Geschrieben von Samstag, 11 November 2017 12:36

Eluveitie, Amaranthe und The Charm The Fury auf "Maximum Evocation Tour" im Stuttgarter LKA Longhorn

30.10.2017 - Auf einmal ist sie in, die Co-Headliner-Tour. Ein klasse Format, wobei gleich zwei Bands die Möglichkeit erhalten, sich dem Publikum mit einem vollen Headliner-Set zu präsentieren. Und was waren da für gut abgestimmte Leckerbissen in den letzten Jahren dabei!

Brachiale Gewalt bei LAMB OF GOD und CHILDREN OF BODOM oder hoch melodiös bei EPICA und POWERWOLF. Diesen Herbst bahnte sich mit ELUVEITIE und AMARANTHE mit ihrer „Maximum Evocation Tour“ die nächste Runde an und … Moment! Das passt ja jetzt überhaupt nicht zusammen! Folk auf der einen und irgendwie so Pop-Metal auf der anderen Seite? Grund genug für die BYE-Südfraktion, sich wieder in den Sattel zu schwingen und der Sache auf den Grund zu gehen.

Bevor wir jedoch dem Konzept auf den Zahn fühlen konnten, musste uns erst einmal AMARANTHE-Gitarrist Olof Mörck zum Ausstieg von Jack E und den schlimmsten Konzertpannen der Band Rede und Antwort stehen. Wer wissen will, was beim gemütlichen Kaffeeplausch herausgekommen ist, darf einfach einmal HIER klicken.

The Charm The Fury

Nun aber zum eigentlichen Geschehen: Selbstverständlich hatten ELUVEITIE und AMARANTHE auch eine Vorband in Gepäck und so durften die Niederländer von THE CHARM THE FURY als erstes die Bretter des LKAs in Stuttgart betreten. Prinzipiell ist der durchschnittliche Musikfan ja nie schlecht mit dem Motto „Wer nichts von einer Vorband erwartet, kann auch nicht enttäuscht werden“ beraten. An diesem kalten Herbstabend durfte der Spruch allerdings gerne im Phrasenschwein bleiben, denn THE CHARM THE FURY stellten sich als die positive Überraschung des Abends heraus.

Mit spürbarer Energie und Enthusiasmus fegte das Quintett über die Bühne des inzwischen halbvollen LKAs und erfüllte seine Aufgabe, das Publikum auf die folgenden Headliner einzuschwören, vorbildlich. Ließen sich die Damen und Herren vor der Bühne erst nicht so ganz anstacheln, schafften es die Niederländer dank ihres wilden Auftretens schon bald, den ersten Moshpit des Abends zum Laufen zu bringen. Daumen hoch für die Truppe aus dem Nachbarland, welche sich in der knappen halben Stunde sicher einige Fans erspielt haben dürfte und sich zum Schluss an einer zünftigen Wall of Death ergötzen konnte.

Amaranthe

Während der obligatorischen Umbaupause, welche überraschend wenig Zeit in Anspruch nahm (Lob an die Crew!), hatte sich die Halle zunehmend gefüllt, sodass sich AMARANTHE bereits einem Headliner-würdigen Publikum gegenübersahen. Dieses durfte sich mit „Maximize“ gleich zu Beginn über den Opener der neuen Platte freuen und bewies schon an diesem Punkt Textsicherheit bei den überaus poppigen Melodien. Ach ja, für alle Fans, die AMARANTHE seit der Trennung von Jack E noch nicht live erleben durften: Ja, Nils Molin macht seinen Job mindestens genauso gut!

Wirklich glänzen konnten die Schweden während des kompletten Hauptsets aber kaum. Trotz guter Soundverhältnisse scheint die Dreiteilung des Gesangsparts in der Live-Situation eher Fluch, denn Segen zu sein. Das liegt weniger an der Qualität der jeweiligen Sänger – an dieser lässt sich, bis auf die hin und wieder zu dünne Stimme von Fronterin Elize Ryd (neben der Tatsache, dass sie etwas angeschlagen zu sein schien, war ihre Stimme etwas zu leise gemischt), nichts aussetzen – als an der meist sehr hektisch wirkenden Live-Performance, bei welcher sich die Musiker oft selbst im Weg zu stehen schienen. Von den eigenen Fans standesgemäß abgefeiert, wirkte die Band für mich als Nicht-Fan einfach zu durchschnittlich und so gar nicht wie die Speerspitze ihres selbst begründeten Genres. Insgesamt solide, aber nie wirklich überragend.

Einzig und allein die Zugabe wollte auch dem Nicht-Fan in mir ein heftiges Kopf-Nicken entlocken. Nicht nur, weil die neue Single „Boomerang“ und der Live-Klassiker „The Nexus“ einfach zuverlässig zünden, sondern vor allem, weil das so gescholtene „That Song“ live richtig Spaß macht. Mensch, was musste die Band für diesen Song Kritik einstecken! Aber zur Hölle damit, denn „That Song“ funktioniert live hervorragend und dürfte zurecht aus zukünftigen Zugaben nicht mehr wegzudenken sein. In der Zukunft gerne mehr solcher Experimente!

