Agalloch – Marrow Of The Spirit Tipp


agalloch-marrowofthespirit


Stil (Spielzeit): Black Metal, Pagan Metal, Ambient (65:33)
Label/Vertrieb (VÖ): Viva Hate Records (19.11.2010)
Bewertung: 9/10

Link: www.myspace.com/agalloch

Vier Jahre nach dem grandiosen „Ashes Against The Grain“ melden sich die Naturliebhaber AGALLOCH zurück. In der Zwischenzeit wurde die eher krude Neofolk-EP „The White“ veröffentlicht, der neue Drummer (und im Gegensatz zu seinem Vorgänger festes Bandmitglied) Aesop vorgestellt und unter anderem auch eine Europatour gespielt, deren Deutschland-Termine ich leider verpasst habe.

Was aber nicht schlimm ist, denn am besten funktioniert die Musik des Quartetts aus Portland immer noch bei Dunkelheit und von Platte. Wo „Ashes Against The Grain“ noch doomig-progressiven Metal mit minimalistischen Rhythmen, rauchig-warmen Gitarren und viel Drive bot, geht der neue Output „Marrow Of The Spirit“ mehr in Richtung des Vor-Vorgängers „The Mantle“.
Nach knapp vierminütigem Intro, das auf sparsamste Weise von einem einzelnen Cello dargeboten wird, überrollt den Hörer zunächst eine Black-Metal-Attacke mit rasenden Shreds und rumpelnden Blastbeats. (Hierbei wird auch gleich der erste – und zum Glück einzige – Wermutstropfen offenbar: Aesop kann keine Blastbeats spielen und ist auch sonst ein eher mittelmäßiger Drummer.) „Into The Painted Grey“ erweist sich danach aber doch als gelungenes Epos, in dessen zwölf Minuten Verlauf eine düster-bedrohliche Atmosphäre mit paganistisch-mystischen Chören und Minor-Akkorden aufgebaut wird. Der Großteil spielt sich im Midtempo ab, auf technische Finessen wird verzichtet. Auch das zu Beginn noch nervende Schlagzeug fängt sich und etabliert sich als knarzender Taktgeber der Dunkelheit.

„The Watcher's Monolith“ ist ein überwiegend akustisch gehaltenes Stück heidnischer Naturbeschreibungen und erinnert stark an „The Mantle“. Daran schließt sich das siebzehnminütige Epos „Black Lake Niðstång“ an – ein auch nach zehn-, zwanzigmaligem Hören noch unbeschreibliches Kleinod, dessen grandioser ambient-artiger Mittelteil jedes Mal von Neuem überwältigt. Katharsis für die Hörorgane, Kopfkino par excellence!
„Ghosts Of The Midwinter Fires“ und „To Drown“ bilden anschließend den Ausklang, zum Ende findet auch das Cello aus dem Intro seine Reprise.

Die Faszination der Musik von AGALLOCH zu beschreiben, ist schwer. Denn auf den ersten Blick erscheinen viele Riffs einfallslos, das Drumming oft neben der Spur, die Gesänge stets etwas schief und, und, und. Jedoch umgibt die Alben der Amerikaner eine starke Aura der Naturverbundenheit, des Heidentums, aber auch der Düsternis. Der dramatische Spannungsbogen von „Marrow Of The Spirit“ greift schon beim ersten Hören und wirkt auch bei höchster Konzentration vernebelnd und beängstigend schön.