
Mit "Way Back To The Bone" haben die Berliner Hard Rocker SOUL DOCTOR mal wieder ein sehr starkes Album am Start. Nachdem zum Vorgängeralbum "Blood Runs Cold" Gitarrist Chris Lyne Rede und Antwort stand, nahm sich diesmal Sänger Tommy Heart (Foto 2.v.r.) die Zeit, ein paar Fragen zum neuen Wurf und rund um SOUL DOCTOR zu beantworten.
Hallo Tommy. Zuerst mal muss ich euch zu "Way Back To The Bone" gratulieren. Mit 9,5 von 10 Punkten ist die Scheibe bei uns verdammt hoch eingeschlagen. Bist du mit der Resonanz zu dem Album bisher zufrieden?
Bis jetzt ist die Resonanz unglaublich gut, und das freut mich wirklich sehr. Für mich ist es ein ganz besonderes Album geworden. Hätte mich auch gewundert, wenn ihr von BurnYourEars die Qualität dieses Albums nicht gehört hättet. Ich jedenfalls habe so ein klasse Album lange nicht mehr gehört, und das macht mich wirklich ganz besonders stolz. Ich bin wirklich sehr kritisch mit dem, was ich selber so mache. „Way Back To The Bone" ist für mich wirklich ganz großes Kino.
Der Studio-Vorgänger „Blood Runs Cold" war ja auch schon nicht von schlechten Eltern, aber meiner Meinung habt ihr jetzt noch einmal ein Schippchen draufgelegt. Was ist deiner Meinung nach der größte Unterschied zwischen den beiden Alben?
Der größte Unterschied ist, dass es ein komplett anderes Album ist und wir uns mit „ Way Back To The Bone" und seinen Songs in eine andere Liga katapultiert haben. Wir haben auf diesem Album stärkere und eingängigere Vocallines, Chris zeigt wieder einmal mehr, was es heißt, eine echte Rockgitarre zu spielen, und unsere Rythmusgruppe groovt so unwiderstehlich, dass deine Beine nicht aufhören können während des ganzen Albums mitzuwippen. Wer das hier nicht hört hat noch nie etwas von Hard Rock verstanden. Oder ist schon lange tot.
Habt ihr für „Way Back To The Bone" wirklich nur die zehn Songs geschrieben, die es auf das Album geschafft haben, oder musstet ihr euch aus einer größeren Anzahl fertiger Songs entscheiden?
Ehrlich gesagt hatten wir zwei Wochen vor Abgabetermin sogar nur sieben Songs fertig aufgenommen und mussten dann aber auch wirklich mit drei weiteren Tracks ziemlich schnell aus Tasche kommen. Es gibt ja, wie ich immer wieder höre, Bands, die haben für jedes ihrer Alben 30 bis 40 Songs komponiert. Und dann hört man sich das Album von denen an, und was dann da so drauf ist, ist nicht wirklich erwähnenswert. Da sagt man sich dann oft: " Hätten die doch lieber auch diese 10 Songs weggelassen".
Du bist als Sänger ja auch für die Lyrics verantwortlich. Beziehen sich deine Texte eher auf Fiktionen, oder verarbeitest du auch Geschehnisse aus deinem Leben und deinem Umfeld?
Mal so und mal so. Alles was mir lieb ist. Doch bei diesem Album ging es mir bei fast allen Songs um persönliche Erfahrungen. Vergangene oder gerade durchgemachte Erfahrungen, ganz egal. Das Jahr 2009 hatte es auch wirklich in sich, und da hatte ich viel Stoff zu verarbeiten. Es ist halt viel ehrlicher, wenn du von etwas sprichst bzw. singst, was du auch am eigenen Leibe erfahren hast.
Welcher Song vom aktuellen Album ist für dich am schwersten zu singen? Ich würde spontan auf „Can't Stand Losing" tippen, weil ich da als Laie die Gesangslinien ziemlich umfangreich und kompliziert finde.
Schwer sind wirklich alle Songs, die ich singe oder jemals eingesungen habe. Einfach ist da gar nix. Was du aber mit kompliziert meinst, verstehe ich jedoch nicht im Zusammenhang mit unseren Songs. Unsere Songs sind eher das Gegenteil. Wenn ich einen Song singe, gebe ich wirklich immer 120 Prozent, unter dem sollte man es dann auch sein lassen.
Im Interview zu „Blood Runs Cold" hat mir Euer Gitarrist Chris gesagt, dass es das vollkommenste Album sei, das er je aufgenommen hätte. Kannst du diese Einschätzung unterstreichen, und wie würde dann dein Resumee zu „Way Back To The Bone" aussehen?
Das empfinde ich ganz genau so. Ich liebe wirklich jeden Song des Abums und kann es gar nicht glauben, dass wir es trotz diverser Probleme und unangenehmem Zeitdruck so gut hinbekommen haben. Erst dachte ich, das war es diesmal mit einem weiteren guten Album, aber wie man jetzt sieht, wir legten noch einen drauf. Bei manchen Menschen bringt Druck und Stress doch etwas.
