Geschrieben von Samstag, 19 Oktober 2013 16:12

Heathen Rock Festival - Interview mit Veranstalter Tobi über die Entstehung und das Drumherum

Das Heathen Rock Festival ist ein kleines, familiäres Festival im Herzen Harburgs – von Fans für Fans. Die familiäre Atmosphäre, der geringe Preis und die grandiosen Bands zeichneten das Heathen Rock in den letzten Jahren aus. Wir trafen uns mit Veranstalter Tobi, um ein wenig mehr über die Entstehung des Festivals zu erfahren.

Hi Tobi – schön, dass Du die Zeit gefunden hast, ein paar Fragen zu beantworten. Das Heathen Rock Festival gibt es nun schon seit vier Jahren, wie kam es dazu?

Das Ganze war eigentlich ein ziemlicher Zufall. Ich bin damals mit meiner Band RABENWOLF und zwei anderen Bands auf die Idee gekommen, ein einzelnes Konzert im Neu Wulmstorfer Jugendzentrum zu veranstalten, um mal ein wenig Schwung in die Umgebung zu bringen. Die Bands und die Location waren einverstanden und dann musste ein Name her. Da es sich weitestgehend um Metal, Rock´n Roll und Pagan Metal handelte, kam ich nach einiger Überlegung auf den Namen Heathen Rock. Als das Konzert ein paar Tage zurücklag, stellte ich etwas traurig fest, dass so ein guter Name viel zu schade wäre, um ihn nur ein einziges Mal zu verwenden … und das war die Geburtsstunde des Heathen Rock Festivals.

Was hat sich seitdem verändert?

Vieles, doch nicht alles. Wir haben uns für den Rieckhof in Harburg als Location entschieden und waren sofort begeistert. Sonst hat sich eigentlich nur die Menge der Bands und somit die Festivaldauer stetig vergrößert.

Was ist für Dich die wichtigste Veränderung?

Die wichtigste Veränderung, die ich sehe, ist nicht die des Festivals selber, sondern die der Besucher, die immer offener auf für sie teilweise unbekannte Musikrichtungen einlassen.

Als wir uns das erste Mal darüber unterhielten, sagtest Du, dass Du mit dem Heathen Rock die ersten Jahre Verlust gemacht hast. Dennoch findet es weiterhin jedes Jahr statt, wieso?

Unsere Intention war eigentlich nicht, Geld zu verdienen oder auf null rauszukommen, sondern wir wollen die Musik für die Leute verfügbar machen – zu einem geringen Preis, und das wird sich schon irgendwann rentieren oder von allein tragen, sobald die Leute merken, welche Idee dahinter steckt. Daher machen wir es jedes Jahr. Jetzt haben wir es das erste Mal geschafft, mit einem Plus herauszukommen, daher hat sich das jetzt schon bewahrheitet.

Dann war es die ersten Jahre schon ein bisschen Selbstausbeutung, oder?

Ja, aber darauf war es angelegt. Eigentlich war es nur 'ne fixe Idee von Wolle und mir, es einfach nur so zu machen aus Jux, weil wir Bock darauf hatten. Irgendwann haben wir dann gemerkt, dass es die Leute anspricht, und dann wollten wir es einfach machen und es war uns egal, ob wir ein paar tausend Euro in die Miesen gehen. Das haben wir gerne getragen, weil wir gemerkt haben, dass wir den Leuten damit was Gutes bieten können.

Normalerweise verbindet man mit dem Wort „Festival“ große Open Air Bühnen, warmes, sonniges Wetter und riesige Campingplätze. Ihr macht das Festival jedoch indoor mit einer relativ kleinen Bühne und im Februar, wo es oft schon geschneit hat und tierisch kalt ist. Wieso habt ihr gerade den Ort und das Datum gewählt?

Da wir selbst schon so viel auf Festivals gehen, haben wir uns gesagt, dass ein Festival, wenn man es im Sommer und Open Air macht, ein riesiger finanzieller Aufwand ist. Daher waren wir erst mal bemüht, was indoor-mäßiges zu machen. Der Termin kam dadurch zustande, dass wir das erste Mal mit RABENWOLF, OCCULUS und UNCUT im Jugendclub in einer Halle gewesen sind. Später haben wir den Termin einfach übernommen und wir sehen es gar nicht als Manko, dass es im Februar ist, da wir dadurch gar nicht in Konkurrenz mit anderen Festivals treten, die im Sommer stattfinden.

Hast Du während des Festivals denn überhaupt Zeit, dir selbst die Bands anzusehen oder bist Du nur unterwegs und musst alles regeln?

