Motörhead - Aftershock (Tour Edition)

Motörhead - Aftershock (Tour Edition)
Nachdem MOTÖRHEAD nach Veröffentlichung ihres letzten Studioalbums "Aftershock" eine erzwungene Pause einlegen mussten, weil es alles andere als gut Lemmy stand, ist das Trio Gott sei Dank wieder zurück auf der Bühne. Das ist im Hinblick auf Lemmys Alter und seinen Lebensstil alles andere als selbstverständlich, so dass die Plattenfirma gute Gründe dafür sah, das nicht mal ein Jahr alte „Aftershock" als Touredition mit Bonus CD erneut ins Rennen zu schicken und auf zahlreiche Käufer zu hoffen.

Als zusätzlicher Kaufgrund neben dem extrem guten Studiowerk (Review zu "Aftershock"), dessen erneute detaillierte Besprechung ich mir hier ersparen kann, wird eine Live-CD namens "Best Of The West Coast Tour 2014" angeboten. "Oh Gott, nicht noch ein MOTÖRHEAD-Livealbum!" – so oder ähnlich könnten Fans aufstöhnen, denen bereits die "Everythoung Louder"-Livereleases zu viel des Guten waren (ich zähle mich ebenfalls dazu). Doch einerseits ist das Material, das während der erst wenige Monate zurückliegenden Nordamerika-Tour aufgenommen wurde, noch taufrisch, und andererseits konnte man nicht unbedingt erwarten, das eingespielte Trio überhaupt noch mal live auf der Bühne erleben zu können. Einen gewissen historischen Wert hat dieser Livemitschnitt also durchaus. Zudem – und das dürfte dann wohl den größten Anreiz für potentielle Neukäufer von "Aftershock" sein – befindet sich mit "Lost Woman Blues" einer der besten und ungewöhnlichsten Nummern des letzten Studioalbums in der Trackliste. Zugleich ist der pure Bluesrocker auch der einzige neue Song in der Setlist, an der man sich mittlerweile wirklich satt gehört hat.

Aber reicht gerade mal ein neuer, in der Liveversion ungehörter Song als Kaufgrund für Besitzer des ursprünglich veröffentlichten Albums aus? Ich meine nein, denn die üblichen Klassiker – angefangen von "Damage Case", "Stay Clean" und "Metropolis" über "Doctor Rock", "Over The Top" und "The Chase Is Better Than The Catch" bis hin zu "Killed By Death", "Ace Of Spades" und "Overkill" – sind sattsam bekannt. Außerdem hatten die Jungs bei den mitgeschnittenen Auftritten nicht unbedingt immer ihren besten Tag, insbesondere Lemmy krächzt stellenweise aus dem letzten Loch und stemmt hohe Passagen nur noch mit extrem viel Mühe. Der einmal mehr von Cameron Webb aufpolierte Sound klingt roh und pur, steckenweise aber auch ganz schön schief. Dafür konnte man wohl vorher noch niemals so deutlich Phil Campbells Backing Vocals raushören.

Wer "Aftershock" (und das ist ein Fehler!) und zugleich noch keine aktuelle MOTÖRHEAD-Livescheibe sein Eigen nennt, erhält mit der Tour Edition die wunderbare Möglichkeit, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Für alle, die das nach wie vor aktuelle Studiowerk bereits besitzen und die Schanuze voll von Live-Releases haben, sehe ich absolut keine Veranlassung, sich das Teil nochmal zu besorgen.