Geschrieben von Dienstag, 23 Oktober 2012 09:48

Over Your Threshold - Interview zum Debüt "Facticity"

overyourthreshold interviewteaser

Die deutsche Death Metal Band OVER YOUR THRESHOLD hat mit ihrem Debüt "Facticity" ordentlich vorgelegt und konnte durchweg positive Kritiken einsacken. Wir stellten Schlagzeuger Julian und Gitarrist Lukas einige Fragen zum beeindruckenden Erstwerk, der Entstehung von "Facitcity" und ihre musikalischen Vorlieben.
Servus OVER YOUR THRESHOLD, klasse dass ich euch ein paar Fragen stellen darf. Stellt euch bitte kurz vor, wer ist dabei und wer macht was?

Julian: Hey, klar sehr gerne, ist uns ein Vergnügen!
Wir sind "Over Your Threshold" aus München und spielen progressiven Death Metal.
Wir hatten ein paar Besetzungswechsel in jüngster Zeit, unser aktuelles Line-Up sieht daher nun wie folgt aus:

Ludwig Walter (neues Mitglied) - Vocals, Lukas Spielberger - Guitar, Kilian Lau (neues Mitglied) - Guitar, Christian Siegmund - Bass und Julian Matejka - Drums.

Das aktuelle Album wurde allerdings noch im alten Line-Up aufgenommen.Die zwei "Neuen" haben sich schon gut eingelebt, der neue Live-Sound kann sich sehen lassen.

Seit wann gibt es eure Band und wie habt ihr als OVER YOUR THRESHOLD zusammengefunden?

Lukas: OVER YOUR THRESHOLD wurde 2006 von unserem vorherigen Sänger und mir gegründet worauf nach kurzer Zeit Julian am Schlagzeug dazugestoßen ist. Die Gründung hat eigentlich keinen besonderen Hintergrund, wir wollten einfach bisschen mehr als nur Songs covern und eigene Songs schreiben. OVER YOUR THRESHOLD ist somit unsere erste richtige Band mit der wir auch selber geschriebene Songs realisiert haben und dementsprechend Erfahrungen gesammelt haben. Das ist vielleicht auch der Grund wieso wir für manches Album etwas länger gebraucht haben, da wir erst mal jeden Fehler zweimal machen mussten (lacht).

Nach ein paar Wechsel am Bass ist 2009 schließlich unseren jetzigen Basser Christian Siegmund zu uns gestoßen. Anfang 2012 musste unser Sänger, Gitarrist und guter Freund Leo leider OVER YOUR THRESHOLD verlassen, weil er den entstandenen Zeitaufwand nicht mehr mit seinem Studium in Einklang bringen konnte.
Ersetzt wurde er schließlich durch Ludwig Walter am Gesang und Kilian Lau an der Gitarre womit wir bei unserem jetzigen Line-Up angelangt wären.

Bitte beschreibt eure Musik, für jemanden der euch noch nie gehört hat.

Lukas: Grob gesagt würde ich unseren Sound grundsätzlich als Death Metal bezeichnen, mit einem Hang zum Progressiven , wobei hin und wieder Genre untypische Elemente wie Jazz, Fusion oder auch ruhige Clean-Passagen auftreten. Wir versuchen trotz technischen Anspruch und Komplexität stets eine gewisse Eingängigkeit zu erreichen und auch den Headbang-Faktor nicht zu vernachlässigen.

Julian: Es gibt da aber auch das eine oder andere Thrash oder Black Metal Riff bei uns. Wir legen uns da nie so fest. Hauptsache das Riff oder die Melodie klingen cool und bringen dich dazu zu sagen "...hey, geiler Scheiß!" und nicht "...ah cool, is in Ordnung..." Qualität war uns immer schon recht wichtig, dafür brauchen wir auch etwas länger um Songs zu schreiben als andere... (lacht)

Den Reiz der Platte macht das Wechselspiel zwischen technisch anspruchsvollen Parts und „einfachen" moshbaren Abfahrten aus. Habt ihr von Anfang an im progressiven, technischen Death Metal gewerkelt oder kommt ihr aus der old school Death Metal Ecke?

