Geschrieben von Samstag, 12 November 2005 20:14

Hammerfall & Stratovarius - Monster Metal Madness Tour / Köln: Palladium


Review


Link: www.hammerfall.net
www.stratovarius.com
www.shakra.ch

„Monster Metal Madness Tour“ – das bedeutet wehende Matten, brennende Ohren(!) und viel, viel Edelstahl, wenn sich Skandinaviens bekannteste True/Power-Metal-Exporte durch Mittel- und Südeuropa wälzen. Da man nicht die Güte hatte, sich nach Süddeutschland zu bequemen, bestand in unserem speziellen Fall also die Notwendigkeit, die Deutsche Bahn zu frequentieren und mit Kind und Kegel in die wunderbare Rheinstadt Köln zu gondeln, um Zeuge dieser denkwürdigen Allianz zu werden – nicht umsonst, wie sich herausstellen würde! 

„Suche Karte“–Schilder allenthalben auf dem kurzen Fußweg zum Palladium in Köln-Mülheim – die Kiste scheint tatsächlich ausverkauft zu sein. Nach Betreten des altehrwürdigen Palladiums bietet sich ein interessantes Bild: Die Stratovarius-Fans sind deutlich in der Unterzahl, Hammerfall-Shirts allenthalben, untermischt mit einigen treuen Anhängern der einzigen Vorband des Abends: 

So haben die Schweizer Shakra die Ehre, vor gut gefülltem Hause den Abend zu eröffnen, was sie denn auch sichtlich genießen. Frontmann Mark Fox kommt vor lauter „in der Schweiz wird uns kein Mensch glauben, dass wir so viele Leute rocken!“ gar nicht richtig dazu, den harten Rock ’n’ Roller zu markieren – was beim Publikum klasse ankommt. So zelebrieren Shakra einen munteren Mix aus Altem und Neuem, technisch klasse, sehr professionell und – im positiven Sinne – routiniert dargeboten. Der Sound stimmt bis ins Detail und das Publikum geht schon zu Anfang ordentlich mit, was die Band mit einer kraftvollen Performance von etwa einer halben Stunde quittiert. 

Nach kurzer Umbau- sowie Kölschholpause öffnet sich der Bühnenvorhang (sic!) und gibt den Blick auf die darunter liegende Installation frei. Auf den Videowalls hinter der frei schwebenden Lilie wird zu Edward Elgars „Pomp And Circumstance“ eine Art filmisches Stratovarius-Tourtagebuch vorgeführt, das so delikate Szenen wie Jörg Michael in nahezu unbekleidetem Zustand im Hotelpool zeigt. Dankenswerterweise bleiben uns noch tiefere Einblicke erspart, und so entern die Elche relativ unspektakulär mit Maniac Dance die Bühne. Schade eigentlich – man hätte den Spannungsbogen mit etwas mehr Einfallsreichtum sicherlich prickelnder gestalten können, als einfach nur das aktuelle CD-Intro zu verwenden. Der Meute ist’s, zu deutsch gesagt, Jacke wie Hose und man feiert ungezwungen ab, wenn auch vielleicht nicht ganz so ekstatisch wie in der Vergangenheit – ob’s an der Überzahl an Hammerfall-Fans oder an den für die Finnen durchwachsenen letzten Jahren liegt? Tolkki und Konsorten scheint’s nicht zu stören, insgesamt wirkt die Performance ähnlich kraftvoll wie zu besten Zeiten, mit einem gewohnt starken Kotipelto an der Front – wenn auch der Gesamtsound bei Shakra differenzierter zu sein schien. 
So feiert man Hits wie Speed Of Light und Kiss Of Judas, bevor die Meute – wie gewohnt – bei der herrlichen Mitbrüll-Ballade Forever richtig schön zum Mitsingen kommt. Spätestens beim anschließenden United hat auch Herr Michael seine Doublebass-Technik wiedergefunden und trommelt kraftvoll-mechanisch, wie man’s von ihm eigentlich vom Anfang des Sets an gewohnt ist, und Neu-Basser Lauri Porra stellt unter Beweis, dass Bewerbungsvoraussetzung offenbar eine gut ausgebildete Nackenmuskulatur gewesen sein muss. Ein Höhepunkt des Sets, keine Frage, auch das anschließende Hunting High And Low, bei dessen Darbietung tatsächlich noch einige Dämme brechen: Endlich singt auch bis zum letzten Einlasshelfer jeder Anwesende mit, Timo Tolkki flachst mit Spaßvogel Jens Johannson, der ansonsten sehr viel Spaß mit seinem Bierchen hat, und alle haben sich wieder lieb als hätte man sich nie getrennt. Die Klassiker Destiny und Black Diamond beschließen einen etwa siebzigminütigen Gig, der zwar ein Weilchen braucht, bis er ins Rollen kommt, dann jedoch weitestgehend überzeugen kann. Ein Wehrmutstropfen bleibt einzig die „lustige“ Zugabenidee: Finnisch bis vier zählen kann ich auch in meiner Stammsauna. 

