Geschrieben von Montag, 15 Mai 2006 16:45

Thrice - Köln / Live Music Hall

Review

02.09.06 - Eigentlich habe ich THRICE ja bereits zwei Wochen vorher auf dem Groezrock Festival in Belgien gesehen. Aufgrund technischer Probleme allerdings nur mit einem ca. sechs Songs umfassenden Set. Und da THRICE aber bereits mit den paar Songs klargemacht hatten, dass sie sowohl eine großartige Liveband sind, als auch noch in der Lage dazu, die Lieder der neuen, wesentlich komplexeren Platte live rüber  zu bringen, war klar, dass ich mir das noch mal in ganzer Länge ansehen musste.

Und so sind wir dann in Richtung Köln aufgebrochen. Zeitlich lagen wir eigentlich auch ganz gut. Eigentlich. Dann kam natürlich der obligatorische Stau. Während wir ca. eine Stunde für die letzten 1000 Meter bis zu unserer Autobahnausfahrt brauchten, sahen wir schon diverse Fahrzeuge mit Warnblinker und geöffneter Motorhaube am Seitenstreifen – Motor zu heiß geworden. Zwischenzeitlich sah es so aus, als könnte uns das auch passieren. Ist es aber nicht – dafür sollte sich auf einmal die Warnlampe für die Batterie zu Wort melden und auch keine Ruhe mehr geben. Die Lichtmaschine? Vermutlich. Wir haben es dann noch bis zur Live Music Hall gebracht und die Karre erstmal ausruhen lassen. Mit der Hoffnung, nach einigen Stunden Konzert sieht das wieder anders aus. Als ich dann am Eingang nach einer kleinen Spende gefragt worden bin, wollte ich zuerst die Frage erwidern, um mir einen eventuellen Abschleppdienst hinter leisten zu können, stornierte den Gedanken aber recht schnell wieder.

Aufgrund des Staus haben wir dann auch mal direkt die erste Band verpasst, deren Namen ich auch grade nicht erinnere. Erstmal ein Bier geholt (meine Güte sind das unverschämte Preise da!) und zu HUNDRED REASONS in die Halle gegangen. Es war zwar gut besucht, aber im Gegensatz zum Groetzrock konnte man sich noch ein gutes Plätzchen aussuchen, ohne sich wie in einer Ölsardinendose zu fühlen. Das Hauptaugenmerk der Briten lag auf ihrem neuen Album „Kill Your Own“, von dem einige Hits abgefeuert werden konnten. Das ein oder andere ältere Stück war auch zu finden und mischte sich mit dem neuen Material zu einem recht angenehmen Aufwärmprogramm für THRICE. Vor allem der Sänger schien sehr bemüht, seinen Emotionen mittels seines Körpers Ausdruck zu verleihen, was ja bei so langen Schlacksen nun mal des Öfteren etwas komisch anmutet. Genau wie hier – aber sympathisch. Die Stimme eines der beiden Gitarristen (ein dritter Saitenmann war auch dabei, der aber auch zwischendurch viel am Keyboard gewerkelt hat) passte sehr gut zu der des Hauptsängers und der Drummer hat ordentlich Wumms gegeben (selbst wenn er mal in der Dancebeat-Abteilung wilderte). Und witzigerweise werden jetzt anscheinend gar nicht mehr die Homepages der Bands angepriesen, sondern direkt auf Myspace verwiesen. Wie schnell sich so was durchsetzt…

Nach einem guten Set der Briten kam dann wieder diese Umpause vor THRICE, die mir und meinem Mitstreiter ja noch als länger als das ganze Set bekannt war. Aber allein schon die Tatsache, dass der Roadie sich sogar ein wenig auf der Bühne feiern ließ, schien auf ein lockereres Konzert hinzudeuten. Und so sollte es dann auch sein, wobei „spannend“ das eigentlich viel besser passende Wort ist. Der Anfang bestand aus dem Opener des aktuellen Albums und funktionierte, wie erwartet, wunderbar. Die ersten „Morsegeräusche“ vom Band ließen die Menge direkt aufjubeln und lauthals mitsingen. Danach gab es dann „Silhouette“ (vom Vorgängeralbum „The Artist In The Ambulance“, dessen Titeltrack zu einem der absoluten Hits des Abends zählte), der viele Beinpaare in Bewegung versetzte. Die großteils recht unauffällig in schwarz gekleidete Band wechselte danach wieder in etwas ruhigere Gefilde vom neuen Album. Und das sollte auch während des ganzen Konzertes so bleiben. Aber genau das ist eindeutig eine der Stärken dieser Band: sie kann ohne Probleme einen richtig fiesen Broken mit Geschrei, „beinahe-Breakdown“ und allem drum und dran direkt vor oder nach einem Stück spielen, welches mit Piano- oder Glockenspielklängen anfängt. Und dies wurde auch alles live gespielt. 

