Schandmaul - Unendlich

Schandmaul - Unendlich
2013 feierten SCHANDMAUL ihr 15-jähriges Bestehen mit einem zweitätigen Festival in Köln und einer Quasi-Best Of namens “So weit, so gut”, die neu aufgenommene Versionen alter Songs enthielt. 2014 folgt drei Jahre nach “Traumtänzer” nun das nächste reguläre Studioalbum des Sextetts aus München, bei dem Fans der Formation bedenkenlos zugreifen können. Alle anderen, die auf eine abwechslungsreiche Mischung aus Rock, Folk und Mittelalter-Elementen stehen, ewerden jedoch enttäuscht.

Im Gegensatz zu den räudigen Hunden von IN EXTREMO, bei denen die Gitarren stets fett braten, haben sich SCHANDMAUL schon immer ein wenig zahm gegeben. Das trifft auch auf das achte Studioalbum der Bayern zu. Im Vordergrund stehen Violine und Flöte, der Folkanteil ist sehr hoch. Die Stromgitarren auf “Unendlich” klingen flauschig und sind oft in den Hintergrund gemixt worden, dazu kommt der einlullende Singsang von Thomas Lindner, der erneut den fröhlich vor sich hin plappernden Märchenonkel gibt - kein Wunder also, dass SCHANDMAUL im Vergleich zu anderen Mittelalter-Bands arg kitschig wirken. Die Sparte der balladesken Töne, ruhigen Feuerzeug-Momente, einschmeichelnder Melodien und schön-schmalziger Vocals beherrschen SCHANDMAUL jedoch wie kaum eine andere Band in diesem Genre.

Das ist zumindest mir auf Dauer aber zu viel, weshalb zackigere Tracks wie “In deinem Namen”, “Saphira” oder das epische “Märchenmond” (mit seinen Melodiebögen und ausladendem Gitarrensolo ohne Zweifel der krönende Abschluss und Höhepunkt des Albums) wie der Strohhalm für Ertrinkende im Kitsch-See erscheinen und auch bitter nötig sind. Handwerklich ist das, was SCHANDMAUL auf ihrem achten Album abliefern, gewohnt gut und professionell: Die Produktion stimmt, Thomas Lindners Gesang hat sich verbessert, die Texte sind passend, abwechslungsreich und behandeln neben historischen Ereignissen auch aktuelle Themen (“Bunt und nicht braun”). Für mich geht die Band allerdings insgesamt viel zu sehr auf Nummer sicher und spult ohne große Überraschungen ihr gewohntes Programm ab.

Versucht man, SCHANDMAUL mit anderen Bands aus ähnlichen Genres zu vergleichen, kommt Folgendes dabei heraus: Die Bayern sind lange nicht so hart und schmutzig wie IN EXTREMO, nicht so abwechslungsreich und wandelbar wie SALTATIO MORTIS, aber auch nicht so ruhig und bedächtig wie FAUN. SCHANDMAUL sitzen zwischen allen Stühlen; “Unendlich” erweckt auf mich deshalb den Eindruck, es allen recht machen zu wollen. Das werden die Musiker in Bezug auf ihre eingefleischten Fans und Gelegenheitshörer, die sich an einer kitschigen Verschmelzung von Folk, ein bisschen Mittelalter und weichgespültem Rock ergötzen, auch tun. Anhänger mit kritischem Ohr werden aber nicht umhin kommen, einen kreativen Stillstand festzustellen, mit dem sich SCHANDMAUl (noch) passabel aus der Affäre ziehen. Ob das allerdings auch in Zukunft noch klappt, muss sich zeigen.