Geschrieben von Donnerstag, 29 November 2018 07:35

Review Special: Hammerheart Records veröffentlicht NECROPHOBIC-Box „Satanic Prophecies“

Mit "Mark of the Necrogram" haben die schwedischen Black Deather von NECROPHOBIC dieses Jahr eine Granate veröffentlicht, die zum Besten gehört, was extremer Metal 2018 zu bieten hat. Allen, die die Band durch dieses Album neu- oder wiederentdeckt haben, bietet sich jetzt die Gelegenheit, die Plattensammlung um die Frühwerke der Skandinavier zu erweitern. Denn unter dem Namen "Satanic Prophecies" hat Hammerheart Records eine Box veröffentlicht, die neben Remasterings der ersten vier Alben im Digipak auch eine CD mit den ersten Demoaufnahmen der Band sowie der 1993 veröffentlichten EP "The Call" enthält. Wir haben eine Box bekommen und nochmal für Euch in die Scheiben reingehört.

"The Nocturnal Silence" (1993) – Dracula und ein bisschen Mozart

Die 1989 gegründete Death-Metal-Band aus Stockholm war schon einige Jahre im Geschäft, bis sie 1993 ihr Debütalbum "The Nocturnal Silence" veröffentlichte. Angetreten waren NECROPHOBIC mit der Mission, den Todesblei ihrer Landsmänner in düsterere Abgründe hinabzusenken und der Plan ging voll auf. Denn die erste Platte ist ein Stück purer und roher Bosheit, auf der die Band traditionellen, schwedischen Death Metal mit Einflüssen der zweiten Black-Metal-Welle verschmilzt.

"The Nocturnal Silence" entstand in einer Zeit, als DARKTHRONE, IMMORTAL und MAYHEM Hochkonjunktur hatten – und das hört man NECROPHOBICs Erstling auch an. Räumlich klingendes Drum-Inferno, flirrende Riffsalven, satanische Lyrics – die Platte scheint direkt im Höllenfeuer geschmiedet worden zu sein. Zudem spielt die Band hin und wieder auch mit Keyboard-Sounds, wie etwa auf dem Titelstück.

Necrophobic - The Nocturnal Silence

Doch trotz aller Schroffheit und Brutalität überzeugen die Songs auch durch ein gewisses Maß an Melodik, wofür insbesondere (der leider bereits 2013 verstorbene) David Parland mit seiner überragenden Lead-Gitarrenarbeit und eingängigen Soli verantwortlich zeichnet ("Before the Dawn", "Sacrificial Rites"). Abgerundet wird das gelungene Debüt durch die markanten Vocals von Anders Strokirk, dessen stimmliches Repertoire von grabtiefen Growls bis zu höherem, schwarzen Gefauche reicht.

Fun Fact: NECROPHOBIC danken im CD-Booklet unter anderem Darcula, W.A. Mozart und J.S. Bach – vielleicht eine Erklärung für die wirkungsvolle und etwas eigene Sound- und Stil-Mischung des Quartetts.

Tracklist

1. Awakening...
2. Before the Dawn
3. Unholy Prophecies
4. The Nocturnal Silence
5. Inborn Evil
6. The Ancients Gate
7. Sacrificial Rites
8. Father of Creation
9. Where Sinners Burn

"Darkside" (1997) – Kälter, düsterer, schwärzer

Vier Jahre später veröffentlichten NECROPHOBIC ihr Nachfolgewerk, bei dem besetzungstechnisch erst einmal bunt durchgemischt wurde. Bassist Tobias Sidegård trat an den Vocals die Nachfolge von Anders Strokirk an (der erst auf dem aktuellen "Mark Of The Necrogram" wieder zu hören ist) und liefert mit seinem Gekrächze in hohen und tiefen Tonlagen auf "Darkside" den Beweis, dass er den Platz am Mikro würdig zu besetzen weiß. Die Gitarristen Sebastian Ramstedt und Martin Halfdan stießen neu dazu und David Parland stellte sich erstmal neuen Herausforderungen, u.a. bei INFERNAL und DARK FUNERAL.

