Cumulo Nimbus - Totensonntag



Stil (Spielzeit):
Mittelalter Rock (45:43)
Label/Vertrieb (VÖ): Black Bards Entertainment /Alive (09.10.09)
Bewertung: 3 / 10


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Es gibt gefühlte 5000 Metal-Genres. Eigentlich schade, dass es keinen „Renaissance Metal“ gibt, dachte ich letztens noch. In meinem CD-Schacht rotiert nämlich nicht nur viel Metal, sondern auch jede Menge Material von da Palestrina, Dowland und anderen Komponisten, die vor 1600 geboren sind. Könnte atmosphärisch sehr spannend sein, das sinnvoll zu kreuzen. Das HILLIARD ENSEMBLE zusammen mit MY DYING BRIDE im Studio, da könnte was gehen… ESTAMPIE zum Bangen, sozusagen.

Plumps! Schon lag die ersehnte CD in meinem Briefkasten: Das Leben ist ein Ponyhof!

Ich mach nur Spaß. Den machen Cumulo Nimbus aus Landsberg/Lech offenbar auch, wenn sie ihr Kunstprodukt als Renaissance Metal ausgeben. Im Grunde ist das nämlich der übliche Mittelalter-Rock, wobei Bordun-Instrumente wie Drehleier und Sackpfeife nicht die erste Geige spielen; er sich also etwas weniger marktschreierisch gebärdet, da die Traditionsabteilung den Akzent auf dezentere Instrumente wie Gamben und Flöten legt .

Auch der Hinweis des Promo-Sheets, dass hier Metal mit Polyphonie verbunden sei, erschließt sich mir nicht. Die der Renaissance  kann kaum gemeint sein, wenn man weiß, dass sich der  Begriff auf Singstimmen bezieht. Und wer wissen möchte wie es klingt, wenn 40 separate Stimmen eine Motette singen, möge sich mal „Spem in alium“ von Thomas Tallis anhören. Jedenfalls nicht so…

Ja, warum reite ich so auf Nebensächlichkeiten herum… das ist doch bloß das übliche Marketinggeklingel!? --- Zum einen, weil die Differenz von formuliertem Anspruch und Wirklichkeit selten so eklatant war. Zum anderen, weil die Wirklichkeit eine einzige Belanglosigkeit darstellt; zusammengestoppelt aus wenig kompatiblen Elementen, die trotz eifrigen und situativ gefälligen Einsatzes von Flöten & Streichern (Titellied & „Alte Mühle“) nie wirklich Atmosphäre aufkommen lassen: Schon gar nicht den feierlichen Ernst sakraler oder die Leichtigkeit weltlicher Musik der Renaissance oder des Mittelalters.

Dass die Lieder mal einen eher düsteren, mal eher überschwänglichen Anstrich haben und man auch sonst um atmosphärische Vielseitigkeit bemüht ist, will ich nicht bestreiten; aber sonderlich authentisch ist es nicht, wenn z.B. ein Text mit Wikingerthematik (in dem ein Drachenboot als Eisbrecher fungiert!!!) von keltischen Melodien begleitet wird. Naja, vielleicht sollte ich mich nicht so zimperlich anstellen...

Aufgrund einiger kerniger, wirklich guter Riffs mag der „Totensonntag“ als Rockplatte (Metal ist das m. W. nicht), irgendwo im Mittelfeld einlaufen…Wer CORVUS CORAX' & Co. zu seinen Lieblingscombos zählt, kann die obige Punktzahl getrost verdoppeln und sich auf die nächste Partyplatte freuen.  Ich aber fühle ich mich in ein musikalisches, (jahr)marktstrategisches Disneyland gebeamt. Und da will ich partout nicht hin.

Ich bin nicht ganz sicher, ob dies die schlechteste Platte ist, die ich dieses Jahr gehört habe, aber auf sicher die ärgerlichste.

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