Setlist stehen Songs mit klangvollen Namen wie „Let’s Have A Satanic Orgy“, „Satan’s a Woman“ und „Sex Magick“. Musikalisch bewegen sich TWIN TEMPLE irgendwo zwischen BUDDY HOLLY, AMY WINEHOUSE und lateinamerikanischen Rhythmen.

Twin Temple Setlist Wiener Stadthalle - Halle D, Vienna, Austria 2022

Uncle Acid & The Deadbeats

Mit UNCLE ACID & THE DEADBEATS macht der Abend eine 180-Grad-Wende und bewegt sich von „satanic Doo-Wop“ zu einer Mischung aus Stoner Rock, Doom Metal und Psychedelic Rock. Während TWIN TEMPLE mit Opulenz vorgelegt haben, setzt das Quartett aus Cambridge auf Minimalismus. Drei der vier Musiker stehen in schummerig grünes oder blaues Licht getaucht wie eine Perlenkette aufgereiht vor dem Schlagzeug. Von dieser Position bewegen sie sich während des 40-minütigen Sets nicht großartig weg. Auch von den Gesichtern der Briten sieht man wegen der langen, ins Gesicht fallenden Haare meistens nicht allzu viel.

Wenig Tamm Tamm

Mit wenig Tamm Tamm und ohne viel Gerede bestreiten die Musiker ihr Set aus insgesamt sieben Songs. Mit dabei sind Fan-Favoriten wie „I’ll Cut You Down“ und „Melody Lane“ sowie ein paar Stücke ihres letzten Longplayers „Wasteland“. Insgesamt lassen es UNCLE ACID & THE DEADBEATS eher langsam angehen und während der Bass den Zuschauer*innen unter die Haut geht, wippen die Köpfe der Herren hinter den Mikrofonen im Takt mit.

Uncle Acid & the deadbeats Setlist Wiener Stadthalle - Halle D, Vienna, Austria 2022

Ghost

Nach einer kurzen Umbaupause folgt der Hauptakt des Abends: GHOST. Nach drei fast schon endlos wirkenden Intros fällt der weiße Vorhang und die Nameless Ghouls übernehmen zunächst die Bühne, bevor Papa Emeritus IV mit einem kraftvollen „Kaiserion“ ebenfalls in Erscheinung tritt. Von diesem Moment an halten GHOST und die vierte Inkarnation ihrer Frontfigur das Publikum mit einem abwechslungsreichen Set bei Laune. Die insgesamt 20 Songs stammen aus allen Album-Epochen der Band, wobei das neue Werk und Namensgeber der Tour, „Impera“, mit nur vier Songs vertreten ist. Der Fokus liegt bei dieser Tour ganz klar auf älteren Fan-Favoriten, vor allem aus den Alben „Meliora“ und „Prequelle“.

Mit gewohnt witzig-satirischen und charmanten Zwischenmoderationen führt Papa Emeritus IV durch das Programm und agiert zum ersten Mal (zumindest aus Sicht der Redakteurin) maßgeblich mit seinen Mitmusikern, den Nameless Ghouls. Insgesamt sind mindestens acht Ghouls auf der Bühne, die neben Gitarre, Bass, Keyboard und Schlagzeug auch den mehrstimmigen Hintergrundgesang und viele weitere Instrumente übernehmen und die Show zu einem Erlebnis der Extraklasse machen.

Papa Emeritus IV, der Verwandlungskünstler

Während ihres Sets spielen GHOST mehrere Instrumentalstücke. Einerseits um das Können der Musiker zum Beispiel bei einem fulminanten Gitarrenduell der beiden Nameless Ghouls an Lead- und Rhythmusgitarre zur Schau zu stellen und um andererseits dem Frontman genügend Zeit zu geben, zwischen den verschiedensten Kostümen hin und her zu wechseln.

So erscheint Papa Emeritus IV mal mit LORDI-esken Fledermausflügeln, mal in einem liturgischen Gewand samt Bischofsmütze und mal im blauen Paillettenjackett. Die Kostüme der Nameless Ghouls haben sich ebenfalls im Vergleich zum letzten Album verändert. Die gehörnten Gesichtsmasken wurden gegen gehörnte Helme mit Schläuchen und die schwarzen Anzüge gegen ein steampunkartiges Outfit mit hohen Schnürstiefeln getauscht. Wem der Look bekannt vorkommt, braucht nicht lange zu spekulieren: Wie Tobias Forge, das Gesicht hinter Papa Emeritus IV, in einem Interview mit dem Revolver Magazin bestätigte, sind die Kostüme der Ghouls von den Tusken Raiders aus Star Wars inspiriert.

Mit einem okkult wirkenden, sakralen Bühnenbild aus Kirchenfenster, Backdrops und brennenden Kerzen erinnert das Setup schon ein wenig an POWERWOLF. Allgemein kann sich die Produktion dieser Arenashow mehr als sehen lassen. Pyro- und Lichttechnik untermalen jeden Song einzigartig und mehrere Konfettikanonen sorgen nicht nur in den vorderen Reihen für einen wortwörtlich knallenden Effekt.

Saxofon als Highlight

Zu den Highlights der Show gehört ohne Frage die Wiedererweckung eines Saxophon spielenden Papa Nihil, der für „Miasma“ in einem gläsernen Sarg in ALICE-COOPER-Manier auf die Bühne gebracht wird. Ebenso unerwartet ist METALLICAs „Enter Sandman“ als erste Zugabe, das sogar für den ein oder anderen kurzen Moshpit sorgt. Nach knapp zwei Stunden beenden GHOST ihr Konzert mit ihrer Hitsingle „Square Hammer“ unter einem Wasserfall aus Funken. Das Ende eines großartigen Abends!

Ghost Setlist Wiener Stadthalle - Halle D, Vienna, Austria, Imperatour - Europe 2022