GOODBYE FAIRGROUND sind eine dieser einheimischen Bands, die im Jahr 2013 Großes vollbringen könnten. Ausgestattet mit einem der besten deutschen Punkrock-Alben seit Jahren ("I Started With The Best Intentions"), hört man ihre Single "Western Gold" bei immer mehr Gelegenheiten. Sänger Benjamin hat exklusiv für BurnYourEars ein Tourtagebuch ihrer Spring-Tour mit WESTERN GRACE (22.03.13-30.03.13) geschrieben – Rock 'N Roll kann man jetzt auch lesen!
Lennestadt
Da wir leider aus unerfindlichen Gründen kein reguläres Konzert für diesen Freitag bekommen haben (schämt euch, Booker zwischen Münster und Regensburg!), stellen uns Trip To New York freundlicherweise ihren Proberaum und halben Freundeskreis zur Verfügung. Besagter Raum liegt in Lennestadt, irgendwo hinter den sieben Bergen und wir kommen über die Route Köln – Essen – Münster – Dortmund – Lennestadt gegen 20 Uhr dort an. Nach einer Mammutbestellung bei der nächstgelegenen Pizzeria (in der sich verliebte Paare vom Kellner fotografieren lassen "weil wir das immer so machen") eröffnen die beiden TTNY Gitarristen Kemper und Manuel den musikalischen Teil des Abends mit allerlei Selbstgeschriebenem und einem wilden Ritt durch die Vielfalt zeitgenößischer Musik von "Mr. Brightside" bis "Trusty Chords". Letzteres steht dann auch bei unseren tapferen Wegbegleitern von Western Grace auf der Setlist.
Noch viel toller sind da aber doch die eigenen Stücke und "Boxcar" von Jawbreaker. Kurz die Bandkollegen angeschaut und zustimmende Blicke geerntet. Glück gehabt! Das ist eine Band, die man sich auch in den nächsten acht Tagen gerne immer wieder anschaut. Bei unserem Set spielen dann ein paar ganz ausgefuchste Experten Rugby und mit einigem Erstaunen stellen wir fest, dass ein großer Teil der Anwesenden die Songs unseres Albums mitsingen kann, das eigentlich erst in einer Woche erscheinen wird. Selbstverständlich spielen wir ebenfalls "Trusty Chords". Zwar ist unsere Version nicht ganz so text- und notensicher, dafür hüpfen bei uns aber die meisten Sauerländer. Der weitere Abend wird dann feuchtfröhlich und wir schlafen im Proberaum, wo wir uns fast zu tode "fritzen" (die Körperteile unter dem Schlafsack schwitzen, während die Körperteile darüber frieren... ist doch klar).
Regensburg
Wir erwachen völlig durchgefritzt, laden ein und duschen bei Kempers Mutter. Danke nochmal dafür! Die Fahrt nach Regensburg verläuft ereignislos und wir sind nicht nur pünktlich am Club, sondern sogar zu früh! Vorbildlich! Nützen tut es uns nichts, da es am L.E.D.E.R.E.R. keine Parkplätze gibt und wir den Wagen so nach dem Ausladen auf einem öffentlichen Parkplatz 15 fußläufige Minuten vom Club parken müssen. Natürlich vergessen wir dabei unser Basstopteil im Bus und sprinten eine halbe Stunde vor Konzerbeginn nochmal zurück. Sport und tourende Punkbands gehören einfach zusammen. Da es heute irgendwie keinen Mischer gibt, sind wir die Herren über unseren eigenen Sound, was nie eine gute Idee ist. Trotzdem macht das Konzert richtig viel Spaß, was auch an Still Bleak und Fights & Fires liegt, die jeweils verdammt beeindruckende Sets abliefern. Darüber hinaus hat Western Grace Gitarrist Philipp Schlage Geburtstag und wir stoßen das ein oder andere Mal auf ihn an.
