Geschrieben von Dienstag, 15 Juni 2010 18:38

Slayer & The Haunted - Köln / Live Music Hall

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14.06.2010 - Möchte man gezielt Aggressionen abbauen, seien einem Metal und seine ganzen Sub-Genres ans Herz gelegt. Und sollte man eine ganze Menge Aggressionen angestaut haben, die drauf und dran sind, sich ihren Weg nach außen zu bahnen, dann sollte man schleunigst ein SLAYER-Konzert aufsuchen. Denn die vier Urgewalten um Sänger und Bassist Tom Araya sowie Gitarrist und Kultfigur Kerry King liefern, trotz ergrautem Haar und tourgefährdendem Rückenleiden, immer noch - da sind sich Fans und Feuilleton gleichermaßen einig - den besten Sound in Sachen nackenbrechendem Thrash-Metal.

SLAYER sind nämlich längst nicht mehr nur Kultur, sondern Kulturgeschichte, die neben Bands wie TESTAMENT und EXODUS das Lebensgfühl von San Franciscos Jugend der frühen 80er zwischen Skaterpark und Proberaum repräsentieren und darüber hinaus als mehrfache Grammy-Gewinner und ewige Diskursband beständig durch sämtliche seriösen Tagesblätter geistern. Denn auch,wenn SLAYER den Zuschauer zurück in die eigene Pubertät versetzen (in der es noch vollkommen angemessen war, mit reiner Polemik gegen Religion, Regierung und die ganze beschissene Welt zu wettern), haben die alten Herren aus Kalifornien nichts an Aktualität verloren. Ganz im Gegenteil, erreichte ihr aktuelles Album „World Painted Blood“ doch sogar hohe internationale Chartplatzierungen.

„World Painted Blood“ ist auch der Eröffnungstrack, der, nachdem die Live Music Hall in blutrotes Licht getaucht worden ist, die Nasenflügel zum Beben bringt und ein Konzert einleitet, das ein gutes werden wird. Zuvor aber liefert die Vorband THE HAUNTED aus Göteborg, Schweden eine gelungene Einlage zwischen kitschigem, von IN FLAMES inspiriertem, melodiösem Death-Metal-Riffing und versiertem Thrash mit core-lastigen Einschüben und progressiven Breaks, den man mögen kann, aber nicht muss. Insgesamt wirft aber die Spielfreude und die Virtuosität ein äußerst positives Licht auf die fünf Musiker - und eine würdige Vorlage für SLAYER sind die stimmungsmachenden Songs mit ihren cleveren Wechseln zwischen krummtaktigem Genknüppel und dumpfen Mosh-Parts in jedem Fall.

Nach der obligatorischen Umbauphase und der Einleitung durch „World Painted Blood“ grinst ein gut gelaunter Tom Araya ins Publikum. „We finally made it here“, lässt er wissen; sollte das Konzert doch bereits im März stattfinden, was jedoch aufgrund Arayas Rückenleiden nicht möglich war. Was danach folgt, ist SLAYER in Bestform. Klassiker folgt auf Klassiker, und selbst Songs wie „Jihad“ und „Disciple“ aus den eher mäßigeren bis schlechten Alben wie „God Hates Us All“ oder „Diabolus In Musica“ finden ihren Eingang in die Setlist. Sie werden dabei so gekonnt uminterpretiert und in das Soundgewand der frühen Alben eingebettet, dass die Ausflüge in den Nu Metal und Hardcore der 90er gar nicht weiter stören, sondern sich auf gleicher qualitativer Höhe zwischen „Cult“, „Ghost Of War“ sowie „Mandatory Suicide“ einreihen. Zudem betonen sie vielmehr noch die hervorragende, leicht progressiv-vertrackte Rhythmusarbeit der Musiker. Und spätestens, wenn bei „Seasons In The Abyss“ Kerry King zu einem seiner zum Markenzeichen gewordenen atonalen Shred-Soli ansetzt, Dave Lombardo und Jeff Hanneman um ihr Leben spielen und Tom Araya einem „as you go insane“ um die Ohren haut, weiß man, warum SLAYER so groß geworden sind. Dann darf man wieder fünfzehn sein und die Welt verfluchen.

Vielleicht liegt es daran, dass SLAYER mit der Rückkehr Dave Lombardos im Jahre 2001 wieder in Urbesetzung spielen, vermutlich aber auch daran, dass das Konzert seinen genialen Abschluss mit den Thrash-Klassikern „Raining Blood“, „South Of Heaven“ und „Angel Of Death“ fand, ich jedenfalls bin davon überzeugt, dass SLAYER so gut klangen wie selten zuvor.