Hassliebe - Niemandsland



Stil (Spielzeit): Deutschrock/Punk (53:42)
Label/Vertrieb (VÖ): Südpol Records/Alive (19.02.10)
Bewertung: 6,5/10

Link: http://www.hassliebe.de
Deutsche Bands haben es bei mir immer ein bisschen schwer. Zu groß sind die Schatten der großen und erfolgreichen deutschsprachigen Bands, und viel zu oft geht eine Band mit Texten in der Landessprache baden. HASSLIEBE machen mir ihrem Debüt eine rühmliche Ausnahme, können musikalisch absolut überzeugen und blamieren sich mit ihren Texten wenigstens nicht so sehr wie andere Acts – aber dazu später mehr.

HASSLIEBE bestehen aus Sänger und Bassist Daniel Frisch, Gitarrist Manuel Gläser und Drummer Klaus Müller. Ihr Deutschrock mit Punk- und Metalelementen wurde von DIE TOTEN HOSEN-Stammproduzent Jon Caffrey sehr ansprechend in Szene gesetzt, soll heißen: Der Sound "von "Niemandsland" drückt äußerst gut. Die fetten Gitarren braten ordentlicher, als man es von einem Newcomer gewöhnt ist, Drums und Bass sorgen für einen vollen Rhythmus, und darüber ist die Stimme von Daniel Frisch zu vernehmen, die angenehm rau, aber nicht zu alkoholgeschwängert klingt. Als musikalisches Vorbild hat man sich hörbar die BÖHSEN ONKELZ auserkoren, im Gegensatz zu anderen Bands klingt das Trio aber keineswegs wie eine billige Kopie. Es sind hauptsächlich bestimmte Gitarren und allgemein das Feeling mancher Songs, das einen nicht an ein bestimmtes Album, sondern einen ONKELZ-Querschnitt denken lässt. Dazu klingt Frisch ein wenig nach Stephan Weidner, seine Stimme hat aber eine sanftere Färbung. Die Bands, die mir das Infoblättchen in Bezug auf Gläsers (gutes!) Gitarrenspiel schmackhaft machen will, sind zwar maßlos übertrieben (nein, mit QUEEN hat das bestimmt nichts zu tun...), aber egal – eigentlich geht es ja eh hauptsächlich um die Songs, und die sind zu drei Viertel absolute Volltreffer. "Schwarzer Engel" stellt einen perfekten Opener dar, der wie auch "Mein letzter Wille" von einem enorm melodischen Chorus getragen wird. Das haben HASSLIEBE definitiv drauf, wie auch die Single "Wo bist du", "Stopp die Zeit" oder mein Favorit, der Titeltrack, ganz deutlich zeigen. Diese Refrains stecken schon nach einmaligem Hören tief in den Gehörgängen und gehören für mich zum Besten, was ich aus der Deutschrock-Ecke seit langem vernehmen konnte. Auch das achtminütige "Warum" schindet Eindruck.

Demgegenüber stehen mit "Schöne neue Welt", "Licht" und "Mit dir" Nummern, die musikalisch teils höchstens durchschnittlich, teils ok, aber textlich absolut grausig sind. Vor allem letzterer Song ist mit seiner übertrieben fröhlichen Stimmung überhaupt nicht gelungen. Überhaupt sind die Texte der Knackpunkt dieser Scheibe, der dafür sorgt, dass die ansonsten sehr ansprechende CD nicht eine noch höhere Wertung bekommt. Neben holprigen Reimen, vor denen jeder Grundschüler Reißaus nehmen würde, und grammatikalischen Fehlern sind es abgedroschene, schon tausendmal gehörte Phrasen, die HASSLIEBE hier ein wenig zu penetrant bemühen. So klaut man indirekt bei RAMMSTEINs "Ich will"-Mitsingspiel, und mit "Nur die Besten sterben jung" und einigen anderen Textzeilen scheinen die ONKELZ dann doch zu deutlich durch.

Damit das niemand falsch versteht: Die Texte sind beileibe nicht durchgehend schlecht oder immer nur höchstens durchschnittlich und behandeln auch wichtige Themen, doch es gibt mehr Ausreißer nach unten als nach oben. Wenn HASSLIEBE noch stark an ihrer lyrischen Seite feilen, könnte das nächste Album ein ganz großes Ding werden. Musikalisch (sowohl hart, mitsingkompatibel und melodisch) ist "Niemandsland" nämlich großartig.