Eigentlich hätte die Veranstaltung im deutlich kleineren E.F.E.S. Festsaal stattfinden sollen, wurde aufgrund der großen Nachfrage jedoch kurzfristig in die Funbox Amalie verlegt – eine Entscheidung, welche sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich brachte. So konnten etliche hundert Fans dem Spektakel beiwohnen, diese mussten sich allerdings im Gegenzug mit mieser Akustik, noch mieserer Luft und überteuerter Pizza anfreunden. Zwar hatte man gegenüber dem vor einiger Zeit an eben jener Stelle stattgefundenen PaganFest einiges organisatorisch gelernt, aber Fakt bleibt: die Funbox ist als Skaterpark definitiv besser aufgehoben, denn als Konzerthalle.
Wenigstens musikalisch wurde geklotzt und nicht gekleckert: Vor SABATON sollten noch fünf weitere Bands die Menge sturmreif schießen und in die richtige Stimmung versetzen, damit die Schweden später auch gebührend empfangen würden. Den Anfang machten pünktlich um 17 Uhr die Schweizer EMERALD. Ihr Power-Metal traditionellen Schlages wurde vom noch spärlich vorhandenen Publikum auch wohlwollend aufgenommen, auch wenn die Gesangslage von Gitarrist Ivo Julmy stellenweise gewöhnungsbedürftig nach oben wegdriftete – vor allem bei „Medieval Steel“ rollte sich sicherlich der eine oder andere Fußnagel gen Himmel. In der zweiten Hälfte gewann der Auftritt allerdings deutlich an Qualität, so daß am Ende nach der Zugabe in Form von IRON MAIDENS „Run To The Hill“ doch deutlich mehr als nur Höflichkeitsapplaus zu hören war.
Danach hätten eigentlich THUNDERBOLT aus Norwegen auf der Bühne stehen sollen, die jedoch kurzfristig ihre Teilnahme absagen mussten, so dass es bereits jetzt Zeit für den heimlichen CO-Headliner des Abends war: BULLET enterten die Funbox, und die Stimmung stieg sofort um mehrere Grade. Motorenlärm kündigte die Schweden an, der Bereich vor der Bühne war schlagartig gut gefüllt und die ersten Pommesgabeln wurden in den Essener Nachmittagshimmel gestreckt. Der gradlinige Heavy Metal der Mannen um Sänger Hell Hofer riss die versammelte Meute sofort in ihren Bann, und Songs wie „Heading For The Top“, „Speeding In The Night“ und „Turn It Up Loud“ wurden begeistert abgefeiert. Auch der neue Song des im September erscheinenden zweiten Albums „Bite The Bullet“ kam gut an, und BULLET wurden mit Sprechchören und nicht ohne Zugabe von der Bühne verabschiedet. Unglaublich, wie man mit „altmodischem“ Metal die Leute immer noch hinterm Ofen hervorholen kann – wenn man es nur drauf hat, und BULLET haben es drauf.
CUSTARD aus Herne sind in Essen ja quasi Lokalmatadore, und obwohl die Stimmung im Vergleich zu BULLET nicht ganz gehalten werden konnte, machten auch sie ihre Sache mehr als ordentlich. Olli, der „nicht mehr ganz so Neue“ am Mikro macht seine Sache von Mal zu Mal besser, das Stageacting (inklusive der Ansagen) wirkt zunehmend professioneller, und langsam scheint sich da wirklich wieder ein Bandgefüge zusammenzufinden.
Als letzte vor SABATON mussten dann MYSTIC PROPHECY auf die Bühne, die sich zwar redlich bemühten, aber der Funke sprang hier nicht wirklich aufs Publikum über. Der Auftritt war seltsam „steril“, möglicherweise auch, weil das Songmaterial zwar gut ist, aber keine „Reißer“ enthielt, mit denen man das Publikum nach BULLET und CUSTARD noch hätte beeindrucken können. Allerdings spielte das deutsch-griechische Package seinen Stiefel trotzdem routiniert herunter, und den wenigen eingefleischten Fans der Band schien es trotz allem auch zu gefallen.
Eine kurze Umbaupause später war es soweit... die Menge fing an, „SABATON, SABATON!“ zu skandieren.
Die schwedischen Gerstensaft-Liebhaber ließen sich nicht allzu lange bitten und legten von Beginn an volle Pulle los. „Ghost Division“ und der Titeltrack des neuen Albums „The Art Of War“ kochten die Menge schon nach wenigen Minuten weich, Joakim hatte leichtes Spiel mit der Meute. Fast schon erschreckend, wie leicht SABATON die Leute in ihren Bann ziehen, wenn man bedenkt, wo diese Band noch vor zwei Jahren erfolgstechnisch stand.
Natürlich war die Playlist heute abend ein wenig dem Anlaß entsprechend angepasst: Insgesamt sieben Songs vom neuen Album werden gespielt, die Single-Auskopplung „Cliffs of Gallipoli“ ebenso wie das treibende „40:1“ und die Midtempo-Nummer „The Price Of A Mile“. Zwischendurch gab es aber auch immer wieder Songs der ersten drei Alben, und so tat es der Stimmung keinen Abbruch, dass die neuen Songs beim Publikum naturgemäß noch nicht ganz so bombensicher sitzen, wie die Klassiker von „Attero Dominatus“ und „Primo Victoria“.
Das sollte sich allerdings bis zum nächsten Auftritt der Schweden mit Sicherheit ändern, denn an der Eingängigkeit der Songs hat sich im Vergleich zu den früheren Alben nicht viel geändert.
Musikalisch sind SABATON sicher nicht das, was man als innovativ bezeichnen würde, aber eines sind sie in jedem Fall: Gute Unterhaltung. Die Menge war trotz Sauerstoff-Knappheit mehr als zufrieden, und auch Joakim versäumte nicht, zwischen den Songs immer wieder festzuhalten, wie viel Spaß man im Treibhaus Funbox Amalie habe. Die Entscheidung, die Release-Party nicht im heimischen Falun stattfinden zu lassen, hat sich eindeutig gelohnt. Essen liebt SABATON und zeigte das an diesem Abend auch – von Anfang bis Ende.
Wer mit dem Verlassen des Geländes lange genug gewartet hatte, durfte sich auf dem Nachhauseweg dann sogar noch über einen rapiden Preisverfall beim Pizzastand freuen, wo die Teigstückchen letzten Ende für einen Euro über den Ladentisch wanderten – schade, dass es nicht von Anfang an so war.
Fazit: SABATON und BULLET erstklassig, die Location mangelhaft.
http://www.sabaton.net/
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http://www.custard.de/
http://www.bullet.nu/
http://www.emerald.ch/