Musikalisch bietet auch das zweite Album der schwedischen Satans-Anbeter die bandtypische Verbindung von Death und Black Metal, setzt aber diesmal deutlich mehr schwarzmetallische Akzente und wirkt eine Spur düsterer und kühler, als das Debüt. In ihren Texten (die zugegebenermaßen nicht immer höchsten lyrischen Ansprüchen genügen) nehmen NECROPHOBIC weiterhin kein Blatt vor den Mund: "Fuck your God" heißt es beispielsweise in "Bloodthirst", das als überzeugender rhythmischer Midtempo-Brecher das schnelle, schonungslose Gemetzel von "Black Moon Rising", "Spawned by Evil" und "Christian Slaughter" erfrischend kontrastiert.

Necrophobic - Darkside

Auf dem pechschwarzen "Nailing the Holy One", mit alles zerschreddernden Gitarrenriffs, stellt sogar der berüchtigte Jon Nödtveidt (DISSECTION) seine Stimme zur Verfügung und liefert sich ein imposantes Growl-Duell mit Tobias Sidegård.

Mit den melancholisch-instrumentalen, aber nicht ausufernden Keyboard-Stücken "Venaesectio" und "Descension" zeigen NECROPHOBIC einmal mehr, dass sie auch ein Gespür für melodische Harmonien haben und in Kombination mit dem Gitarren-Instrumental "Nifelhel" tragen sie einen beträchtlichen Teil zur obskur-finsteren Atmosphäre bei, die durch den von Glockenschlägen, Regen-, Wind und Donnergeräuschen begleiteten Hidden-Track "Nema" einen würdigen Abschluss dieser klirrend-kalten Platte findet.

Tracklist

1. Black Moon Rising
2. Spawned by Evil
3. Bloodthirst
4. Venaesectio (Episode One)
5. Darkside
6. The Call
7. Descension (Episode Two)
8. Nailing the Holy One
9. Nifelhel (Episode Three)
10. Christian Slaughter
11. Nema (Hidden track)

"The Third Antichrist" (1999) – Infernalischer Flammenwerfer

"Never change a winning team" hieß die Devise für das dritte Werk – denn diesmal hielten NECROPHOBIC am Line-up des Vorgängeralbums fest und gingen auch auf "The Third Antchrist" nicht minder aggressiv zu Werke. Nach "Rise of the Infernal", einem gewohnt stimmungsvollen, aber ungewohnt langen Instrumental-Song, knallt uns das Quartett mit "The Third Arrivals" gleich ein brutal-brachiales Brett vor den Latz, dass es nur so scheppert: "666 – we vomit on the crucifix" – klare Kampfansage einer Band, die ihren Stil mit jedem Album etwas verfeinert und auf der Platte noch eine Spur abgeklärter zu Werke geht.

Die Flammen auf dem Album-Cover (man beachte den Kontrast zum eher frostig wirkenden Artwork des zweiten Albums) sind Programm: NECROPHOBIC brennen ein energiegeladenes Feuerwerk aus tiefgestimmten Todesblei-Äxten, schwarz-flirrendem Tremolo-Riffing, ballernden Blast-Beats und Black-Metal-Gekeife ab – dem Hörer wird gewaltig eingeheizt mit einer Scheibe, deren Sound etwas wärmer wirkt, als auf "Darkside".

Necrophobic - The Third Antichrist

Egal ob "Frozen Empire", "Into Armageddon" oder "Eye of the Storm" – das Gaspedal wird die meiste Zeit gewaltsam durchgetreten. Ab und an gönnt uns die Band dann aber doch eine Verschnaufpause und lässt stimmungsvolle Arrangements in ihre Songs einfließen ("Isaz", "He Who Rideth in Rage", "Demonic").

Bemerkenswert ist einmal mehr die Gitarrenarbeit: Riffs unterschiedlichster Melodik und Geschwindigkeit, mal mit fettem, mal mit dünnerem Sound werden zu einer atmosphärischen Soundwand verschmolzen, die auf dieser Platte besonders kraftvoll und dicht klingt.

Nach dem gespenstig-nebulösen Outro "One Last Step into the Great Mist" ist die erbarmungslose Raserei vorüber – und obwohl man erschöpft und geplättet in sich zusammensinken kann, folgt man des Teufels Order und drückt erneut den Play-Button.