Der Vorhang fällt. Umbau. Kölsch holen. Dann warten. Lange warten. 

Zurecht! Denn was Hammerfall an Show auf die Beine stellen ist absolut erste Sahne. Gut – fallender Synthetikschnee (der sich zudem besch… einatmen lässt), Plastikeisberge und Kettenhemdchen mögen nicht jedermanns Sache sein, dennoch zaubern die Schweden eine Atmosphäre, die mit ihrer Musik eine stimmige Einheit bildet und jeden Anwesenden zumindest zum Staunen bringt. Secrets vom neuen Album Chapter V kracht ordentlich, bevor bei Riders Of The Storm und Renegade der Moshpit seinem Namen endlich alle Ehre macht. Spätestens zu Fury Of The Wild und dem wunderbar epischen Glory To The Brave wird jede Textzeile gefeiert, teilweise, wie nach der Hymne Hammerfall, sind die Publikumsgesänge tatsächlich so was von nicht tot zu kriegen, dass sogar die Herren Cans und Dronjak sich sichtlich beeindruckt zeigen. Musikalisch präzise zimmern die Nordmänner allerfeinsten Schwedenstahl, wenn auch die Soundabmischung gerade bezüglich der Sprachverständlichkeit nicht immer optimal scheint und die Drummer im Allgemeinen an diesem Tag offenbar schlecht gefrühstückt zu haben scheinen – Anders Johanssons Doublebassgewitter sind zwar in sich präzise, doch entstehen innerhalb der Stücke gelegentlich Temposchwankungen. 
Egal – die Texte kennt hier anscheinend ohnehin jeder, und ein bisschen rohe Geschwindigkeit hat noch niemandem geschadet. So sehen’s denn auch die Anwesenden, und man leistet Joacim Cans Empfehlung „wenn euch morgen der Nacken nicht weh tut, habt ihr nicht genug gebangt!“ bereitwillig Folge. Ab At The End Of The Rainbow fahren die Hämmer nur noch Höhepunkte auf, und mit Steel Meets Steel, Blood Bound und Heeding The Call beschließt man nach etwa eineinviertel Stunden ein beeindruckend gutes Set. Als sich dann Oskar Dronjak und Co. noch zwei Zugaben gönnen und während Templars Of Steel und Hearts On Fire ein überdimensionaler, mit Audience-Blinders besetzter Hammer an die Bühnendecke bugsiert wird, sind sich alle sicher: Live sind Hammerfall nach wie vor eine Macht, mit der auch zukünftig zu rechnen sein wird. 

Fazit: Hammerfall im Verbund mit Stratovarius garniert mit einer Prise Shakra – alles beileibe keine Leichtgewichte! Man konnte sein Geld als Liebhaber konventionellen Metals eigentlich nicht besser anlegen als für diese Konzerttickets. Ganz großes Kino. 


Setlist Hammerfall
  1. Secrets
  2. Riders Of The Storm
  3. Renegade
  4. Let The Hammer Fall
  5. Hammerfall
  6. Fury Of The Wild
  7. Glory To The Brave
  8. At The End Of The Rainbow
  9. Steel Meets Steel
  10. Blood Bound
  11. Heeding The Call
  12. Templars Of Steel (Zugabe)
  13. Hearts On Fire (Zugabe)

Setlist Stratovarius
  1. Maniac Dance
  2. Speed Of Light
  3. Kiss Of Judas
  4. Eagleheart
  5. Father Time
  6. Fight
  7. Forever
  8. United
  9. Hunting High And Low
  10. Destiny
  11. Black Diamond