Meistens ist es leider so, dass ich keine Zeit habe. Ich versuche zwar oft, mir für gewisse Bands Zeit zu nehmen, da ich sie immerhin auch interessant finde, sonst hätten wir sie ja auch nicht ausgewählt. Aber ich schaffe es meisten nicht, mehr als ein oder zwei Bands für 'ne halbe Stunde anzusehen. Wenn überhaupt, da man doch immer das Handy und das Funkgerät am laufen hat.

Und trotzdem hast Du es schon geschafft, mit deiner Band RABENWOLF dort aufzutreten.

Ja, das wird auch erst mal 'ne Zeit lang reichen – das war eine Belastung, die ich mir so schnell nicht wieder antun will. Man hat einfach für gar nichts Zeit und ist immer doppelt im Stress. Und man will natürlich auch nicht, dass es dann zu Lasten der Festivalqualität geht.

Ihr habt natürlich eine recht lange Planungsphase. Wie kann man sich einen typischen Heathen Rock Planungstag vorstellen?

Einen typischen Heathen Rock Planungstag, wenn man es über's ganze Jahr sieht, gibt es eigentlich gar nicht. Wir gehen alle unseren normalen Berufen nach und wenn irgendwas ansteht, machen wir das irgendwie oder schieben es aufs Wochenende, wo man mehr Zeit hat. Wenn man aber irgendwo von 'nem typischen Heathen Rock Tag sprechen kann, dann im Winter, wenn wir in der harten Planungsphase sind. Dann gibt man meist irgendwelchen Leuten irgendwelche Maße für Stände durch oder schreibt E-Mails. Meistens wacht man dann mit einem Kaffee auf, setzt sich an den PC und schreibt 20 E-Mails, bis man sich dumm im Kopf fühlt und muss abends über's Telefon dann noch irgendwelche Köpfe tätscheln, damit dann auch wirklich alles funktioniert. So wirklich typisch kann man sowas nie nennen, es ist aber immer viel Zeitaufwand und man muss gucken, wo man die Zeit dann herholt.

Gab es in den letzten Jahren Momente, in denen Du gesagt hast „Ne, ich hab kein Bock mehr, ich sag' das Ganze wieder ab“, oder hattest Du immer Spaß dabei?

Spaß hatte ich trotz allem, egal wie groß der Stress war, weil es für mich auch oft positiver Stress war. Ich hatte aber vor dem zweiten Heathen Rock extrem viel Stress, weil wir fast noch keine Crew hatten, noch gar keine Aufgabenverteilung und fast alles Wolle und ich gemacht haben. Da habe ich es sogar gesundheitlich gemerkt und war sehr angeschlagen, hatte Stresserscheinungen und alles. Damals war ich dann kurz davor zu sagen, dass es sich dafür nicht lohnen würde, wenn man dafür sogar seine Gesundheit auf's Spiel setzt. Mittlerweile hat es sich aber entschärft. Wir haben eine große Crew und selbstständige Leute, und alle helfen super mit, sodass ich deutlich weniger Stress habe als vorher.

So gut das Festival auch sein mag, es ist ja nicht gerade das größte, was auch sicherlich mit dem Datum und der Location zusammenhängt.

Natürlich, allerdings bedeutet Quantität ja nicht Qualität!

Hast Du für uns vielleicht ein paar Zahlen, wie viele Besucher letztes Jahr da waren und wie es sich mit den Jahren vergrößert hat?

Wir haben das immer verfolgt und waren am Ende immer ganz fleißig im Kartenabrisse zählen. Man kann also ungefähr sagen, dass wir dieses Jahr 400 bis 450 zahlende Gäste hatten. Das entspricht bei uns etwa einer Steigerung von knapp 100 Personen pro Jahr. Das macht uns schon ziemlich stolz, dass wir sehen, dass so viele Leute trotz allem immer wieder kommen und das so unterstützen.

Das liegt wohl auch an den Bands, die ihr dieses Jahr hattet: u.a. XIV DARK CENTURIES, IRRBLOSS und FEJD, die sind alle schon recht bekannt. Hast Du noch irgendeine Wunschband, die Du gerne mal auf der Bühne des Heathen Rock sehen würdest?

Oh ja, die gibt es, die gibt es sogar schon seit zwei oder drei Jahren, würde ich behaupten. Das wären definitiv für mich CHROME DIVISION aus Norwegen, da sind wir auch schon ganz lange im Gespräch. Aber trotz allem ist da ein gewisses Geld nötig, um sie zu bezahlen, und das konnten wir bisher noch nicht, da wir sonst auch den Eintrittspreis höher machen müssten. Es soll einfach nicht zu Lasten der Fans gehen, dass wir etwas Größeres auf die Bühne stellen wollen.

Wenn wir schon bei Wünschen sind – gibt es irgend etwas Großes, das Du in naher oder ferner Zukunft gerne mal beim Heathen Rock verändern wollen würdest? Eine Verlegung oder etwas derartiges?

