Geschrieben von Donnerstag, 24 April 2008 12:22

Death Angel, Mercenary, Demolition & Extrema - Essen / Turock

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19.04.2008 – Auch wenn das Aprilwetter dieses Jahr seinem Namen alle Ehre macht, ist es doch immer wieder beruhigend zu wissen, dass man sich auf gewisse Sachen verlassen kann. Nämlich auf einen ausgezeichneten Milchkaffee im Café Nord, einen Emo-Auflauf vorm Turock und die Tatsache, dass der Einlass sich bei besagtem Laden gerne mal um eine halbe Stunde verzögert.
So stehe ich um 18.45 Uhr vorm Café Nord und wähle die Handynummer des Tourmanagers von DEATH ANGEL und MERCENARY, um mich für mein Interview mit MERCENARY anzumelden, welches um 19.00 Uhr stattfinden soll. Eine freundliche Stimme antwortet mir und weist mich an, mich ins Turock zu begeben, wo ich die Jungs schon treffen würde. Gut, ich weiß, wie sie aussehen, aber die geschlossene Tür des Liveclubs und die Menschenansammlung gestaltet das Vorhaben, schon mal vorab rein zu gehen, etwas schwierig. So warten Kollege Hannes und meine Wenigkeit geduldig in der Schlange auf den Einlass. Gegen 19.00 Uhr geht die Türe auf und ungeduldige Fans strömen in den Konzertraum. Inklusive mir. Ich halte wachsam meine Augen auf und versuche, einen Söldner zu erspähen. In der Lounge des Turock treffe ich auf Sänger Mikkel Sandager, werde aufs Herzlichste begrüßt und zu Bassist René Pedersen geführt, der sich sofort bereit erklärt, sich meinen Fragen zu stellen. Während ich also mit ihm im Tourbus sitze und gemütlich Wasser trinke, beginnt das Konzert gegen 19.30 Uhr mit den Italienern von EXTREMA, die sich Hannes interessiert anguckt.
Die Jungs aus Mailand geben in der nächsten guten halben Stunde modern angehauchten Thrash-Metal zum Besten und machen den Zuschauern im ansprechend gefüllten Laden Appetit auf die folgenden Bands und Stunden. Als ein in Deutschland bis dato unbeschriebenes Blatt empfiehlt sich die Band mit purer Spielfreude und variantenreichen, mit leichten MACHINE HEAD-Einflüssen versehenen Songs für die Zukunft. Da das Essener Publikum unbekannteren Bands sehr aufgeschlossen ist, bleibt EXTREMA das harte Los von Openern erspart, vor völlig desinteressiertem Publikum spielen zu müssen. Ein Umstand, den die Musiker äußerst dankbar registrieren, und dem sie mit einer guten Liveshow ihren Tribut zollen. Auch wenn der Sound bei diesem Gig etwas übersteuert war, konnte man sich doch vom Potential von EXTREMA überzeugen.
Kurz vor Ende des Gigs von EXTREMA komme auch ich von meinem Interview wieder zurück ins Turock. Ich habe eher wenig Motivation, einmal ganz außen rum zu laufen, gehe durch den offen stehenden Hintereingang und renne fast einen Roadie von DEATH ANGEL um. Leicht verlegen mache ich mich auf die Suche zur Türe zum Konzertsaal, mische mich unter die Leute und merke wieder einmal, dass es etwas Leckereres gibt als Krombacher Alkoholfrei.
Nach einer kurzen Umbaupause heißt es "take two" beim heutigen Thrash-Reigen. Die Old-School-Fraktion wird nach den moderneren Klängen des Openers mit DEMOLITION gut bedient und weiter eingestimmt. Mit viel ausgewogenerem Sound als vorher ballern die Österreicher von der ersten Sekunde an ohne Rücksicht auf Verluste drauf los. Kompromissloser, grundsolider Old-School-Thrash, der einen beim Autofahren dazu animieren könnte, das Gaspedal in die Ölwanne zu befördern, knallt aus den Boxen und heizt die Stimmung vor der Bühne weiter an. DEMOLITION versuchen mit ihren Songs nicht, auf Teufel komm raus den Thrash-Metal neu zu erfinden, sondern bringen mit ihrer sympatischen Art – man bedankt sich wohlerzogen für den Zuspruch – klassisch- thrashigem Sound und einer ordentliche Bühnenshow bereits am frühen Abend eine gute Partystimmung in das immer voller werdende Turock.
Ja, auch ich habe meine Rituale. Bis jetzt habe ich jedes Konzert von MERCENARY aus der ersten Reihe verfolgt, und ich habe auch heute keine Lust, daran etwas zu ändern. MERCENARY dürften an Essen und besonders an das Turock eigentlich nur gute Erinnerungen haben, brannten sie doch vor ziemlich genau einem Jahr auf dieser Bühne ein Feuerwerk ab. Heute haben die Sechs nicht soviel Platz, das bereits aufgebaute Drumkit der Headliner schränkt den Freiraum erheblich ein.