Wiener Neustadt
Bedingt durch Schneestürme (mindestens) zwischen St. Gallen und Wiener Neustadt erreichen wir den Club mit einiger Verspätung. Als professionelle Tourband entern Western Grace trotzdem quasi direkt vom Van aus die Bühne. Dass sie heute den besten Sound der gesamten Tour haben werden, wissen sie da natürlich noch nicht. Für selbigen ist Zock von Astpai verantwortlich, der die Show auch organisiert hat. Nach dem vielleicht besten Western Grace Auftritt der gesamten Tour beehren die Lokalmatadore von Small Hours das Publikum mit ihren neuen Songs. Die Band ist zwar noch recht frisch, dafür kennt man die Mitglieder schon von Soey. Bei Gelegenheit unbedingt anhören! Nach unserem Auftritt fallen wir noch einigen Freunden und Bekannten in die Arme (an dieser Stelle ein feuchtfröhliches Hallo an Verena, Philipp, Jack und Georgie). Wir übernachten in der weltberühmten Chiller-Villa und diskutieren über Refused-Reunions. Wir sind dagegen!
Graz
Das Sub in Graz ist einer der coolsten Clubs überhaupt, passend halt zur Punkszene Österreichs. Unfassbar, wie viele großartige Bands mit noch viel sympathischeren Menschen zwischen die Berge passen. Wir spielen heute mit Gone Astray und All Aboard. Es wird richtig voll, vor allem für einen Dienstag abend, und als wir gegen 00:30 Uhr (!) unser Set beenden, beginnt die Nacht für das Grazer Partyvolk erst. DJ Cis lädt zum gepflegten Abschwofen zwischen Chumbawamba und Boston. Wildfremde Menschen liegen sich bis halb fünf in den Armen oder übertreffen sich gegenseitig beim Luftgitarre spielen. Wir pennen zum mittlerweile dritten Mal bei Flozi von The Liberation Service, der auch während des Konzerts die erste Reihe nicht eine Sekunde verlassen hat. Graz, du alte Tanzmaus, das war ganz groß!
Nürnberg Off-Day
Da man Off-Days nicht zuviel Platz einräumen sollte, hier das Wichtigste in Kürze: wir essen (vegane) Pizza mit einigen netten Grazern, brechen die Schiebetür aus unserem Tourvan, campieren zwei Stunden lang bei einem McDonalds 100km vor Nürnberg und pennen schließlich bei Matze von Concrete Jungle, der auch nachts um elf noch arbeitet, damit faule Menschen wie wir nicht so viel mit Bandkram zu tun haben. Vor lauter Off-Day-Langeweile beschließen die Schlage-Brüder Alex und Philipp, sich eine Bindehautentzündung zuzulegen. Auch Gitarrist und Sänger Flo will da nicht zurückstehen, kann aber in Sachen Ekelfaktor und Rötungsgrad nicht ganz mithalten. Ärgerlich!
Hamburg
Der Weg nach Hamburg ist geprägt von unglaublich schlechten Autofahrern, aber trotzdem erreichen wir das Molotow sicher und vollzählig. Während unseres Soundchecks besorgen Tex und Flo unsere neuen Hoodies, die ein Freund bei Homesick in Münster abgeholt und nach Hamburg transportiert hat (auch auf diesem Wege nochmals vielen, vielen Dank an Jenny und Josua fürs Drucken und Designen und Robert fürs Abholen!). Wir essen in einem benachbarten Restaurant und realisieren, dass wir krank sind und eigentlich nicht spielen sollten. Zurück im Club verliere ich meine Stimme fast in dem Moment, in dem ich erfahre, dass das Konzert ausverkauft ist. Der Einsatz von Kaugummis, Halsschmerztabletten und Whisky lockt sie dann aber doch noch rechtzeitig für gefühlte zwei Stunden aus der Deckung.