Du spielst und komponierst nicht erst seit SOUL DOCTOR mit Chris Lyne zusammen, ihr hattet ja bereits davor eine Band namens HEARTLYNE am Start. Schreibt ihr die Songs noch genauso wie damals, oder hat sich an eurer Vorgehensweise beim Komponieren etwas geändert?
Geändert hat sich eigentlich nicht viel. Wie sprechen halt nach all den Jahren die gleiche Sprache, wenn es um das Musikmachen geht, und das ist uns auch besonders wichtig. Du musst schon die Musik, die du selbst machst, lieben. Nur so geht es, und alles andere wäre auch Quatsch und würde mir und sicherlich auch Chris keinen Spaß machen. Wir wissen halt mittlerweile, was wir aneinander haben.
Ihr habt kurz vor den Aufnahmen zu „Way Back To The Bone" einen Wechsel im Line Up vollzogen. Drummer Michael Wolters wurde dabei von eurem Ur-Drummer Zacky Tsoukas abgelöst. Wie kam es dazu?
Es kam dazu, da wir - wie ich ja schon vorher erwähnt habe - ernormen Zeitdruck und nicht gerade leicht zu bewältigende Probleme während der Vorproduktion des Albums hatten. So war es diesmal an der Zeit, das jedes Bandmitglied sich auch wirklich bei diesem Album sehr intensiv um seine eigenen Parts kümmern sollte. Bei den früheren Alben kümmerten sich Chris und ich auch intensiv um all die anderen Parts, also Drums, Bass, Keyboards und alles, was noch so dazu zählt. Für dieses Album mussten wir uns aber einfach entscheiden, die Songs von einem anderen Drummer einspielen zu lassen, weil wir sonst nicht genügend Zeit gehabt hätten, das Album fertig zustellen. Außerdem hätten wir zu viele Abstriche an anderen Stellen machen müssen.
„Way Back To The Bone" verlangt förmlich nach einer Live-Umsetzung. Wie sieht es aus, habt ihr schon konkrete Tourpläne geschmiedet?
Wir arbeiten gerade mit Hochdruck an eine Tournee für Frühjahr 2010. Mit so einem Album im Gepäck muss man auf jeden Fall touren. Auch um die Festivals werden wir uns wieder kümmern. Drück uns einfach auch mal die Daumen, so was kann man immer brauchen.
Was liegt dir oder euch als Band mehr: als Vorgruppe eines Megaacts auf großen Bühnen zu spielen oder als Headliner durch kleinere Hallen zu touren?
Ganz egal! Bau uns eine Bühne und wir spielen drauf. Natürlich ist ein Supportslot eines Megaacts in einem Stadion etwas ganz Besonderes, aber nur in einem kleinem Club vor wenigen Leuten zu rocken lässt dich beweisen, ob du wirklich etwas auf der Bühne zu suchen hast. In einem Club wirst du halt genau beobachtet. Das spürt man und das macht es halt etwas schwerer, als vor Tausenden schreienden Fans zu spielen.
Welche Tour (egal mit welcher Band) ist dir bislang am stärksten in Erinnerung geblieben ist?
Ach, da gibt es echt viele schöne Erinnerungen. Die SOUL DOCTOR Shows mit Ronnie James Dio waren schon echt ein Ereignis. Ich war von diesem Mann und seiner damaligen Band sehr schwer beeindruckt. Und ich bin ihm auch immer noch sehr dankbar dafür, was er uns alles so geraten hat und was er so jeden Abend auf der Bühne an Leistung gezeigt hat. Er ist halt ein Vollprofi. Und er ist, soweit ich es sagen kann, auch immer noch Mensch geblieben, und seine Fans kommen immer an erster Stelle. So sollte es auch sein. Auch die erste Japan-Tour mit FAIR WARNING war etwas Unglaubliches für mich. Die japanischen Fans sind aber auch echt der Knaller. Leider befiel uns während dieser Tour ein Grippevirus, und wir mussten alle - trotz Fieber und allem, was dazu gehört - natürlich jedes Konzerte durchziehen. Die Stimmung innerhalb der Band war echt sehr besonders. In solchen Momenten muss man einfach zusammen rücken, dann klappt auch alles, egal in welcher Lage man ist.
Eine Frage, auf die ich eigentlich keine ehrliche sondern eher eine diplomatische Antwort erwarte, die ich aber trotzdem stellen muss: Wo macht es dir mehr Spaß zu singen, bei SOUL DOCTOR oder mit FAIR WARNING?
Spaß habe ich bei beiden Bands, sonst würde ich es auch nicht machen. Bei FAIR WARNING bin ich halt der Sänger, der die Songs anderer Songwriter singt, und das ist auch nicht gerade zu unterschätzen. Ich habe im Laufe der Jahre auch eine Menge dort gelernt. Bei SOUL DOCTOR bin ich halt Sänger, Songwriter, Produzent und noch vieles mehr. Und es macht Vieles leichter, wenn man jetzt ausprobieren kann, was man gelernt hat.