Gegen 21.00 Uhr fällt der Startschuss für MERCENARY, die mit ihrer progressiv, thrashigen Interpretation des Genres Melodic-Death heute doch etwas aus dem Rahmen fallen. Dieser Umstand stört allerdings niemanden, am allerwenigsten die Band selber. Wohl von den positiven Erinnerungen an den letzten Gig an dieser Stätte und der Tatsache, mit einer Legende auf Tour zu sein, angestachelt, legen die Dänen los. Man ist mit neuem Material unterwegs und hoch motiviert, auch im Ruhrpott Stimmung für das neue Werk „Architect Of Lies“ zu machen, denn die Setlist besteht, mit zwei Ausnahmen („My Secret Window“ und „11 Dreams“) ausschließlich aus neuen Songs. Man steht, während des Intros wie gewohnt, mit dem Rücken zum Publikum, um die aufgebaute Spannung mit einem Paukenschlag in pure Energie umzusetzen. Der vielgerühmte Funke springt sogleich über, und beim Opener „New Desire“ fliegen die Haare in den ersten Reihen. Die zahlreichen Club- und Festivalgigs in den letzten Monaten zeigen Wirkung, denn die Band präsentiert sich auf der Bühne mehr denn je wie eine Einheit. Wie erwartet souverän leiten Mikkel Sandager und René Pedersen durch das Programm und kommunizieren zwischen den Songs erfreut mit dem Publikum. Kleine Kaspereien untereinander inbegriffen, nutzt man jeden freien Quadratmeter der Bühne für eine energiegeladene Show, die wohl auch zum Frustabbau bei der Band dient. Die Zeit in England war nicht so toll, wie Sänger Mikkel ausdrücklich betont; er lässt verbal keinen Zweifel daran aufkommen, wie sehr man sich freut, wieder in Deutschland spielen zu dürfen. Eine Aussage, die vom mittlerweile gehörig feiernden Publikum mit lautem Applaus und wohlwollendem Gekreische aufgenommen wird. Mit Songs wie „Bloodsong“, „Black And Hollow“ und „Isolation (The Loneliness in December)" lassen sie die 45 Minuten Spielzeit wie im Fluge vergehen, mit „11 Dreams“ würdevoll den Vorhang fallen und verlassen sichtlich erschöpft und glücklich die Bühne.
Wie man die Geduld des Metalfans gehörig auf die Probe stellen kann, beweisen in den folgenden Minuten die Roadies von DEATH ANGEL. Mit einer unheimlich Akribie verlegt man Kabel, justiert das Backdrop, stimmt die Instrumente. Alles soll perfekt sein für die Legende, die sich in den folgenden 90 Minuten anschickt, das Turock in seinen Grundfesten zu erschüttern. Seit 1982 stehen DEATH ANGEL auf den Brettern, die die Welt bedeuten, und sind aus der Szene einfach nicht weg zu denken. 26 Jahre sind eine lange Zeit. Während mir dieser Gedanke durch den Kopf geht, konstatiere ich, dass so manch ein anwesender Fan bei der Gründung dieser Band noch in den Windeln lag, respektive noch nicht einmal in Planung war. Das Publikum ist an diesem Abend altersmäßig gut gemischt.
Ca. 22.45 Uhr betreten die Musiker nach und nach die Bühne, Hände recken sich gen Decke und mit „Lord Of Hate“ fällt der Startschuss für eine klassische Thrash-Orgie, die es in sich hat. DEATH ANGEL haben die Menge von der ersten Reihe bis zur Ausgangstüre fest in der Hand und zeigen von der ersten Sekunde an, dass man auch nach 26 Jahren keinesfalls zum alten Eisen gehört, geschweige denn auch nur ein Fitzelchen Rost angesetzt hat. Mit wildem, schnörkellosem Stageacting lässt man keinen Zweifel daran aufkommen, dass man zurecht zur ersten Klasse im Thrash-Metal gehört und ein voll auf die Zwölf gehender, knallharter Sound lässt das Publikum schlichtweg durchdrehen. Der von Anfang an vorhandene Moshpit verwandelt sich kurzerhand in einen Hexenkessel, welcher sich im weiteren Verlauf auf das gesamte Turock ausbreitet. Auf meine eigene Gesundheit bedacht, verfolge ich das Geschehen vom hinteren Teil des Saales aus, was mich aber nicht vor Schubsereien bewahrt. Ein jeder der Anwesenden feiert ausgelassen, das Turock brodelt. Somit ist es auch kein Wunder, dass Sänger Mark Osegueda sich nicht nur einmal bei den Anwesenden für die jahrelange Unterstützung mit hörbarer Rührung und symbolischen Umarmungen bedankt. Für den heutigen Abend hat man extra eine spezielle Setlist ausgearbeitet, die neben den Songs des neuen Albums „Killing Seasons“ einen Überblick über die gesamte Schaffensperiode beinhaltet, mit Songs wie „Buried Alive“, „Voracious Souls“, “When Worlds Collide”, “God Vs. God“ und “Third Floor” nun wirklich keinen Wunsch offen lässt und die Stimmung auf konstant überirdischem Niveau hält. Leider ist der Curfiew unerbittlich, nach einem 90 Minuten andauernden Feuerwerk fällt auch für DEATH ANGEL nach einem über alle Maßen überzeugenden Auftritt der Vorhang.
Fazit: Alle viel Bands haben an diesem Abend alles gegeben, die Stimmung suchte ihresgleichen – für mich ein heißer Favorit auf das Konzert des Jahres. Ende der Durchsage.


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