Atlas Losing Grip - Currents Tipp

Atlas Losing Grip - Currents
ATLAS LOSING GRIP verabschieden mit ihrem dritten Album Sänger Rodrigo Alfaro – und das mit einer melodischen Wucht, die mich bereits beim ersten Hören von "Currents" geplättet hat. Ohne die beiden ersten Longplayer zu kennen, muss ich sagen, dass auf diesem Werk wirklich alles stimmt, was man sich von einer Truppe wie ATLAS LOSING GRIP wünschen kann.

Und das wäre? Eine gehörige Portion melodischer Punk, gepaart mit großartigen Bassläufen, betont variablen Drums, und straighten Riffs – also einer gehörigen Portion Heavy Metal, die sich vor IRON MAIDEN und frühe METALLICA verbeugt. Immer ganz vorne dabei: Melancholische Melodien und der eindringliche, mit hohem Wiedererkennungswert gesegnete Gesang von Rodrigo Alfaro, dessen Nachfolger Niklas Olsson schon in den Startlöchern steht und der auf der Tournee zu "Currents" seinen Band-Einstand geben wird. ATLAS LOSING GRIP erinnern stellenweise an eine härtere Ausgabe von RISE AGAINST oder eine erwachsenere Version von SUM 41, die einen ähnlichen Stilmix bereits auf dem großartigen "Chuck" präsentiert haben. ATLAS LOSING GRIP machen es aber noch besser!

Die Schweden, die in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bandjubiläum feiern, sind keine gewöhnliche Punkband. Davon zeugen der sechsminütige, abwechslungsreiche und epische Opener "Sinking Ships" mit feinen MAIDEN-Leads, deftigen Gitarren und wunderbaren Harmonien, der Punk meets Speed Metal-Überflieger "Nemesis", von dessen Energie sich manch gestandene Metal-Kapelle eine dicke Schneide abschneiden kann, und der kurze, aber heftige Uptempo-Ohrwurm "Downwind". Daneben stehen abwechslungsreiche Nummern wie das poppige "The Curse", das positive, dennoch harte Liebesbekenntnis "Through The Distance", der Midtempo-Brecher "Kings And Fools" oder das düstere "The End". Mit "Closure" spendieren uns ATLAS LOSING GRIP sogar eine melancholische Gänsehaut-Ballade, die mit Akustikgitarren, Cello und einem mehrstimmigen Wahnsinns-Chorus schwer auf die Tränendrüse drückt. Alfaro ist bei dieser Nummer in absoluter Bestform, sein raues, dennoch melodisches Organ und die Lyrics erzeugen eine ganz besondere Stimmung, der sich nur ein Eisklotz entziehen kann.

Und selbst ein Longtrack (!) hat es auf die CD, die übrigens in einem sehr schicken Digipack mit dickem Booklet erscheint, geschafft: Das elfminütige "Ithaka" beginnt mit D:A:D-artigen Westerngitarren, schnuppert dann mit doppelläufigen Lead-Gitarren erneut etwas MAIDEN-Luft und wartet im Midtempo mit knackigen Riffs und einem typischen melodischen Chorus auf, bis am Ende akustische Gitarren den Hörer aus einer spannenden Reise durch das von Metaleinflüssen gekreuzte Punk-Universum entlässt.

Auch die über 65 Minuten Spielzeit, die "Currents" bietet, sind für eine Punk-Platte äußerst ungewöhnlich. Ab und zu schleichen sich ein paar Längen ein, manche Songs zünden direkt, andere wollen entdeckt und liebgewonnen werden. Aber in seiner Gesamtheit ist das dritte ATLAS LOSING GRIP-Album ein absoluter Volltreffer des noch jungen Jahres 2015, das mit dem richtigen Wechselspiel aus Melancholie, Melodie und Eiern einen extrem guten Spagat zwischen melodischem Punk und Metal schafft.