Geschrieben von Freitag, 06 März 2009 22:06

Ska-P, Sondaschule, Rantanplan & Irie Revoltes - Oberhausen / Turbinenhalle



07.02.09, Oberhausen - Wenn es denn tatsächlich schon mal passiert, dass die Skapunk-Legende SKA-P in meiner Nähe spielt, komme ich schon mal stark ins Überlegen, wie ich meine Abendgestalltung denn so plane. Und wenn dann noch so verdammt gute „Vorbands“ wie SONDASCHULE mit von der Partie sind, ist die Frage eigentlich bereits geklärt und mit einem dicken „Jupp, da muss ich hin!“ besiegelt.

Und so setzte ich mich also ins Auto und fahre nach Oberhausen. Als ich an der Turbinen-Halle ankomme, ist mittlerweile schon der halbe Ruhrpott unterwegs, und so stehe ich in einer gar nicht mal so kurzen Schlange – da waren wohl mehr Leute auf den selben Gedanken gekommen. Und aus diesem Grund ist das Konzert auch bereits seit einigen Wochen ausverkauft, was natürlich die dementsprechenden Schwarzmarktverkäufer auf den Plan ruft. Aber was soll`s? Irgendwann bin ich dann auch tatsächlich drin. Da ich aber nicht allzu früh losfahren konnte, habe ich bereits die WISECRÄCKER, DAWSONS CRACK und LOS PLACEBOS verpasst.

Aber passend zum Eintritt in die Halle selber stehen mir die bis dahin unbekannten IRIE REVOLTES auf der Bühne gegenüber, die mich überraschen und begeistern. Mit einer Mischung aus Reggae, Dancehall und HipHop geben die Heidelberger alles und rocken die Bühne, wie ich es nicht vorher erwartet hätte. Ich meine, ich kam wegen Ska-Punk zu diesem Konzert, und da stehen auf einmal Typen auf der Bühne, die über Reggae- und Dancehallbeats auf Deutsch und Französisch singen und Rappen, und die dabei eine Energie entwickeln, die zum Beispiel die nach ihnen spielenden RANTANPLAN zu keinem Zeitpunkt erreicht haben. Ihre Bühnenshow ist schweißgetränkt und enthält immer wieder ganz klar antifaschistische Elemente, welche das zum Großteil aus Punks bestehende Publikum ziemlich anheizen. Die Menge tobt und springt, und ich habe eine neue Band für meine Live-Lieblingsliste gefunden. Überraschung des Abends!

Danach kommen eben erwähnte RANTANPLAN, die ja mittlerweile auch schon ziemlich lange dabei sind. Aber leider muss ich bei meinem vor Jahren gefällten Urteil bleiben, denn auch nach so langer Zeit hat die Band anscheinend noch nicht wieder den Funken gefunden, der mit dem Ausstieg der heutigen KETTCAR-Leute (in meinen Augen) erloschen zu sein scheint. Zwar war der Auftritt gut, aber eben nicht so überragend, wie er anhand ihres Songpotentials hätte sein können. Denn mit „Durch die Nacht fällt Schnee“ und „Tu den Ska“ und einigen Hits der „Köpfer“-Platte hatten sie mich eigentlich recht einfach in der Hand. Aber es war auch ein wenig bezeichnend, dass sie mit Stücken der „Samba“ angefangen haben – also der Platte, mit der es runter vom Thron des deutschen Skapunks ging. Da nutzte es auch nichts, das ein oder andere Stück zu schnell zu spielen – dadurch ergab sich eben einfach nicht der Druck wie damals durch das (noch) rauhe Organ von Marcus Wiebusch. So blieb im Endeffekt ein zwiespältiges Gefühl übrig: gute Songs („Unbekanntes Pferd“, „Schweinesand“ undundund), aber eben nicht die Party, wie sie auslösen müssten.