Eluveitie

Nach einer wiederrum kurzen Umbauzeit in Anbetracht der Menge an Musikern, die bald die Bühne stürmen würde, durften wir uns schließlich auf die Schweizer Folk-Veteranen ELUVEITIE freuen, die erst vor kurzem ihr neues Akustikalbum „Evocation II-Pantheon“ veröffentlicht hatten und einige Songs davon an diesem Abend live präsentieren würden – kontrastierend zu dem vorausgegangenen Electronica-Schwall, der sich über uns ergossen hatte. Da ich die Band in der neuen Besetzung noch nicht gesehen hatte, war dieser Auftritt für mich besonders spannend. Was mich jedoch wunderte, war, dass der Ansturm auf das LKA nicht so groß war, wie vermutet (ausverkauft war es lange nicht), denn ELUVEITIE hatten das letzte Mal vor fünf Jahren das Longhorn gestürmt.

Und sie legten los mit „Your Gaulish War“, „King“, „Nil“ und „Omnos“, die wohl zu den absoluten Krachern der Setlist gehörten – was natürlich auch daran lag, dass die darauffolgenden Lieder, allesamt vom neuen Album, live nicht ganz so wuchtig waren. Doch die Energie der Musiker hat auch im Akustikpart absolut nicht nachgelassen.

Rotschopf Fabienne Ernie erstaunte mich dabei besonders. Die neue Sängerin und Harfenspielerin hat ein unglaubliches Stimmvolumen und zelebrierte unter anderem „Catvris“ und „Lvgvs“ mit uns. Was mich daran besonders beeindruckte, war, wie sehr sich die Stimmung in der Halle an einem Abend ändern kann: Während sich bei THE CHARM THE FURY alle ausgepowert hatten, war bei AMARANTHE Party angesagt, doch ELUVEITIE boten eine sehr sinnliche Show, die in den Refrains die Fans zusammenschweißte und den Abend zu einem unvergesslichen Erlebnis machte. In den hinteren Reihen, in denen etwas mehr Platz war, fingen einige grünhaarige Pagan-Menschen auch an, ihre Regentänze aufzuführen.

Mit „Thousandfold“ wurde der letzte Part der Setlist eingeleitet, in dem wieder ältere Lieder gespielt wurden. Unter anderem sang Fabienne „The Call Of The Mountains“ und „A Rose For Epona” – sie klingt zwar nicht wie Anny Murphy, doch anders heißt nicht gleich schlecht, denn sie hat ihren ganz eigenen Stil, den sie durchzieht. Drummer Alain Ackermann gab in seinem Solo noch einmal alles und schon bald ging es in die Nachspielzeit mit dem lang ersehnten „Inis Mona“, bei dem die Zuschauer aufgefordert wurden, den Refrain mitzusingen, was jedoch wohl den Großteil der Masse überforderte, weshalb das wohl den peinlichsten Moment des Abends darstellte, was jedoch keinen störte.

Kaum war das Konzert zu Ende, stapfte die übermüdete, aber zufriedene BYE-Südfraktion durch die verschwitzte, aber ebenfalls glückliche Menschenmasse in die kalte Nacht hinaus, während der eine oder andere Fan noch die Chance ergriff, um am Merch-Stand noch mit den Musikern von AMARANTHE und THE CHARM THE FURY ein kleines Schwätzchen zu halten.

Insgesamt war das Konzert sehr spannend als auch interessant aufgrund der divergierenden Bandkonstellation, die überraschenderweise besser funktioniert hat, als gedacht.

Konzertbericht von den Redakteuren Theo und Nana

Setlist AMARANTHE

Maximize
On the Rocks
Fury
Dynamite
1.000.000 Lightyears
Electroheart
Invincible
Amaranthine
Digital World
Drum Solo
True
Endlessly
Call Out My Name
Hunger
That Song
Boomerang
Drop Dead Cynical
The Nexus

Setlist ELUVEITIE

Your Gaulish War
King
Nil
Omnos
Lvgvs
Catvrix
Artio
Epona
Thousandfold
The Call of the Mountains
A Rose for Epona
Kingdom Come Undone
Drum Solo
Tegernakô
Havoc
Helvetios
Inis Mona

Nana

Stile: Atmospheric Black Metal, Stoner Rock, Melodic Death Metal, Metal-/Deathcore, slavischer Postpunk, Synth-Pop

Bands: Altin Gün, Agar Agar, Boy Harsher, Children of Bodom, Mars Red Sky, John Maus, Lorna Shore, Jonathan Hulten, Myrkur, Molchat Doma, Polyphia