Julian: Nein eher weniger um ehrlich zu sein. Angefangen hat das Ganze eher als Melodic Death/Thrash Metal Combo. Das war nun mal die Musik die wir zu diesem Zeitpunkt gerne gehört haben, damals waren bei uns die bereits genannten "Mosh-Parts" auch noch viel stärker vertreten. Das kann sehr gut an älteren Stücken der CD nach vollziehen wie etwa "Obscure Mind Stasis" oder "Self Exhibition". Das hat alles seine Vor-und Nachteile, Moshparts kommen live immer super an und man kann auf der Bühne voll Gas geben; headbangen, Show machen und abgehen... Allerdings darf man es nicht übertreiben da, es sonst schnell langweilig wird und die Musik viel an Substanz und Tiefe verliert.

Wie du schon so schön gesagt hast, die Mischung und Abwechslung machts.

„Facticity" ist der Hammer, wie lange habt ihr an dem Album gearbeitet?

Julian: Erst mal vielen Dank für die Blumen (lacht)... das freut uns natürlich sehr das unsere harte Arbeit sich auch auszahlt! Denn wir haben in der Tat sehr lange an "Facticity" gebastelt.

Ich würde sagen grob geschätzt ein Jahr Alles in Allem. Wir haben einen Großteil selber gemacht bzw aufgenommen, und mussten uns Anfangs sogar erst mal mit Recording -Programmen und Hardware vertraut machen. Dazu kam die schwierige zeitliche Situation, da wir fast alle Studenten sind und teilweise weit auseinander gewohnt haben. Eine CD aufzunehmen ist immer eine extrem harte und Kräfte zehrende Angelegenheit, gerade wenn man einen gewissen Anspruch an sich und seine Musik hat. Allerdings lernt man auch unheimlich viel dazu und macht immer einen großen Sprung als Band mit jeder aufgenommenen Platte. Obwohl ein Jahr für neun Songs natürlich schon sehr lange ist, aber das liegt auch wohl an der Musik die wir spielen... Das Zeug will auch erst mal sauber eingespielt sein, wir sind leider keine Profis die das jeden Tag machen (lacht).

OverYourThreshold Facticity coverErzählt uns was zum Cover. Was stellt es dar und wer hat es gemacht?


Lukas: Mit dem Artwork sind wir sehr zufrieden. Es wurde von "J.L. Rey Phlegeton" aus Spanien designed.

Das Front Cover ist eine Anspielung auf das Gemälde „Die Schule von Athen" von Raffael. Dabei stellt die Kreatur die beiden Philosophen Aristoteles und Platon in einer Person dar. Der Fingerzeig in den Himmel repräsentiert den Glauben mancher Menschen an übernatürliche Kräfte. Der Deut auf die Erde verweist auf das weltliche Leben und betont die faktischen Bedingungen des Menschseins. Deshalb „Faktizität" oder eben Facticity.

Eure Songs sind sehr komplex, klingen aber gleichzeitig auch so locker gespielt, als ob ihr „professionell jamen" würdet. Endlich mal eine stimmige Mischung aus Anspruch und echtem Metal. Seit ihr eine dieser Bands, die einfach mal im Proberaum drauf losspielt oder wie macht ihr eure Songs?

Lukas: Den klassischen Proberaum-Jam gibt bei uns eigentlich nicht. Die Songs werden überwiegend zu Hause geschrieben und in irgendeiner Form, sei es eine provisorische Aufnahme oder als GuitarPro File, an alle geschickt, sodass jeder seine Parts anpassen und ausarbeiten kann.

Sobald die Songidee eine gewisse Niveau erreicht hat beginnen wir erst damit den Song zusammen zu proben. Hier werden eigentlich nur noch Kleinigkeiten ausarrangiert. Zwei Songs auf ‚Facticity' haben wir sogar erst nach den Studioaufnahmen gemeinsamen gespielt.

Julian: Wir versuchen unsere Songs live immer so gut umzusetzen wie es geht. Wir sind eher keine dieser Bands die Songs aufnehmen und diese dann nie live spielen. Meistens merkt man erst live oder bei der Probe was gut funktioniert und was nicht, so werden dann manchmal ganze Songteile getrichen und ersetzt. Bei uns ist das Songschreiben eher ein langer Akt des Bastelns und Verfeinerns, solange bis alles rum läuft.

