Zwanzig nach acht kommen wir beim Molotow an und treffen an der Bar gleich SONNY MOORE, den heutigen „Supportact“. Der 21jährige ist trotz vieler skeptischer Stimmen bezüglich seines Ausstiegs bei der Post-Hardcore Band FROM FIRST TO LAST, mit der er zwei erfolgreiche Alben (2004: Dear Diary, My Teenage Angst Has A Bodycount; 2006 Heroine) veröffentlichte, und seines kompletten Genrewechsels in die Elektro-Richtung sehr zuversichtlich und offenbart, er würde diesen Abend nur auflegen und hinter dem DJ Pult des Molotows stehen. Sein Set leitet der kleine Sonny, der hinter seinem Pult kaum zu sehen ist, mit der Worten „Are you guys drunk, yet?“ und etlichen dumpfen und teils auch harten Technobeats ein, und das Publikum in dem zum jetzigen Zeitpunkt noch spärlich besuchten Molotow reagiert anfangs eher reserviert und lässt sich nur vereinzelt zum Tanzen bewegen.
Nach ein paar Songs mit bekannten Ausschnitten von THE PRODIGY, NIRVANA oder BRYAN ADAMS "Summer of 69" und Anheizern SONNYs in der Art von „If you wanna dance, don’t be shy“, füllt sich die Tanzfläche einigermaßen, und die Hardcore Fans lassen sich auf die lauten, basslastigen Beats ein. Nach einer guten halben Stunde verabschiedet sich der junge Kalifornier mit einem Mix des RAGE AGAINST THE MACHINE Klassikers „Killing in the name of“ und schürt hierdurch noch einmal mehr die Freude auf CHIODOS. Insgesamt konnte SONNY die Menge aber nicht wirklich für sich gewinnen, was für den Hauptact CHIODOS, die Punkt zehn die Bühne stürmten, vom ersten Song an eine Leichtigkeit war.
Los geht’s gleich mit dem Metalcore-Kracher „The Undertaker’s thirst for revenge is unquenchable“ – ein wirklich grandioser Opener – die Menge tobt und singt lauthals mit, die Band verausgabt sich – aber der Sound lässt anfangs leider etwas zu wünschen übrig. Es geht weiter mit „All nereids beware“ von „All’s well that ends well“ und gleich danach soll mit „Two birds stoned at once“ ein neuer Song des letzten Freitag veröffentlichten Werks „Bone Palace Ballet: Grand Coda“ folgen, was sich technisch allerdings als schwierig erweist, da das Abspielen des orchestralen Playback-Intros nicht klappen will. Nach einem erneut gescheiterten Versuch und einem sichtlich angesäuerten Craig fragt dieser leicht verzweifelt nach „alcoholic beverages“ und droht der Menge damit, keine der neueren Songs, die die Samples vom Band benötigen, mehr zu spielen.
Wieder aufgemuntert durch einige „Hi 5s“ mit den Fans funktionert das ganze dann beim dritten Versuch, und die Harmonie ist wieder hergestellt. Der neue Song ist ein absoluter Livesong und Textphrasen wie „Oh how we celebrate the mediocrity“ bleiben einfach hängen. Mittlerweile ist auch der Sound wieder auf einem annehmbaren Level, und durch die gute PA-Anlage sind außer dem Sänger alle Instrumente der anderen Musiker klasse zu hören.
Mit „A letter from Janelle“ folgt hierauf ein ruhigerer Song, und wieder gehen einem Textzeilen wie das wiederholte „Such a paradox, isn’t it – isn’t it“ einfach nicht mehr aus dem Kopf. Die Zerbrechlichkeit in der Stimme des Sängers kommt besonders in diesen ruhigeren Nummern klasse zur Geltung. Hiernach geht es mit „There’s no penguins in Alaska“ gleich wieder härter zur Sache, und besonders der durchgeknallte Keyboarder Bradley verausgabt sich komplett. Auch Sänger Craig fesselt das Publikum – und besonders die weiblichen Fans - zu jedem Zeitpunkt, und das nicht nur durch seinen einzigartigen Style, sondern viel mehr durch seine fast schauspielerischen Showeinlagen, bei denen der Mikroständer den (weiblichen) Gegenpart darstellt, die teilweise leicht aufgesetzt (Kaugummi kauend) wirkende Art und die theatralische Gestik (Kniefall, Arme auseinanderreißen).
„Smitten for the mitten“ ist der nächste Neuling und klingt mit einem wunderbaren Keyboard- Drumsolopart aus. Zwischenzeitlich lobt Craig den kleinen SONNY „We love you, kid“, spuckt sein Wasser auf die Bühne und ist permanent im Blickkontakt mit der Menge. Absolut kein Halten mehr gibt es dann bei dem Übersong „The Words Best Friends Become Redefined“ und dem darauffolgenden Kracher und gleichzeitig Titeltrack von „Bone Palace Ballet“ „Is It Progression If A Cannibal Uses A Fork“ – die Band moscht im Takt mit dem Publikum und versprüht eine ungeheure Energie. Bei dem jetzt folgenden Hit „LEXINGTON“ sieht es dann komplett so aus, als hätte der Mikroständer Craigs die weibliche Rolle aus dem dazugehörigen Video eingenommen. Hierauf gibt es mit „Bulls Make Money, Bears Make money, Pigs Get Slaughtered“ und „If I Cut My Hair, Hawaii Will Sink“ gleich wieder zwei mitreißende härtere Nummern, bei denen vor allem Keyboarder Bradley durch seine zwischenzeitlichen kurzen Pausen an der Bar auf sich aufmerksam macht, um aber im nächsten Moment wieder auf die Bühne zu stürmen und zu keiner Zeit seinen Einsatz zu verpassen. Leider wird danach mit „Baby, You Wouldn`t Last A Minute On The Creek“ nach nur einer Stunde schon der letzte Song eingeleitet, und die Band verabschiedet sich mit Sprüchen wie “You are fucking crazy” und “Come and hang out after the show”, lässt sich dann aber durch laute „Zugabe“ Rufe schnell zu einem Nachschlag bewegen. Diesen bildet das herrliche „No Hardcore Dancing In The Livingroom“, währenddessen Craig sich statt seines berühmt berüchtigten „Crowd Walkings“ direkt in die Menge begibt und mit den Fans um die Wette growlt.
Insgesamt also ein rundum gelungener Abend mit einer äußerst sympathischen, hochmotivierten jungen Band, die das Leben nicht zu ernst nimmt und uns hoffentlich bald wieder einen Besuch abstattet.
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Bilder (c) by Jana Susann Meyer / BurnYourEars