Tracklist

1. Rise of the Infernal
2. The Third of Arrivals
3. Frozen Empire
4. Into Armageddon
5. Eye of the Storm
6. The Unhallowed
7. Isaz
8. The Throne of Souls Possessed
9. He Who Rideth in Rage
10. Demonic
11. One Last Step into the Great Mist

"Bloodhymns" (2002) – Dienst nach Vorschrift, auf beachtlichem Niveau

Alles beim Alten? Nicht ganz. Johan Bergebäck ersetzt Martin Halfdan an der Rhythmus-Gitarre. Ansonsten gehen NECROPHOBIC auch auf "Bloodhymns" ihre abgründigen Pfade unbeirrt weiter. Fokussiert, okkult und gnadenlos zimmern die mittlerweile routinierten Black Deather ihre blutigen Hymnen zusammen.

Allerdings wirkt das Album nicht ganz so entfesselt-brachial, wie das extrem hitzige "The Third Antichrist". Eingängige Rhythmen und Komplexität werden auf dem vierten Werk etwas mehr akzentuiert. Die Band geht für ihre Verhältnisse – zumindest stellenweise – etwas bedächtiger zu Werke, was Songs wie "Shadowseeds" oder "Roots of Heldrasill" aber auch eine immense Intensität und einen packenden Groove verleiht.  

Necrophobic - Bloodhymns

Die Schärfe und Essenz des NECROPHOBIC‘schen Sounds und Songwritings hat durchaus weiterhin Bestand, es geht immer noch brutal und temporeich zur Sache. "Morningsoul" bringt mit seinem Tempowechseln unüberhörbar zum Ausdruck, dass die Schweden nach wie vor in der Lage sind, wutentbranntem Jähzorn nachdenklich-harmonische Einschübe entgegenzusetzen.

Wer bahnbrechende neue Klänge und eine soundtechnische Weiterentwicklung erwartet, wird diese auf "Bloodhymns" nicht finden. NECROPHOBIC machen im Prinzip das, was sie immer machen. Aber wer mit dieser Art der Verschmelzung von Death und Black Metal zu packen ist, macht auch mit Album Numero Vier nichts verkehrt.

Tracklist

1. Taste of Black
2. Dreams Shall Flesh
3. Act of Rebellion
4. Shadowseeds
5. Mourningsoul
6. Helfire
7. Cult of Blood
8. Roots of Heldrasill
9. Blood Anthem
10. Among the Storms

"Satanic Prophecies" – Alle NECROPHOBIC Songs von 1989 bis 2002

Das i-Tüpfelchen dieser Box ist das fünfte Digipak "Satanic Blasphemis": Auf der CD sind sowohl die sechs Demo-Songs der Band, als auch die drei Stücke der 1993 erschienenen EP "The Call" enthalten und komplettieren damit die gesammelten NECROPHOBIC-Werke von 1989 bis 2002.

Der Sound der Remasters kommt kraftvoll und dicht daher, was perfekt zu den skandinavischen Meistern des Klänge-Mixes passt. Er bietet den passenden Rahmen für eine Musik, der trotz der schwarzmetallischen Elemente ein etwas fetterer Sound gut zu Gesicht steht.

Die Digipaks, auf denen die Cover-Artworks immer besser zur Geltung kommen als auf Booklets hinter der Plastikhülle von Jewel Cases, sowie der Pappschuber mit silbernem Prägedruck sind wertig aufbereitet und im CD-Regal ein Hingucker. Die Booklets sind allerdings recht rudimentär gehalten und beinhalten neben den Songtexten und einem Bandfoto leider keine weiteren Informationen oder Interviews, in denen die Band auf ihre ersten Songs und Alben zurückblickt. Hier wäre die ein oder andere Erklärung oder Produktionsnotiz seitens der Musiker spannend zu lesen gewesen.

Insgesamt handelt es sich bei "Satanic Prophecies" aber um einen lohnenswerten Release. Vor allem diejenigen, die bislang nicht viel oder gar nichts aus dem NECROPHOBIC Backkatalog besitzen, können das jetzt mit einer angemessen gestalteten Box nachholen.