Nach der Show schütteln wir viele Hände und ich darf zum ersten Mal in meinem Leben eine andere Band aus dem Backstageraum werfen, da ich diesen für ein Interview brauche. Dass die andere Band Western Grace ist und sowieso Besseres zu tun hat, als im Backstageraum abzuhängen, sei hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Unser Bassist Benny findet noch ein paar aufmunternde Worte für Philipp "Red Eye" Schlage ("Ey, du tropfst auf den Boden! Das Auge platzt und dann bist du blind oder tot!"), die diesen in seinem Entschluss bestärken, die Bandwohnung des Molotow aufzusuchen. Ein paar von uns schließen sich ihm an und wir lassen uns Rockstar-mäßig mit dem Taxi dorthin kutschieren, nicht ohne vorher noch den schlechtesten Gemüse-Burger Hamburgs mit Bandfreund Chris zu verzehren. Der Rest lässt sich vom Molotow-Team weiter zu kostenlosen Drinks verführen, aber das ist eine ganz andere Geschichte.
Groningen
Wir essen mit Jule von Allschools Burritos und veganes Eis, steigen in den Van und reiten in Richtung Groningen. Das Simplon ist ein riesiger Club, mit fetten Boxen und eigener Lightshow, und als wir vom Essen zurückkommen, hat sich eine Schlange vor dem Eingang gebildet. Leider wollen die meisten Leute zum Reggae-Konzert im selben Laden. Wir müssen wiederum die Türsteher erst überzeugen, dass wir hier heute abend spielen und so erreichen Western Grace die Bühne um 19 Uhr, also genau zu ihrer Stagetime. Zahlende Gäste gibt es keine, da die Türen unten noch zu sind, und so beginnen Western Grace quasi für uns. Bei den beiden lokalen Bands Volchok und Hoist The Colours ist es zwar voller, aber das niederländische Publikum ist doch eher reserviert. Dafür reißt uns direkt beim ersten Song eine Basssaite. Sicher nicht die beste Show der Tour, aber dafür steigt die Vorfreude auf Münster.
Münster
Einen Bericht über die verregnete Fahrt schenke ich mir und danke auf diesem Wege lieber der Idle Class / Just Like Rats / Stahl & Panik WG, die uns Obdach für die einsamen Stunden vor dem Konzert gewährt. Wir trinken Kaffee und vor allem Tee, da mittlerweile eigentlich alle neun Mitreisenden krank sind. In der Baracke gibt es ein freudiges Hallo mit den Veranstaltern von Cheap Shot und für die Münsteraner ein Wiedersehen mit ihren Freundinnen. Der Rest von uns begrüßt hingegen Fights & Fires und gemeinsam bauen wir den schönsten Merchtisch aller Zeiten. Es wird voll, und nach den Aachernern von When There Is None genießen wir zum vorerst letzen Mal Western Grace. Selbst "Boxcar" spielen sie wieder, nachdem ich sie die gesamte Tour damit genervt habe. Fragt sie nach dem Song, wenn ihr sie das nächste Mal live seht. Sie lieben das! Nachdem Fights & Fires unseren Freund und Produzenten Jochen mit in ihr Set eingebaut haben, spielen wir den sicherlich chaotischsten Gig der gesamten Tour. Dafür feiert das Münsteraner Publikum um so euphorischer mit und festigt einmal mehr den Ruf der Stadt als neue Punkrock Hochburg.
Unser Dank geht an alle Bands, Booker und Besucher, an jeden, der uns mit Essen oder einem Schlafplatz versorgt hat und an alle, die tatsächlich ihr Geld für unsere Platten oder Shirts ausgegeben haben. Ein besonderer Dank gilt natürlich Western Grace, an deren Ruf als beste Menschen und Musiker wir ab sofort weiter mit Hochdruck werkeln werden. Tut euch selbst einen Gefallen und hört euch diese Band an! Mein besonderer Dank gilt darüber hinaus Flo, weil ich aus seinem Tourtagebuch abgeschrieben habe.
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