Tommy, wann hast du angefangen Musik zu machen, und was war für dich der ausschlaggebende Punkt? Und stand von Beginn an fest, dass du Sänger wirst, oder hast du mit einem Instrument begonnen?
Ich habe mit zwölf eine Schülerband gegründet und unter Aufsicht von den Musiklehren im Schulkeller angefangen, Songs zu schreiben. Ich wollte es erst als Schlagzeuger probieren, aber meine damalige Band ersetzte mich sehr schnell durch einen besser spielenden Klassenkameraden. Da blieb mir dann halt nur noch übrig, Sänger werden. Ich wurde also sozusagen zu meinem Glück gezwungen. Musik hat mir mein Leben wirklich total umgekrempelt, und das war auch sehr gut so.
Ich bin eigentlich ein Ghettokind und musste mich auf der Straße ganz um mich selbst kümmern. Unter uns Kids ging es in der Gropiusstadt sehr heiß her. Drogen, Kriminalität und Bandenkriege standen auf unserem Tagesplan.
Da hatte ich wirklich Glück, dass es in unserem Bezirk ein Jugendfreizeitheim mit der Möglichkeit gab, eine Band zugründen und von der Straße fernzubleiben. Nachdem einer meiner Brüder in eine Schießerei verwickelt wurde und dabei fast mit seinem Leben bezahlt hätte, wusste ich, jetzt ist Schluss mit lustig.
Welche Bands oder Sänger haben dich während deines bisherigen Werdegangs am maßgeblichsten beeinflusst?
Elvis Presley, Ronnie James Dio und der gute Bruce Dickinson. Später kam noch ein großes Interesse an den Helden der Siebziger dazu. Aber sehr prägend für mich war "The New Wave Of British Heavy Metal".
Eine Frage, die ich immer sehr gerne stelle, weil zum Teil sehr interessante Konstellationen dabei herauskommen: Wie würde deine absolute Traumband aussehen, in der du natürlich singst. Und bitte keine Musiker benennen, mit denen du aktuell in einer Band spielst. Du kannst auch gerne bereits verstorbene Musiker auswählen.
Jeff Buckley am Gesang, Gitarren Michael Schenker und Eddie Van Halen, am Bass TM Stevens und an den Drums Cozy Powell und ich als Manager! Wow!
Was treibst du so, wenn du nicht mit deinen Bands beschäftigt bist? Welchen Hobbys gehst du nach?
Musik ist mein Leben, und mittlerweile gibt es da bei mir keine Zeit mehr für Hobbys.
Welches Album hast du dir zuletzt gekauft, und was läuft zurzeit in deinem MP3-Player?
Ich habe zwar einen MP3 Player, doch ich hasse diese Dinger. Sie klingen scheiße und die Akkus machen es auch nicht wirklich lange. Ich stehe auf diesen MP3-Mist privat überhaupt nicht. Wenn wir auf Tour sind, laufen auf meinem Player nur SOUL DOCTOR und FAIR WARNING. Ist halt sehr gut zum Warmsingen vor der Show.
Wenn du die Uhr zurück drehen könntest, was würdest du im Bezug auf deine Karriere anders machen? Oder besser, würdest du überhaupt etwas anders machen wollen?
Nein, ganz und gar nicht. Alles, was ich mache oder gemacht habe, habe ich bis jetzt immer nur mit vollster innerer Überzeugung gemacht. Und wenn etwas mal nicht so wird, wie ich es wollte, gestehe ich mir das ein und steuere schon auf das nächste Ziel los. Man muss halt auch mal loslassen können, mal über sich selbst lachen und sich nicht immer so wichtig nehmen. Wichtig ist nur, dass du das machst, was du auch gerne machst, alles andere ist echt egal.
Tommy, hast du noch ein paar letzte Worte für unsere Leser?
Na klar! Solltet ihr - wie auch ich - ein wenig gelangweilt von den Möchtegern Classic Hard Rock CDs der letzten Jahre sein, surft einfach mal ein wenig auf http://www.souldoctorrocks.com rum und hört euch auch mehr als nur einen Songfile aus unserem aktuellen Album "Way Back To The Bone" an. Ich bin sicher, ihr werdet es mögen.
Vielen Dank Tommy, dass du dir die Zeit genommen hast, meine Fragen zu beantworten. Ich wünsche dir und den Jungs von SOUL DOCTOR ein frohes Weihnachtsfest sowie einen guten Rutsch ins neue Jahr und hoffe, dass ihr mit „Way Back To The Bone" einen Volltreffer landet.
Dir auch ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in unser SOUL DOCTOR Jahr 2010. Ich hoffe, wir sehen uns dann wieder bei einem unserer Konzerte.
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Dirk
Musik: Hard Rock, Heavy Metal, Power Metal, Blues
Bands: Thin Lizzy, Gary Moore, Dio, Savatage, Bloodbound, Y&T, Edguy, Iron Maiden, Judas Priest, W.A.S.P.
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