So hatten sowohl der zweite Gitarrist als auch der Basser ein oder zwei Keyboards vor sich, die sie auch durch das ganze Konzert hindurch immer wieder benutzten. Auch wenn es ein paar Samples vom Band gab, war die musikalische Leistung des Vierers ziemlich beeindruckend – sei es auf ihren Standardinstrumenten oder eben an den Tasten. Genau wie der Gesang, der von mächtigem, tiefem Geschrei bis zu ganz hohen Lagen reichte – und das alles ohne einmal zu schwächeln! Und so hatten Songs wie „Music Box“, „Red Sky“ oder „For Miles“ (im Großen und Ganzen wurde fast die komplette „Vheissu“ gespielt!) die Möglichkeit, sich richtig zu entfalten und zu wirken. Vor allem letzterer mit seinem spontanen Ausbruch: erst wird der Hörer in Sicherheit gewogen und beide Gitarristen scheinen sich in ihren Tappings zu verlieren, bis es dann auf einmal mit aller Wucht aus der Band herausbricht. Und live waren diese Gegensätze noch mal Einiges direkter und heftiger als auf Tonträger und brachten so manche Gestalt zum unkontrollierten Zucken (mich inklusive). Und auch bei „The Earth Will Shake“ war es wieder da. Einer dieser magischen Moment, die man auf Konzerten erleben kann: Als in der Mitte des Songs die Band aussetzt und der Sänger eine Art von „Call and Response“-Refrain mit dem Publikum singt. Absolute Gänsehaut. Und auch die Band als solches überzeugte durch ihr Auftreten. Zwar sind sie weder auf der Bühne ausgerastet, noch haben sie bewegungslos dagestanden, aber man konnte ihnen ansehen, dass sie mit voller Leidenschaft hinter dem standen, was sie da gemacht haben.

Nach ca. einer Stunde gingen sie dann kurz von der Bühne, um sich vom Publikum wieder genau dorthin bestellen zu lassen. Nach einer kurzen Zugabe gab es dann das finale „Stare At The Sun“, was noch mal Tempo und grandiose Melodien brachte und einen wirklich gelungen Abschluß eines außergewöhnlichen Konzertes darstellte. Die absolut souveräne und sympathische Band holte sich noch den verdienten Applaus ab und verschwand dann. Und die dämlichen Securitys schienen das dann als Zeichen zu nehmen, uns langsam aus der Halle zu schmeißen. Bei den Bierpreisen erwarte ich eigentlich noch eine Fußmassage on top, aber das sahen die Sicherheitsbediensteten wohl anders. Und wer diskutiert schon mit einem Schrank?
Als wir uns glücklich auf den Heimweg machen wollten, fiel uns dann wieder ein, dass meine Karre ja Zicken gemacht hat. Würde sie damit jetzt weitermachen? Ja, würde sie…. Um die Geschichte abzukürzen: nachdem es für uns schon nach einer Übernachtung in meinem Auto an einer Tanke in Köln aussah, ergab sich dann doch noch so, dass ich a) die Nacht zu Hause verbrachte und b) seitdem für 44 Euro ein Jahr lang Mitglied beim ADAC bin. Gut, nachdem THRICE ja auch recht viele spirituell angehauchte Songs gespielt haben, passt es ja, dass mir ein „gelber Engel“ (mit dem typischen, nach oben geschwurbelten Kölner-Bart) noch weiter geholfen hat, haha. Aber trotzdem, THRICE waren es wert! Geniales Konzert!