Geschrieben von Montag, 09 Oktober 2017 16:00

Der große EDGUY Tourbericht zu den Konzerten in Stuttgart, Köln und Fulda

Nicht eins, nicht zwei, sondern gleich drei Konzerte der EDGUY-Jubiläumstour "Monuments" hat die BYE-Redaktion besucht, um euch einen möglichst authentischen Bericht zum Zustand der Band und ihrer Live-Performance zu liefern. Hier sind unsere Berichte zu den Konzerten in Stuttgart, Köln und Fulda. 

Stuttgart (23.09.2017)

„Oh if only Stuttgart was not so far ...“ – ja, mit Erkältung zu fliegen war keine so gute Idee. Nicht nur vermiesten mir die gereizten Schleimhäute ordentlich den Landeanflug. Nein, auch das gewohnte Hörvermögen wollte sich zwei Tage nach dem Horrorflug immer noch nicht bei seinem Besitzer zurückmelden. Die Pflicht rief dennoch, auch wenn sie fast überhört worden wäre: Ein Tag, nachdem Kollege Matthias die deutschen Power Metaller schon in Köln erleben durfte (und eine gewisse Begeisterung im Chat durchscheinen ließ, wie ihr in seinem Bericht weiter unten sehen könnt), schlugen die Herrschaften nun also im LKA in Stuttgart auf. Wie auf fast allen Stopps der Tournee wurde der angereiste Fan auch im Schwabenländle vom großen „Ausverkauft“-Schild an den Eingangspforten empfangen. Die Zeichen für einen erfolgreichen Abend mit kitschigen Melodien hätten also kaum besser sein können.

Volles Haus in Stuttgart

Bevor die BYE-Südfraktion jedoch ihr erstes EDGUY-Konzert erleben durfte, stand erst einmal das Interview mit Tierfelltrommler Felix Bohnke auf der Tagesordnung. (Wieso nur einen Artikel lesen, wenn man HIER gleich einen zweiten öffnen kann?) Kurz bevor mit THE UNITY die einzige Vorband des Abends die Bühne betreten durfte, war das Interview im Kasten und die Südfraktion hatte sich vollzählig in der schon gut gefüllten Halle eingefunden.

Offensichtlich hatten THE UNITY einiges an Fans mitgebracht, denn vom Start weg durfte sich die Power-Metal-Truppe über regen Publikumszuspruch freuen. Gegen Ende wurde sie sogar regelrecht abgefeiert. Kein Wunder, passten sich die Deutschen doch wunderbar in das Line-Up ein und konnten mit gutem Sound und solidem Songmaterial durchaus Eindruck schinden. Gut, wirklich erinnerungswürdig gestalteten sich die klischeehaften Power-Metal-Hymnen nicht, aber zumindest Fronter Jan Manenti brannte sich mit einer feurigen Zurschaustellung seines Hüftschwungs in das Gedächtnis des Autors.

Nach der obligatorischen Umbaupause öffnete sich der Vorhang zur Freakshow und EDGUY enterten die Bühne. Matze hatte mich ja quasi schon vorgewarnt, aber EDGUY schließlich dann doch live erleben zu dürfen, hatte noch einmal eine andere Qualität. In 25 Jahren scheint das Quintett nichts an Energie eingebüßt zu haben, mit solch einem Druck fegten die Jungs zum Opener "Love Tyger"  auf die Bühne. Man kann von ihnen halten, was man will, aber dass sie ihr Handwerk verstehen, muss ich der Band auch als Nicht-Fan absolut zugestehen. EDGUY bewegten sich wie eine gut geölte Maschine und schüttelten geschmeidig einen Klassiker nach dem nächsten aus dem Ärmel.

Der Form, in welcher sich die Band präsentierte, war das Stuttgarter Publikum aber in jedem Fall ebenbürtig. Textsicher und zu Teilen kräftig beschwipst wurde jedes Riff gefeiert, jeder Spruch von Entertainer Tobi Sammet mit schallendem Gelächter quittiert ...

Rhetorikunterricht aus dem Hause Sammet

 ... wobei sich an diesem ja bekanntlich die Geister scheiden. Für mich war es das erste Mal, dass ich den unbremsbaren Redefluss Sammets live und in Farbe erleben durfte, und ganz ehrlich: take it or leave it. Vielleicht mag das Gelaber bei einer begrenzten Festival-Spielzeit nerven, aber EDGUY schaffen es eben durch diese beiläufigen Witze und Albereien auch wirklich, eine Verbindung zum Publikum aufzubauen. Das Konzert fühlte sich an, wie ein Abend mit Freunden – und das ist eine Leistung, welche die wenigsten Bands selbst in kleinen Hallen erzeugen können.

In Stuttgart präsentierten sich EDGUY also von ihrer Schokoladenseite. Hits wie "King Of Fools", "Mysteria" und "Lavatory Love Machine" schlugen ein wie Brot in warme Butter und auch das lange "The Piper Never Dies" wurde von einem tollen Publikum begeistert empfangen. Chapeau EDGUY, nach 25 Jahren immer noch mit einer solch kindlich-neugierigen Freude bei den eigenen Songs dabei zu sein. In dieser Form lohnen sich die Jungs auf jeden Fall! Auf die nächsten 25 Jahre!

Setlist (Stuttgart)

Edguy

  1. Love Tyger
  2. Vain Glory Opera
  3. Mysteria
  4. Land Of The Miracle
  5. Lavatory Love Machine
  6. The Piper Never Dies
  7. Tears Of A Mandrake
  8. Drum Solo
  9. Ministry Of Saints
  10. Save Me
  11. Babylon
  12. The Trooper (Iron Maiden Cover)
  13. Superheros
  14. King Of Fools

... und wie liefs bei dir, Matze?

