Kingcrow - The Persistence Tipp

Kingcrow - The Persistence

Mit „The Persistence“ veröffentlichen die Italo-Progger KINGCROW ihr siebtes Album via Sensory Records. Mit jedem Album haben sich KINGCROW einen Schritt weg von ihren Metal-Wurzeln bewegt und werden heute als eine der aufregendsten Bands angesehen, die die italienische Prog-Szene zu bieten hat. Bei Italien und Prog werden sofort Assoziationen zu den angestaubten Werken von 70er-Kollegen geweckt, mit denen KINGCROW allerdings nur sehr wenig am Hut haben. Einflüsse verschiedenster Musikrichtungen von Prog-Rock, Ambient, Alternative Rock und Metal werden zu einem modernen New Artrock verarbeitet.

Im Opener „Drenched“ übernehmen nach sphärischen, perlenden Keyboards bedrohliche Twin-Guitar-Attacken von Diego Cafolla und Ivan Nastasi die Führung, bis Sänger Diego Marchesi, begleitet von freudigen Pianoakzenten, mit erhabener Stimme einen melodischen Gegenpol schafft und einen optimistischer stimmen lässt.

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„Stell dir vor, Midge Ure singt bei PORCUPINE TREE“

„Closer“ verzichtet nicht auf eine ähnliche Rezeptur, kommt allerdings wesentlich düsterer daher. Hier fällt mir zum ersten Mal eine Ähnlichkeit zu einem komplett anderen Genre auf, bei der ich mich zu einer kurzen Beschreibung des ganzen Albums hinreißen ließe: „Stell dir vor, Midge Ure singt bei PORCUPINE TREE.“ Über die heftigen Riffs aus den Metal-geprägten Alben von Steven Wilsons Band legen sich ein dunkler Keyboard-Teppich und die geschmeidigen Vocals des Sängers von ULTRAVOX aus 80er New-Romantics-Zeiten.“ Der Song entlädt sich in einem tieffrequenten Djent-Gewitter, bis eine PORCUPINE TREE-Gedächtnis-Akustische versöhnliche Töne anschlägt.

Aus dem schweren bebenden Piano-/„Cello“-Sound vom langsameren, ruhigeren „Everything Goes“ befreien sich cleane Gitarrentöne, zu denen sich eine einfache fiepende Keyboardlinie gesellt – alles schön mit atmosphärischem, choralem Grundrauschen unterlegt und einem rockigen Finish veredelt.

New Artrock auf einem neuen Level

Was sich in den ersten drei Songs angekündigt hat, offenbart sich in den nächsten drei 7-Minuten-Longtracks: KINGCROW durchlaufen einen Wandel vom klassischen Prog Metal hin zu einem zeitgemäßen New Artrock. Das ist vor allem dem überragenden Spiel von Keyboarder Cristian Della Polla geschuldet, der die Songs der Römer auf dezente Art auf ein neues Level hebt.

Ob als flächendeckende Hintergrund-Bemalung oder akzentuierte Tupfer in der Unterstützung von Melodiearbeit der Vocals, die Keyboards legen ein elektronisches Fundament, das sich perfekt an die durchdachten Arrangements schmiegt. Mit dieser Hilfe trägt Sänger Diego Marchesi im sehnsuchtsvollen „Folding Paper Dreams“ zu ganz großem Artrock-Kino bei, das einen aufwühlt.

„The Persistence“ entpuppt sich als gewaltige Hymne. Eine gut kontrollierte Aggressivität mit kernigen Stakkato-Riffs à la LEPROUS, die den Song nie überladen, geht die perfekte Symbiose mit satten Harmonien ein, verpackt in ein wuchtiges modernes Klangbild. Die Ambientklänge in „Every Broken Piece Of Me“ erforschen Neuland, bleiben aber auf dem Punkt, verlieren sich nicht im Nirwana. Im Vordergrund steht stets der Song, die instrumentalen Eruptionen dienen nie dem Selbstzweck, sondern wollen ganz bestimmte Stimmungen in die Musik bringen.

Daniel Gildenlöw als Gastsänger

Einen überzeugenden Kontrast zwischen den fragilen Keyboardmotiven und den intensiven Progmetal-Powerakkorden liefert „Devil’s Got A Picture“. In „Night’s Descending“ erfahren KINGCROW mit PAIN OF SALVATION-Frontmann Daniel Gildenlöw eine passende Unterstützung. „Der Song hält aus persönlichen Gründen einen sehr speziellen Platz in meinem Herzen und ich liebe das dramatische Gefühl, das den Song ausmacht. Schon als ich die Melodie für die Vocals schrieb, dachte ich, dass die Stimme von Daniel perfekt dafür wäre“, schwärmt Diego Marchesi.

„Father“ punktet wieder mit purer Emotion. Die Italiener sind so dermaßen gut aufeinander abgestimmt. Einen nicht minderen Anteil tragen auch das polyrhythmische, aber straighte Drumming von Thundra Cafolla und die sehr aktive Bassarbeit von Riccardo Nifosì bei, was in diese außerordentliche musikalische Einheit der Musiker mündet. „Perfectly Imperfect“ ist eine mit weniger Bombast versehene Ballade, die einen in den Arm nimmt und sicher zum Ende des Albums begleitet – mit all seinen Gedanken und Hoffnungen.

Das Cover-Artwork von Cristian Nastasi alias Devilnax rundet das gelungene Gesamtpaket ab. Mit „The Persistence“ haben KINGCROW definitiv ihr bisher bestes Werk vorgelegt und einen Meilenstein im New Artrock gesetzt. „We know there will be a light at the end of the rope …"

Ähnliche Künstler:

Pineapple Thief, Porcupine Tree, Pain Of Salvation, Anathema, Riverside, Leprous

Line-up:

Diego Marchesi / Lead & backing vocals
Diego Cafolla / Guitar & backing vocals
Ivan Nastasi / Guitar & backing vocals
Thundra Cafolla / Drums & percussion
Cristian Della Polla / Keyboards & synths
Riccardo Nifosì / Bass guitar

Tracklist:

01. Drenched
02. Closer
03. Everything Goes
04. Folding Paper Dreams
05. The Persistence
06. Every Broken Piece Of Me
07. Devil’s Got A Picture
08. Night’s Descending
09. Father
10. Perfectly Imperfect

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