Mit solchen Problemen hatten SONDASCHULE nicht zu kämpfen. Die Lokalmatadore setzten auch direkt auf ihren Heimbonus und strahlten in ihren weißen Anzügen um die Wette. Vor allem Sänger Costa wirkte, als ob er von der Zahnpastaindustrie gesponsert werden würde – man hatte manchmal Angst, seine Mundwinkel könnten sich am Hinterkopf treffen und so seinen Kopf halbieren. Aber wenn man sich die Menge an Menschen vor der Bühne und deren enthusiastische Reaktionen vor Augen führt, kann man diese Freude auch mehr als nur verstehen. Der Gig wirkte bei weitem nicht wie der einer Vorband, sondern eher wie der eines Co-Headliners. Und so wurden Hits von allen drei Alben abgefeiert, wobei sich de Band sehr tight und spielfreudig gab und von einem sehr guten Frontmann angeführt wurde. Mit einem Augenzwinkern und einer vorausgeschickten Entschuldigung sang man „Mein Penis“ zum Playback und wirkte tatsächlich nicht mal peinlich. Man kann so was anscheinend auch singen, ohne wie die KASSIERER zu wirken. Insgesamt ein wirklich klasse Gig, der SONDASCHULE ziemlich weit oben an der Spitze der deutschen Skapunkszene zeigte. Und sollten irgendwann mal die ÄRZTE in den Ruhestand gehen, könnte man hier über einen Nachfolger nachdenken, denn die Songs sind gut genug, um auch außerhalb des Skapunks für Furore zu sorgen.

In der Pause danach wurde aber deutlich, dass nun das Highlight des Abends folgen sollte: hier wurden dann sogar schon die Leute, die den Linecheck übernahmen, abgefeiert. Und als die spanische Ska-Punk-Legende SKA-P dann auch wirklich auf der Bühne war, war die Stimmung buchstäblich am Kochen. Und so wurden dann auch alle Songs abgefeiert, und selbst die Ansagen wurden bejubelt – was mich etwas wunderte, da diese Ansagen fast alle auf Spanisch waren und zumindest mir ein Rätsel bleiben sollten. Aber egal, denn ihre Musik ist mehr als international verständlich, und so konnten sich die Füße des Publikums auch kaum gegen Bewegung wehren. Klasse war auch die Show der Truppe, die zum Teil in Kilts auftrat und auch ansonsten den Eindruck von ziemlich „abgefuckten Punks“ hinterließ – sehr sympathisch.
Auch die Showelemente ihres Auftritts konnten sich mehr als sehen lassen. Der zweite Sänger (ohne Instrument) ging sich fast zu jedem zweiten Song hinter der Bühne umziehen, um ein passendes Outfit für den jeweiligen Song zu tragen. So sahen wir ihn unter anderem als fiesen und prügelnden Polizisten, als sexhungrigen Bischoff, als Todeszellenkandidat, als Gevatter Tod, als bekloppten Adligen undundund. So konnte selbst ich als des Spanischen nicht Mächtiger einigermaßen verstehen, worum es in dem Song ging. Natürlich durfte auch ihr Hit zu Legalisierung von Cannabis nicht fehlen – was im Publikum auch recht offen und vielmals in die Tat umgesetzt wurde (und das nicht nur bei diesem speziellen Song). Dass der Publikumssound bei dem Songs ausfiel, bekam die Band erst sehr zögerlich zum Schluss mit und stimmte das Lied kurzerhand einfach noch mal an.

Natürlich gab es auch eine Zugabe der quirligen Band, die ein sehr gutes und klasse gespieltes Set aus jeder menge Hits ablieferte, und nun wissen wir auch, dass auch Spanier nichts unter dem Kilt tragen…Mit dieser Erkenntnis ging es dann mit hunderten von anderen glücklichen und begeisterten Besuchern Richtung Heimweg, was allerdings durch einsetzende Glätte und spontan zugefrorene Scheiben irgendwie gar nicht zu diesem grade erlebten Feuerwerk passen wollte.
Aber egal, lebend zu Hause angekommen und im vollen Bewusstsein dessen, grade ein extrem gutes Konzert und einen fantastischen Headliner gesehen zu haben (den sich wirklich jeder Fan des punkigen Skas mal antun sollte), überwog immer noch die gute Laune. Olé!

http://ska-p.com/index.php
http://www.sondaschule.de/
http://www.rantanplan.de.ms/
http://www.irie-revoltes.com/