Köln (22.09.2017) und Fulda (03.10.2017)

Im Gegensatz zu den beiden jungen Kollegen aus dem Süden fällt es mir deutlich schwerer zu sagen, meinem wievielten EDGUY Konzert ich in Köln beiwohnen darf – wenn das Gedächtnis irgendwann sicher ist, wie viele Zehen ich zu meinen Fingern nehmen muss, werde ich das ergänzen. Mit Fulda kommt dann direkt noch das nächste dazu, das ist allerdings mit dem ersten EDGUY-Heimspiel auch für mich Premiere.

Die Essigfabrik in Köln gehört zu den gemütlicheren Locations in Köln. Nicht ganz klein aber auch nicht so, dass man sich verlaufen könnte. Die Jubiläumstour von EDGUY scheint insgesamt etwas familiärer ausgelegt zu sein. In der Größe habe ich sie zum letzten Mal gesehen, als man POWERWOLF noch als Vorband buchen konnte.

Etwas edler, allerdings auch nochmal ein Stück kleiner, wirkt dann das Wartenbergoval bei Fulda, Heimspiel für EDGUY und die Halle, die sie eigentlich auf jeder Tour spielen. Dass das Oval sonst als Konferenz- und Tagungsort benutzt wird, merkt man dem Ambiente durchaus an. Allerdings muss man auch feststellen, dass die Schlange am Einlass deutlich länger ist, als beim ebenfalls ausverkauften Konzert in der Essigfabrik. Das könnte aber auch daran liegen, dass am 3. Oktober viele etwas pünktlicher loskommen.

The Unity

THE UNITY um GAMMA RAYS Henjo Richter und Michael Ehré sind die einzige Vorband. Mit ihrem Debüt-Album aus dem Mai noch recht frisch dabei, trotz alter Hasen, passen sie musikalisch auch nicht schlecht ins Bild: ein bisschen Melodic Metal, ein bisschen Hardrock und das obligatorische GAMMA RAY Cover versteckt sich mit "Send Me A Sign" auch ganz unauffällig im Set. Wenn Kai Hansen und die Vereinigten Kürbisse ähnlich abliefern, könnte man GAMMA RAY fast eine längere Pause wünschen.

Musikalisch geben sie sowohl in Köln als auch in Fulda alles. Allerdings geht der Punkt hier klar an Köln. Nicht nur, dass der Sound besser war, eben der feine Unterschied zwischen eingespielter Konzerthalle und umgebautem Konferenzsaal, auch das kölsche Publikum war deutlich begeisterungsfähiger, als die versammelten Hessen. Und Fulda ist dann auch das erste Konzert, nach dem es den Augen schlechter geht, als den Ohren: Wer auch immer die Idee hatte, die Bühne abwechselnd in gedämpften Rot und grellem, weißem Stroboskopgewitter zu beleuchten, dem gehören zur Strafe mindestens die Daumennägel abgenommen. Zum Glück war man im Rheinland da vernünftiger.

Edguy

Ja, EDGUY sind jetzt seit 25 Jahren da, und wenn man die "Age Of The Joker"-Phase gut verdrängen kann, waren sie live immer eine Empfehlung. Und so gut wie diese Tour habe ich sie lange nicht mehr gesehen. Die Routine und Sicherheit, die man erwartet, sind da, aber irgendwie scheint die Tourpause und das Jubiläum der Motivation und der Energie gut getan zu haben. Dazu kommt, dass es eher eine Klassiker- als eine Best-Of-Setlist ist, die da gespielt wird. Abgesehen von "Love Tyger" und "Ministry Of Saints" ist nichts aus den letzten 10 Jahren dabei.

Und auch der Sammetsche Sprachdurchfall ist natürlich nicht verlernt. Er wiederholt sich zum Glück zwischen den Konzerten nicht – sonst hätten sich EDGUY vermutlich mittlerweile auch schon lange getrennt. Während in Köln noch Soundtechniker Achim und die Bayern (wiederkehrende Themen) und Düsseldorf-Lästern (gehört in Köln halt zum guten Ton) im Vordergrund stehen, geht es in Fulda dann um den früh verstorbenen Hamster Billy und haarige, bewegliche Schlagzeugerfüße – vielleicht weiß unser Interview-Team mehr dazu? (Rundum behaarte Füße sind zur Bedienung des 88-tastigen Fußklaviers unter der Trommelstation essenziell, um den Hornhautabrieb zu minimieren. Konnten den Anblick im Interview gerade noch abwenden und erfreuen uns bester Gesundheit!; Anm. d. Südfraktion)  

Aber auch hier muss ich – trotz Heimvorteil – den Punkt knapp nach Köln geben. Die Band war in Fulda zwar noch ein kleines Stück motivierter, aber Sound und Publikum kann Köln wieder klar für sich verbuchen, die Hessen feiern eben nicht wie Rheinländer, und die Stimmung trägt das Konzert. Hoffentlich muss man auf die nächste Tour nicht wieder so lange warten.

Setlists (Köln)

The Unity

  1. Rise And Fall
  2. No More Lies
  3. God Of Temptation
  4. Close To Crazy
  5. Send Me A Sign
  6. Never Forget

Edguy

  1. Love Tyger
  2. Vain Glory Opera
  3. Mysteria
  4. Land Of The Miracle
  5. Lavatory Love Machine
  6. The Piper Never Dies
  7. Tears Of A Mandrake
  8. Drum Solo
  9. Ministry Of Saints
  10. Save Me
  11. Babylon
  12. Superheros
  13. King Of Fools

In Fulda zusätzlich:

  • Out Of Control