Eigentlich sind wir mit allem ganz zufrieden, wir sind mit der Location sehr eng verbunden, da wir auch mit den Mitarbeitern und Verwaltern viel zu tun haben, da sie uns auch am Anfang in der schwereren Zeit immer entgegen gekommen sind. Und wenn irgendwann mal das Maximum von 1.000 Personen, die reinpassen, erreicht sein sollte, werden wir es trotzdem die folgenden Jahre erst mal weiter dort machen, weil wir einfach die Location und das Ambiente so mögen. Wir wollen nichts großartig verändern, vielleicht mal ein paar Gimmicks oder neue Stände – Dinge, die den Leuten auch Spaß machen oder neue Getränkestände mit irgendwelchen ausgefallen Sachen. Das ist uns viel wichtiger, dass man den Leuten auch viel bieten kann. Aber großartige Veränderungen nicht.

Was ist für Dich das Besondere am Heathen Rock? Was macht gerade das Heathen Rock aus?

Das Heathen Rock machen definitiv, so wie es bei jedem Festival sein sollte, die Fans aus. Die Fans spiegeln einfach wider, dass wir, wenn wir es planen, den Leuten was bieten wollen und können. Eine Mischung aus vielen Stilen, die für manche vielleicht neu und ein wenig komisch sind, aber die Leute gucken sich dennoch die Bands an und sagen, dass es eine geile Mischung ist, auch wenn sowas wie Rock 'n Roll und Pagan aufeinander trifft. Das macht das meiste aus, weil die Fans uns damit groß machen und uns bestätigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Du hast jetzt schon die ganze Zeit Wolle genannt, der Dir immer hilft und zur Seite steht. Gibt es noch andere Leute, die Dir stets helfen und ohne die das Ganze nicht zustande kommen könnte?

Ja, wir haben nun schon einen größeren Kreis, der sich mit den  Jahren aufgebaut hat. Das sind teilweise Mitglieder von RABENWOLF, teilweise auch sehr gute Freunde von mir, die gar nicht die Musik hören und jedes Mal einfach sagen, dass sie, wie alle anderen auch, das ehrenamtlich machen. Wir haben jetzt einen, der immer frisches Essen für die Bands kocht, der jedes Mal fest eingeplant ist. Wir haben die Techniker, die überall eine entscheidende Rolle spielen und vor allem Leute, die am Merchandise, an der Heidenbar oder an der Kasse sitzen. Wenn ich den Leuten nicht blind vertrauen könnte, dann könnten sie den Job auch nicht machen, weil ich dann wohl zu kontrollmäßig drauf wäre und das ganze Festival einen Abstrich kriegen würde. Jeder hat seinen Teil und jeder macht seinen Job echt gut. Jedes einzelne Mitglied ist einfach Gold wert.

Ihr habt dieses Jahr das komplette Heathen Rock mit Hilfe von Hamburger Studenten gefilmt, das verlangt ein hohes Maß an Kompetenz und Planung deinerseits und deiner Mitarbeiter. Wie schafft Ihr das neben dem normalen Arbeitsleben?

Da muss ich erstmal ein großes Lob aussprechen an die Filmcrew. Wir haben das Ganze nur durch Zufall initiieren können, weil wir einfach sagten, wir hätten Bock, das zu filmen. Wir haben der Filmcrew einfach unsere Vorgaben gegeben und sie besprochen, den Rest an offenen Fragen oder Problemen hat z.B. Niklas von der Filmcrew, der sozusagen der Planer der Filmcrew ist, komplett selbstständig und autark gelöst, auch während des Festivals. Die haben alles selbstständig gemacht, daher kam sehr wenig Arbeit auf uns zu.

Und sonst, wie auch bei Deiner Frage zum typischen Heathen Rock Tag, es gibt einfach keinen. Man kommt nach der Arbeit nach Hause und schreibt Mails oder bekommt bei der Arbeit eine E-Mail, die schnell beantwortet werden muss oder muss irgendwelche Drucksachen in Auftrag geben. Das muss man einfach alles nebenbei oder zwischendurch machen oder aber bis abends um 10 Uhr zu Hause Überstunden machen, neben dem normalen Arbeitsleben. Anders geht das einfach nicht.

Du bist meines Wissens nach kein gelernter Eventmanager.

Richtig.

Wie hast Du Dir das ganze Know-How beigebracht? Learning by doing oder gibt es da irgendeinen Trick?

