Artillery - One Foot In The Grave, The Other One In The Trash




Stil (Spielzeit): Thrash Metal (ca. 125 min)
Label/Vertrieb (VÖ): Metal Mind Records (07.07.08)
Bewertung: 8/10
Link: http://www.stutzer-music.com/
Bevor vor knapp einem Jahr das edel aufgemachte “Through The Years”-Boxset erschien, war es sehr ruhig um ARTILLERY. Obwohl die Dänen schon seit 1999 wieder aktiv sind, gab es bis auf das Album „B.A.C.K.“ und vereinzelte Liveauftritte nicht viel zu sehen und zu hören. Anfang 2008 spielte eine der besten Thrash Metal-Bands Europas auf dem Metalmania Festival in Polen, der Gig ist mit Bonusmaterial nun auf DVD erhältlich. Um das Fazit vorwegzunehmen: „One Foot In The Grave, The Other One In The Trash“ ist eine Offenbarung für alle ARTILLERY-Fans!

Mit ihrem neuen Sänger Soren Nico Adamsen hat die Band einen Volltreffer gelandet. Flemming Ronsdorf bremste die Band aus, indem er keinen Bock auf Livekonzerte hatte. Erste positive Veränderungen sind bereits jetzt bemerkbar, denn neben den schon stattgefundenen Auftritten planen die Dänen noch weitere und lassen vorsichtig durchblicken, dass auch ein neues Album in der Mache ist.
Doch kommen wir zum Metalmania-Gig, der mit einer Spielzeit von 70 Minuten und 13 Songs sämtliche Fanherzen höher schlagen lassen dürfte. Gleich sieben der neun Songs von „Fear Of Tomorrow“ werden präsentiert, dazu kommen noch Tracks von „Terror Squad“ und „By Inheritance“. Das Comeback „B.A.C.K.“ wurde leider nur mit einem Song („Cybermind“) beachtet. Die Band um die beiden Brüder Michael und Morten Stützer an den Gitarren, Bassist Peter Thorslund (mit Brille und komischer Frisur) und Drummer Carsten Nielsen legt sich mächtig ins Zeug, um die polnischen Fans für sich zu gewinnen. Sänger Adamsen zeigt ein großes stimmliches Repertoire mit Schreien, melodischem und aggressivem Gesang, der sowohl in hohen wie auch in dunkleren Stimmlagen eine sehr gute Figur macht, auch wenn man manchmal das Psychopathische vermisst, das Ronsdorfs Stimme auszeichnete. Die Interaktion mit den Fans klappt nach den ersten Songs gut, sowohl Adamsen als auch Nielsen animieren das Publikum zum Mitmachen, was aber leider nicht immer gelingt, obwohl man bei fast jedem Kameraschwenk ins Publikum einen Moshpit sehen kann. Michael und Morten Stützer machen mit tollen Soli und Songs wie „The Almighty“, „beneath The Clay (R.I.P.)“, „Time Has Come“ oder dem famosen „Khomaniac“ deutlich, dass sie nichts von ihrem Können verlernt haben und immer noch mit Freude und Spaß auf der Bühne stehen.

Zur technischen Seite dieser DVD sei gesagt, dass vor allem das Bild absolut vorbildlich ist. Mit verschiedenen Kameras aufgenommene Perspektiven, längere Kamerafahrten und ein guter, nicht zu schneller Schnitt, der auch viel vom Publikum zeigt, ziehen die Polen von Metalmind Records hier alle Register; das Bild kann sich ohne Probleme mit anderen hochwertigen, in der Herstellung ungleich teureren DVD-Aufzeichnungen messen. Der Sound ist ebenfalls gut eingefangen, lediglich die Drums hätten einen Tick lauter sein können. Zu jedem Zeitpunkt kommt Liveatmosphäre auf, nachbearbeitet klingt hier überhaupt nichts.

Neben dem tollen Konzert gibt es noch vier weitere Videoclips zu sehen (einer davon von MISSING LINK, bei denen Morten und Michael Stützer in den 90er Jahren aktiv waren). „Terror Squad“ wurde 1987 in einem Fernsehsender in Kopenhagen aufgenommen und kommt mit seinen verhunzten Playback-Einsätzen sehr trashig daher, „Allergic To Knowledge“ ist eine qualitativ eher miese, tatsächliche Live-Aufnahme, und „The Almighty“ ist ein Bootleg-Video von einer anderen Show aus dem Jahre 2008. Da dieser Song auch Bestandteil des Metalmania-Gigs war, hätte man aber ruhig auf diese Dopplung verzichten und einen anderen Klassiker auswählen können.
Außerdem gibt es ein interessantes Interview mit Michael Stützer zur ARTILLERY-Geschichte und ein Interview mit Carsten Nielsen und Morten Stützer, in dem die beiden Musiker die Fotos im „Through The Years“-Booklet erläutern. Schade ist allerdings, dass der neue Sänger Adamsen in den Interviews nur am Rande erwähnt wird und man schon genau hinhören muss, um das Englisch des polnischen Interviewers und das der Dänen zu verstehen. Abgerundet wird das Bonusmaterial von Weblinks, Wallpapers, einer Diskographie und Biographie, letztere ließ sich aber bereits in „Through The Years“ nachlesen.

Wenn ARTILLERY live weiter in Erscheinung treten und tatsächlich ein neues Album in der Vorbereitung ist, kann die Band hoffentlich endlich den dick verdienten Erfolg oder zumindest einen Teil davon erzielen. „One Foot In The Grave, The Other One In The Trash“ ist mit seinen zwei Stunden Spielzeit, dem Booklet und dem schönen Cover jedenfalls eine willkommene Verkürzung der Wartezeit auf weitere Aktivitäten einer Band, die man noch lange nicht abschreiben darf.