Turilli / Lione Rhapsody - Zero Gravity (Rebirth And Evolution) Tipp

Turilli / Lione Rhapsody - Zero Gravity (Rebirth And Evolution)

Nachdem sich Luca Turilli und Fabio Lione zusammen mit Dominique Leurquin, Patrice Guers und Alex Holzwarth auf ihrer "20th Anniversary Farewell Tour" zum 20. Geburtstag von RHAPSODY eigentlich von ihren Fans verabschieden wollten, hatten die Musiker so viel Bock auf neue Musik, dass der Gitarrist und Sänger mit Turilli / Lione RHAPSODY kurzerhand eine neue Band im bekannten Line-up aus der Taufe hoben.

Mit "Zero Gravity (Rebirth And Evolution)" legt das Quintett, das Anfang der 2000er bis 2011 fünf Sechstel von RHAPSODY stellte, nun sein Debüt vor. Keybaords und Klavier übernahm Saitenflitzer Turilli. Aufgenommen wurde das Werk unter der Ägide von Simone Mularoni (DGM) in den Domination Studios in San Marino.

Die Wiedergeburt von RHAPSODY

Der Untertitel des Albums weist mehr als nur dezent auf Wiedergeburt und Evolution hin. Beides passt. Denn während RHAPSODY OF FIRE um Alex Staropoli weiterhin der Mittelalter-Drachentöter-Thematik frönen, hat das eingespielte Duo Turilli und Lione es geschafft, sich mit seiner Version von RHAPSODY neu zu erfinden – sowohl in den Texten, die sich um Metaphysik, (Para-)Psychologie, spirituelle Dinge und Mysterien drehen, als auch musikalisch.

Natürlich ist "Zero Gravity (Rebirth And Evolution)" vorrangig ein symphonisches, bombastisches und dramatisches Metal-Epos mit Orchester, Chören und Effekten, alles andere hätte sehr verwundert. Doch die seit mehr als 20 Jahren bekannten Elemente spielen sich auf einer moderneren Ebene ab, sind progressiver und überraschen mit ethnischen Einflüssen aus Tibet, Persien und Indien. Ebenso unerwartet wie wundervoll erklingen zudem gelungene Verbeugungen vor QUEEN.

Mitreißender Bombast und eingängige Melodien auf höchstem Niveau

Das von Dominique Leurquin, Patrice Guers und Alex Holzwarth geschaffene, felsenfeste Metal-Fundament wird von Keyboards und Luca Turillis Licks und Soli garniert, die weniger aufdringlich wirken als in vergangenen Zeiten. Absolut beeindruckend ist Fabio Lione, der auf diesem Album zweifellos seine bislang stärkste Gesangsleistung abliefert. Wer tatsächlich an dem Sänger gezweifelt haben sollte, bekommt im klassisch-dramatischen "Amata Immortale" den besten Beweis dafür, was für ein großartiger Sänger mit Opern-Format (!) Lione ist.

Vom mitreißenden Opener "Phoenix Rising" und dem eingängigen Ohrwurm "D.N.A. (Demon And Angel)", bei dem AMARANTHE-Sängerin Elize Ryd perfekt mit Lione harmoniert, über den opulenten Titeltrack und das progressive "Fast Radio Burst" bis zum höchst abwechslungsreichen "I Am" und den dramatischen Abschluss "Arcanum (Da Vinci's Enigma)" zelebriert das Quintett seinen symphonischen Metal mit einer solchen Inbrunst und Spielfreude, dass es einfach unfassbar viel Spaß macht, zuzuhören. Dass dabei großartige Melodien, epische Momente und Ohrwurm-Refrains en masse auf den Hörer einprasseln, ist da fast schon selbstverständlich.

Ein ganz besonderes Highlight stellt "Decoding The Multiverse" dar: Eine anfangs verspielte, dann höchst leidenschaftlich umgesetzte Piano-Melodie macht aus dem fünften Albumtrack ein atemberaubendes Erlebnis. Einzig das hinter dem orchestralen, epischen Zwischenspiel "Origins" (hey, Joey DeMaio: so lässt man ein Orchester aus der Konserve klingen, ohne dass es künstlich wirkt) platzierte "Multidimensional" wirkt im Vergleich zum restlichen Material ein wenig unscheinbar.

Turilli / Lione RHAPSODY: Absolute Pflicht für Symphonic-Metal-Freunde

Als weitere Gäste sind neben Ryd übrigens Mark Basile (DGM), Sascha Paeth (AVANTASIA) und – Achtung – Arne Wiegand von SANTIANO zu hören. Der Sound, von Turilli selbst als "die beste Produktion, die wir jemals hatten" bezeichnet, klingt mir einen Hauch zu klinisch – vor allem die Drums hätten ein wenig mehr Druck vertragen können. Abgesehen davon sind sowohl die Bandmitglieder (es macht immer wieder Spaß, dem akzentuierten Bassspiel von Guers zu lauschen) als auch Keyboards, Orchester und Chöre gleichberechtigt nebeneinander zu hören.

Bislang hielt ich "The Frozen Tears Of Angels" für das stärkste Werk im jüngeren RHAPSODY (OF FIRE)-Kosmos. Mit ihrer gelungenen Wiedergeburt stehen Turilli / Lione RHAPSODY kurz davor, das 2010 erschienene Album vom Thron zu stoßen. "Zero Gravity (Rebirth And Evolution)" ist Pflichtprogramm für alle Freunde des opulent orchestrierten Symphonic Metals – und erst recht für alle Anhänger des Turilli-Sounds!

"Zero Gravity (Rebirth And Evolution)" Trackliste

01. Phoenix Rising
02. D.N.A. (Demon And Angel)
03. Zero Gravity
04. Fast Radio Burst
05. Decoding The Multiverse
06. Origins
07. Multidimensional
08. Amata Immortale
09. I Am
10. Arcanum (Da Vinci's Enigma)

Turilli / Lione RHAPSODY Line-up:

Luca Turilli | Gitarre, Keyboard, Klavier
Fabio Lione | Vocals
Dominique Leurquin | Gitarre
Patrice Guers | Bass
Alex Holzwarth | Drums