Definitiv learning by doing. Ich habe es, wie gesagt, nie gelernt, war aber schon immer fasziniert davon, Sachen zu veranstalten und wie es funktioniert. Wir haben als Band schon auf vielen Events gespielt und haben von der Seite alles gesehen, wie die Bands es am liebsten hätten. Wir waren als Fans schon auf so vielen Festivals und Konzerten, dass wir mitbekommen haben, was den Fans wichtig ist und wie es sein muss. Wir haben auch schon Veranstalter kennengelernt und dadurch gelernt, mit was für Problemen die zu kämpfen haben. Irgendwann ist man dann bereit, sowas selber in die Hand zu nehmen und zu starten, und ab da geht es dann nach einem Trial-and-Error-Prinzip. Man hat einfach mal Phasen, in denen man weiß, dass das, was man getan hat, scheiße war. Daraus lernt man aber und zieht seine Schlüsse, so verbessert man seine Kenntnisse und Vorgehensweisen.

Wenn Du so viele Kontakte aufbaust, Veranstalter kennenlernst, selber Festivals besuchst und Bands kennenlernst – gibt es irgendein Festival, das Dir als Vorbild dient?

Ja, da gibt es verschiedene. Wenn man den Musikstil mit einbezieht, ist es eine Mischung aus mehreren Festivals. Das ist vom Ambiente her zum Beispiel das Rock Hard Festival in Gelsenkirchen, das mit dem Amphitheater einfach einzigartig bezüglich der Atmosphäre ist, was wir mit dem Rieckhof quasi auch in klein haben, ein kleines Amphitheater. Oder aber das Ragnarök Festival in Lichtenfels, wo wir gesehen haben, wie professionell, eingespielt und groß man doch werden kann und dass einfach alles funktioniert, wenn man sich auf die Leute verlassen kann. Das sind so die Augenblicke, wo wir sehen, dass die Fans es annehmen und die Bands es annehmen und es von allen Seiten positive Resonanz gibt.

Euer Motto lautet: „Support your way of music“. Was genau wollt ihr mit dem Slogan sagen?

Ja, jetzt kommt's zum harten Schinken. Da müssen wir wohl das Ganze erst mal von hinten aufrollen.
Wir hatten damals ja den Namen für das Konzert raugesucht, und wollten das Ganze weitermachen, weil der Name für ein einmaliges Event einfach zu gut ist. Dann kam irgendwann das erste T-Shirt, das wir drucken wollten, und wir überlegten, was wir mit dem Festival aussagen oder bewirken möchten. Im Endeffekt wollen wir eine Verschmelzung zwischen den Bands, den Fans und dem Veranstalter. Dass man einfach aufeinander zu arbeitet und nicht gegeneinander, sodass irgendwann das Ambiente und einfach alles perfekt ist.

Die Fans supporten den Weg ihrer Musik, indem sie zum Beispiel den kleinen Eintritt zahlen und die Bands unterstützen. Die Bands bekommen dadurch mit, wie viel Elan und Engagement bei den Fans vorhanden ist – zum Festival zu kommen, die Bands einfach abzufeiern. Als Veranstalter bekommt man dann das Feedback der Bands, wie genial die Stimmung ist. Es ist eine Art Kreislauf, dass man wirklich für kleines Geld einfach seinen Musikstil oder seine Lieblingsband unterstützt und man sozusagen wieder „back to the roots“ geht. Dass es für uns Veranstalter einfach nicht darum geht, 10.000 oder 20.000 Euro zu machen, sondern darum, dass die Fans, die kommen, zu der Musik abfeiern können und dafür nicht tief in die Tasche greifen müssen. Das ist einfach unser Hauptziel mit dem Festival.

Stehen für nächstes Jahr irgendwelche Veränderungen fest oder etwas Besonderes, das Du preisgeben kannst?

Ich glaube, wir sind erst mal auf einem Stand, den wir halten wollen. Wir werden weiter filmen, beziehungsweise die Filmcrew hat uns sogar gefragt, ob sie wieder filmen darf. Sonst versuchen wir einfach, den Standard zu halten und es weiter zu etablieren. Vielleicht ein paar mehr Fans in die Location zu locken, um ihnen zu zeigen, was Musik alles bewirken kann.

In eigener Sache möchte ich noch loswerden, dass ich es echt schön finde, dass es ein so entspanntes Festival gibt, das so familiär und preiswert ist und dennoch klasse Bands auftreten. Und dass ihr alles so hinbekommt, wie es ist. Wirklich Hut ab und danke dafür! Die letzten Worte gebühren dennoch Dir.

Dann danke ich auch im Namen von Wolle, auf jeden Fall auch Euch, den Presseleuten, die auch uns von Anfang an – obwohl wir nur ein ganz kleiner Fisch im Teich waren – immer sehr supportet und uns dadurch auch in die Medien gebracht haben. Ich bin froh, dass es so viele Leute gibt, die nur die Musik lieben und die Idee dahinter unterstützen und uns beim Festival helfen. Ich hoffe, dass es einfach viele weitere Jahre so bleiben wird.


Hier geht's zur offiziellen Seite des Festivals.

HeathenRock Festival