Iron Maiden - The Final Frontier



Stil (Spielzeit): Heavy Metal (76:40)
Label/Vertrieb (VÖ): EMI (13.08.10)
Bewertung: 7,5/10

Link: http://www.ironmaiden.com
Geschlagene vier Jahre mussten IRON MAIDEN-Fans auf eine neue Langrille des britischen Heavy Metal-Flagschiffs warten – länger, als je zuvor. Hat sich das Warten gelohnt? Werden die immensen Erwartungen an die Metal-Legende erfüllt? Handelt es sich bei "The Final Frontier" um ein höchst durchwachsenes Album wie "Dance Of Death"? Die Antwort fällt auch nach vielen Hörduchgängen nicht leicht, denn das fünfzehnte Studioalbum steckt irgendwo dazwischen.

Zu Beginn macht sich Enttäuschung breit. "Satellite 15... The Final Frontier" wäre ein guter Opener, wenn der lockere, mehr klassisch-rockige als metallische Song mit gutem, wenn auch nicht überragendem Refrain nicht mehr als vier Minuten benötigen würde, um aus dem Schuh zu kommen. Das Intro aus spacigen Soundscapes, Tribal-artigen Drums und Dickinsons Sprechgesang hätten sich IRON MAIDEN besser gespart, um aus "Satellite 15" einen kurzen und hörenswerten Einstieg in das fünfzehnte Album zu machen. Das bereits seit mehreren Wochen bekannte "El Dorado" ist ein sehr durchwachsener MAIDEN-Song, der durch das Fehlen von griffigen Melodien und eines typischen Refrains nicht mitreißen kann. "Mother Of Mercy" klingt in den Strophen und der Bridge deutlich besser, in freudiger Erwartung eines großartigen Songs bekommt der Hörer dann jedoch nur einen sehr uninspirierten und verkrampften Chorus geboten. So viel zu den ersten drei Tracks, die weit von "Brave New World"-Format (nach wie vor das Referenzalbum nach der Reunion) und alten Klassikern entfernt sind und es auch nicht mit den besten Momenten auf "A Matter Of Life And Death" aufnehmen können.

Die gute Nachricht: Es bleibt nicht so! "Coming Home" besitzt einen Dickinson-Solo-Touch und ist eine wunderbare Halbballade, die sich lyrisch mit dem Fliegen beschäftigt und dem quirligen Sänger wie auf den Leib geschneidert scheint. Gänsehaut-Refrain, wunderbare Strophen, grandioser Soloteil – so müssen MAIDEN klingen. Das knackige "The Alchemist" mit leichten Spätachtziger-Anleihen und sehr hörenswertem Refrain ist mit viereinhalb Minuten die kürzeste Nummer des Albums, gefolgt von dem komplexen "Isle Of Avalon", das für mich trotz textlicher Nähe zur Artus-Sage im mystischen Anfangsteil wegen einiger wohldosierter Effekte so klingt, als ob man neben einem riesigen Raumschiff her fliegen würde und somit gut zum Science Fiction-Rahmen von „The Final Frontier" passt. Ein langer Beginn aus Becken, unverzerrten Gitarren, Bass und sporadischem Gesang sorgt für Spannung, und plötzlich nimmt der Song mit dem tollen "I can hear you can you hear me / I can feel you can't you feel me"-Part Fahrt auf. Es folgt eine ausladende Instrumentalpassage, ein Break erinnert sogar an "Seventh Son Of A Seventh Son". Dem etwas verschrobenen, vertrackten "Starblind" mus man ebenfalls einige Male seine Aufmerksamkeit schenken, damit es zündet - dann dank des epischen Refrains aber richtig. Sehr gut zu erkennen sind hier die hintergründigen Keyboards, die Atmosphäre schaffen.

IRON MAIDEN legen im Vergleich zum progressiven "A Matter Of Life And Death" in der zweiten Albumhälfte noch mal einen drauf, wie auch "The Talisman" beweist. Nach einem mit Akustikgitarren versehenen Intro galoppiert der Song MAIDEN-typisch durch das Weltall, stellt den Hörer aber bis zur fünften (!) Minute auf die Probe und packt dann erst einen Chorus aus, der zu den Höhepunkten von "The Final Frontier" zählt. Die Briten machen es ihren Fans mit ständigen Tempo- und Rhythmuswechseln aber auch nicht gerade einfach. "The Man Who Would Be King" beginnt vielversprechend mit stimmungsvollen Keyboards, einem sehr gefühlvoll singenden Dickinson und sphärischen Gitarren. Nachdem Murray und Smith (jaja, Gers auch) erneut beweisen, dass sie zu den besten Gitarristen im Metalbereich zählen, legt die lange Nummer inklusive eines völlig unerwarteten Breaks einen Zahn zu und fräst sich nach einigen Durchgängen in die Gehörgänge. Mit Harris' Herzstück „When The Wild Wind Blows", einem epischen Elfminüter mit tollen Melodien und bravouröser Instrumentalleistung, wird der Hörer sehr versöhnlich aus dem bislang am schwersten zugänglichen MAIDEN-Album entlassen.

„The Final Frontier" ist ein harter Brocken, mit dem man sich mehrmals intensiv beschäftigen muss. Neben Highlights finden sich auch durchschnittliche und zahnlose Arrangements auf dem fünfzehnten Studioalbum der eisernen Jungfrauen. Mit ein, zwei weiteren knackigen Nummern im Stil von „The Alchemist" und ohne unnötiges, viel zu langes Intro würde „The Final Frontier" wahrscheinlich um einiges besser zünden. Ein wenig mehr Abwechslung im Aufbau der epischen Stücke hätte der Platte sicher auch gut getan, ebenso etwas zurückhaltendere Vocals von Bruce Dickinson, der teils doch merklich am Limit singt.

So oder so: Richtig enttäuschen können IRON MAIDEN nicht, an die Klasse eines „Brave New World" (um im Reunion-Kontext zu bleiben) reicht das neue Album trotz einiger hochklassiger Songs aber nicht heran. Zumindest noch nicht, denn die Scheibe könnte durchaus noch ein wenig wachsen. Übrigens: Die Produktion ist kein Oberhammer, aber zumindest besser als erwartet und fällt nicht negativ auf.