Die Lyrics zu „Facticity" hat euer ehemaliger Sänger Leo geschrieben? Steht schon fest, wer das in Zukunft übernehmen wird? Lyrics sind ja kein unerheblicher Posten in einer Band.

Lukas: Die Lyrics werden zukünftig von unserem neuen Sänger Ludwig geschrieben. Natürlich werden diese stilistisch etwas anders ausfallen, aber nachdem wir Ludwig's vorherige Band und seine Arbeit darin kennen, haben wir keine Bedenken dabei.

Die Reviews zu eurem Werk waren ja durchweg positiv. Das ist die eine Sache, aber seht ihr euch auch richtig interpretiert oder gibt es einen Tenor bezüglich der Platte, der euch überrascht hat und eigentlich so nicht geplant war?

Julian: Eigentlich nicht. Oft wurde eigentlich ziemlich genau erkannt worum es uns ging, z.B. in Sachen Produktion oder Songwriting. Wir haben die zum Beispiel CD extra nicht "überproduziert" und noch etwas natürlich gelassen, da solche Musik ja doch recht hektisch und komplex ist. Wir wollten auch verhindern das durch einen zu extremen Sound Details und Nuancen verloren gehen, und vor allem wollten wir auch nicht klingen wie ungefähr jede x-beliebige mega produzierte Band aus den Staaten. Das hat natürlich sine Vor-und Nachteile, aber generell wurde das meistens gut erkannt. Natürlich gab es auch negative Kritiken und Fehlinterpretationen, aber ist ganz normale Härte. Was ich allerdings lustig finde, ist das so viele Bands aus unserem Sound raus gehört werden die wir teilweise gar nicht kennen, geschweige denn viel gehört haben.

Wer hat euch beigebracht, eure Instrument so gut zu beherrschen? Learning by doing, fähige Musiklehrer...?

Lukas: Von beiden etwas, wobei bei mir selber momentan nur noch das erstgenannte zutrifft. Ich versuch mir immer neue Techniken anzueignen aber auch gewisse Schwächen gezielt zu beheben. Das kann sowohl durch Lehrvideos als auch mit geeigneten Songs geschehen.

Julian: Ich hatte viele Jahre Schlagzeugunterricht. Aber natürlich hab ich mir auch, gerade das ganze Metal Zeug, viel selber bei gebracht und bei Kollegen abgeschaut. Im Prinzip muss man nur Bock auf´s spielen haben, Unterricht alleine nützt so gut wie nichts! Wir haben uns in der Band auch oft gegenseitig angesport und die Messlatte immer ein Stückchen zu hoch gehängt, so haben wir nie auf gehört uns zu entwickeln.

Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Steffen Kummerer von OBSCURA?

Lukas: Wir kennen Steffen und OBSCURA mittlerweile seit ungefähr 6 Jahren, eigentlich seit unserem ersten Auftritt, den wir zusammen mit OBCURA bestritten haben. Seit dem haben wir immer wieder gemeinsam Auftritte gespielt und eine recht gute Verbindung aufgebaut. Da die meisten gemeinsamen Auftritte noch mit dem alten OBCURA Line-Up statt gefunden haben und wir sowohl ein Gitarren als auch Bass Gastsolo auf ‚Facticity' verwirklichen wollten, war es für uns sehr naheliegend bei Steffen und Jonas ‚JoeC' Fischer (jetzt HOKUM) diesbezüglich anzufragen. Das schöne dabei ist dass beide Gastsolos im gleichen Song und auch noch hintereinander vorkommen.

Wie sieht es aus mit Jazz? Pfui weg damit - oder könnt ihr mit dem eigentlichen Gedanken von Jazz etwas anfangen?

Lukas: In der Tat, wir können damit sogar sehr gut was damit anfangen. Die Kombination aus Jazz, Fusion und Metal ist ja mittlerweile immer mehr zu finden, auch wir wurden von dem Trend mitgerissen. Damit angefangen Jazz auch in unsere Songs einzubringen hat es erst so richtig als ich im Rahmen meines Studiums einen Jazz-Harmonics Kurs bei mir an der Uni zu belegen hab und somit einen richtigen Einblick in die Thematik und Theorie bekommen hab.

Julian: Ich finde es generell sehr wichtig immer ein bisschen über den eigenen Tellerrand zu schauen, gerade als Musiker. Ich persönlich höre z.B. auch viel Country, Rock oder auch Pop Zeug... wenn man sich nur auf ein Genre beschränkt, wird man früher oder später in einer Sackgasse landen.

