Soul Glo - Diaspora Problems Tipp

Soul Glo - Diaspora Problems
    (Oldschool) Hardcore, Punk, Screamo, Hip-Hop, Crossover

    Label: Epitaph Records
    VÖ: 25.03.2022
    Bewertung:9/10

    SOUL GLO auf Bandcamp


Auf ihrem neuen Studioalbum mischen SOUL GLO unter anderem Screamo, Oldschool Hardcore und Hip-Hop zu einem wuchtigen Gesamtwerk, das in Sachen Energie und Experimentierfreude neue Standards für das Genre setzt. Das Ergebnis glänzt durch musikalische Diversität, kann jedoch gleichzeitig durch seine größte Stärke – die Spielereien mit unterschiedlichen Stilen – selbst für alteingesessene Fans der genannten Genres herausfordernd sein.

DIY or die

"Diaspora Problems" ist die Frucht der Arbeit von fünf Jahren. So entstand das neue Album zwischen 2016 und 2021, wobei SOUL GLO es selbst konzeptionierten und produzierten. Bassist GG und Evan Bernard, ein guter Freund der Band und Sound Engineer, waren dabei für den Demo- und Tracking-Prozess zuständig. Schließlich nahm die Band vergangenen Sommer die letzten Songs in einem Lagerhaus auf.

Der DIY-Ethos steht, wie man sehen kann, an erster Stelle, gleichzeitig nimmt der Aufnahmeprozess dem fertigen Album nichts an Qualität und es klingt gleichermaßen roh und qualitativ hochwertig, weshalb die bunte Mischung an Genres trotz ihrer großen Bandbreite aufgeht.

Eine Menge Style mit kleinen Problemen

In der Essenz spielen SOUL GLO Oldschool Hardcore mit Screamo- und Hip-Hop-Anleihen. Dabei fügen sie von Song zu Song je eine Prise unterschiedlicher Genres hinzu.

Der Opening-Track "Gold Chain Punk (whogonbeatmyass)" zum Beispiel bietet eine Mischung aus Punk und Hardcore mit extremen Screamo-Vocals und Rap-Abschnitten. In "Fucked Up If True" hingegen kommen stellenweise auch Black-Metal-Vocals und Noise hinzu, während in einigen Tracks der Hip-Hop in den Vordergrund tritt – beispielsweise im Feature mit Mother Maryrose, "Driponomics", einem noisy Hip-Hop oder "Trap-Metal"-Track, worin Rap und Shouts gleichermaßen über den Beat hinwegfegen.

Die explosive Mischung verschiedenster Genres geht auf und klingt insgesamt stimmig, kann auf Dauer jedoch etwas anstrengend sein, da hier einfach sehr viel los ist. Innerhalb eines Songs legt das Quartett teilweise mehr Stilwechsel hin als manche Genre-Kolleg:innen über mehrere Alben hinweg, was einerseits für die Kreativität der Gruppe spricht, andererseits das Zuhören etwas erschweren kann. "Diaspora Problems" macht Spaß, ist aber auch herausfordernd.

Eine Lyrische Analyse der Musikindustrie

SOUL GLO nehmen wie gewohnt kein Blatt vor den Mund und sprechen Probleme direkt an. Auf dem neuen Album behandeln sie dabei die Musikindustrie, insbesondere aus der Sicht derer, die sie zum ersten Mal wahrnehmen. Auch künstlerische Selbstzweifel und Selbsthass, Themen wie der Umgang mit Traumata, finanziellen Problemen und deren Einfluss auf Künstler:innen sowie systemische Probleme wie staatliche Gewalt werden darauf thematisiert.

Dabei stellt der Titel "Diaspora Problems" die Probleme der afrikanischen Diaspora in den USA in den Vordergrund (drei Viertel der Band sind schwarz). Lyrisch bietet die Gruppe einen sehr breiten Einblick in deren Lebensrealität und beleuchtet unterschiedlichste Teilaspekte davon, wobei leichtherzige Referenzen die teils sehr ernsten Themen etwas auflockern.

Trotz der Ernsthaftigkeit der Themen spricht das Quartett diese mit Humor an und verpackt die Songs in ironische Titel oder Referenzen, wie "Jump! (Or Get Jumped!!!) ((by the future))" und allen voran "Driponomics" oder "Spiritual Level of Gang Shit". Das Album öffnet sogar mit einer Parodie auf das 20th Century Fox Intro, das "minimalistisch nachgestellt wird", um es so auszudrücken.

SOUL GLO bieten einen Einblick in das aktuelle politische Klima der USA und zeigen dabei eine Menge Humor, dem schlichte Beschreibungen oder Zitate nicht gerecht werden.

Fazit

Mit "Diaspora Problems" liefern SOUL GLO ein wegweisendes Hardcore-Album ab, das durch Innovation und Kreativität glänzt. Ob durch die gelungene Mischung aus (Oldschool) Hardcore mit einschlägigen weiteren Genres oder durch die lyrische und gesamte Präsentation; das neue Album ist eine Wucht, kann jedoch beim Hören überrumpeln und etwas erschlagen. Dennoch und vielleicht gerade deswegen ist es für Fans von Hardcore Punk ein Muss.

Die Tracklist zu "Diaspora Problems":

1. Gold Chain Punk (whogonbeatmyass?)
2. Coming Correct Is Cheaper
3. Thumbsucker
4. Fucked Up If True
5. Jump! (Or Get Jumped!!!) ((by the future))
6. Driponomics Feat. Mother Maryrose
7. (Five Years And) My Family
8. The Thangs I Carry (feat. BEARCAT)
9. We Wants Revenge
10. John J (feat. Kathryn Edwards and Zula Wildheart)
11. GODBLESSYALLREALGOOD
12. Spiritual Level Of Gang Shit (feat. McKinley Dixon and Lojii)

Marcel

Stile: Post-Hardcore, Metalcore, Mathcore, Hardcore, ein wenig Grindcore und Nu Metal

Bands: Enter Shikari, Letlive, Fever 333, Glassjaw, Vein, SeeYouSpaceCowboy, Sharptooth