Es liegt natürlich nahe, OBSCURA als Einfluss zu nennen. Aber lasst uns etwas weiter zurückgehen, welche Platte von welchem Künstler hat euch musikalisch beeinflusst oder überhaupt erst motiviert Musik machen zu wollen?

Julian: Für mich persönlich ist das ganz klar die "Damnation" von OPETH! Da hab ich zum ersten Mal kapiert das weniger oft mehr ist, und das man nicht super schnell und kompliziert spielen muss um zu überzeugen... oder kurz gesagt: egal was du machst, es muss Hand und Fuß haben. Das war für mich ein großer Wendepunkt.

Lukas: Uff, als ich angefangen hab Gitarre zu spielen hab ich noch hauptsächlich AC/DC gehört, glaub ich. Den Anfänge des Metals waren bei mir JUDAS PRIEST mit „Painkiller", was mich aber stets beeinflusst ist DEATH mit ihrer letzten Platte „The Sound Of Perseverance".

„Self Exhibition" ist für mich der beste Track vom Album. Solche Gimmicks wie die Bongo, steht das von Anfang an fest oder sind das special effects, die ihr nachträglich hinzugefügt habt?

Julian: In diesem Fall war es eher das Letztere. Obwohl die Idee von einem Percussion-Part an dieser Stelle schon lang im Raum stand. Hier war es der Fall das wir wussten das dem Part definitiv noch irgend etwas fehlt, wir aber mit unseren herkömmlichen Mitteln kein befriedigendes Ergebnis erzielen konnten. Dieser Part ist ein gutes Beispiel für "solange basteln und keine Ruhe geben bis du 100% zufrieden bist" und "über den Tellerrand schauen" (lacht).

Wie kam es dazu, dass ihr nach eurer EP "Progress In Disbelief" mit eurem Debüt gleich bei einem so fetten Label wie Metal Blade gelandet seid?

Julian: Gute Frage - Nächste Frage... (lacht) Nein, um ehrlich zu sein werden wir das sehr oft gefragt, und immer müssen wir die gleiche Antwort geben: wir wissen es leider selber nicht wirklich. Wir haben uns ein Jahr lang in das Album gekniet, und anscheinen ein paar Dinge richtig gemacht... am Ende konnte das Ergebnis anscheinend überzeugen. Es ist schön zu sehen das der große Einsatz und die etlichen Überstunden sich jetzt auszahlen!

Unterstützt ihr kleine, frische Bands und besucht deren Konzerte?

Lukas: Ja eigentlich überwiegend. Ich persönlich bevorzuge es sogar auf Underground Konzerte zu gehen da wir zum einen selber hier spielen und zum anderen einfach wirkliche gute Bands dabei sind. Und ehrlich gesagt macht die angenehme Stimmung um einiges mehr Spaß als auf den Konzerten von wirklich großen Bands.

Was steht als nächstes an bei OVER YOUR THRESHOLD?

Lukas: Momentan sind wir dabei möglichst viele Auftritte, Festivals und Tourneen an Land zu ziehen. Das hat höchste Priorität um ‚Facticity' auch ordentlich Live promoten zu können. Vor kurzem haben wir eine Mini-Tour in Finnland zugesagt.

Zu den anderen Plänen können wir leider noch nichts festes sagen, aber auf unserer Homepage bzw. Facebookseite (www.facebook.com/overyourthreshold) wird es bald mehr Informationen dazu geben.

Desweiteren arbeiten wir momentan an ein Videomaterial und natürlich parallel dazu an neuem Material für die nächste OVER YOUR THRESHOLD Scheibe.

Danke für das Interview. Die berühmten letzten Worte gehören euch.

Julian: Wir danken für das Interview und das Interesse an unserer Musik!
Wer auf Bands wie DEATH, CYNIC, OPETH oder OBSCURA steht und mehr von uns und unserer Musik erfahren möchte, sollte mal auf unserer Seite www.overyourthreshold.de vorbei schauen.

Lukas: Checkt unsere Tourdates, vielleicht spielen wir in eurer Stadt. Wir freuen uns riesig über jeden Leser der auch unsere Konzerte besucht.