Geschrieben von Samstag, 13 November 2010 00:07

Coliseum, Bison B.C. & Kvelertak – Berlin, Cassiopia


coliseum-cassiopeia


Die bärtigste, verschwitzteste, bierseligste Versuchung, seit es Hardcore, Sludge und Metal gibt... oder einfach ein urgewaltiges Riffgewitter, das das kleine Cassiopeia fast zum Einsturz bringt.

Vor diesem Abend dachte ich: BISON B.C. sind die heimlichen Headliner. Immerhin sind die vier Kanadier bei Metal Blade unter Vertrag und ebenso lange aktiv wie COLISEUM. Die ich vor diesem Konzert nicht kannte, ebenso wenig wie KVELERTAK aus Norwegen.

Entgegen meiner Erwartung ist das ca. 150 Leute fassende Cassiopeia an diesem Dienstagabend rappelvoll. Eintritt (12 Euro) und Bierpreis (2 Euro) sind moderat; auch die T-Shirts kosten maximal 15 Euro. Am Merchstand stehen die Bandmitglieder; die Barleute und alle Besucher sind gut drauf, freundlich und gesprächig – prima! So macht der Konzertgang gleich doppelt Spaß.

Als KVELERTAK die winzige Bühne entern, bin ich seit gerade mal fünf Minuten vor Ort und noch gar nicht auf Abriss des Hauses eingestellt. Doch die sechs Norweger (mit drei Gitarristen) scheißen einen großen, miefenden Haufen auf das Einstimmen des Publikums, verzichten auf ein Intro und entfesseln innerhalb eines Augenaufschlags eine tonnenschwere Gerölllawine aus Sludge, Hardcore und Black Metal – eine der Beschreibung nach unvorstellbare Mischung, die aber wunderbar funktioniert. Göttlicher Groove, rammelnde Riffs, höllische Härte... die Alliterationen reichen gar nicht aus, um in Textform wiederzugeben, was KVELERTAK veranstalten (Youtube kann das besser). Augenblicklich werde ich zum Fan. Der Moshpit und ein vor Begeisterung trancehafter Zustand sorgen dafür, dass ich völlig vergesse zu fotografieren. Ärgert mich im Nachhinein aber nicht, denn so konnte ich mich mit allen Sinnen dem grandiosen Zerstörungswahn einer fantastischen Newcomerband hingeben.

Wegen BISON B.C. bin ich bei diesem Konzert. Ich verehre diese Band – entsprechend stehe ich direkt am Bühnenrand, übe mich in Simultan-Headbanging, gniedele jedes Riff und jedes Gitarrensolo auf der Luftgitarre, spiele jeden Break auf einem gedachten Schlagzeug, singe inbrünstig alle Texte mit... kurzum: ich versuche alles, um der Band und dem ganzen Cassiopeia zu zeigen, dass niemand anderes als ich der größte BISON-Fan ist.
Die Band tut ihrerseits alles, um Spaß zu haben und zu begeistern. Auftritte von BISON waren schon immer höchst intensive und schweißtreibende Riffzeremonien, was auch die Setlist widerspiegelt, die die langsameren Songs der drei Alben komplett ignoriert und sich stattdessen vor allem auf Metal, Metal und nochmals Metal konzentriert. Dem Auftritt von KVELERTAK stehen BISON dem entsprechend nur in einem Punkt nach: zwei Männer und eine Gitarre weniger.

Nach diesen beiden überguten Bands muss ich mich bei COLISEUM zwangsläufig in Zurückhaltung üben, bevor ich noch eine Gehirnerschütterung davon trage. COLISEUM haben zudem ungünstigerweise ein schweres Los als letzte Band. Rein technisch gesehen ist die Bandreihenfolge zwar sinnvoll: KVELERTAK haben drei Gitarren, BISON zwei und COLISEUM eine – für die Tontechniker bedeutet eine solche Reihenfolge eine enorme Erleichterung und somit einen guten Sound fürs Publikum.
Musikalisch und showtechnisch gesehen, stehen COLISEUM jedoch auf verlorenem Posten. Mit ihren kurzen Songs á la „HIGH ON FIRE meets MOTÖRHEAD“ und vor allem: als Trio schaffen sie es einfach nicht, gegen die geballte Macht ihrer Vorgängerbands anzustinken. Nichtsdestotrotz sind COLISEUM eine gute Liveband; sie sind tight, haben einen sehr geilen Basssound und einen charismatischen Frontmann. Besonders begeistern können sie mich leider trotzdem nicht.

Nach Ende des Konzerts begebe ich mich in den Backstage, um noch eine Weile mit James und Dan von BISON zu quatschen (Interview folgt) und mich mit COLISEUM-Basser Mike über Basspickups und deutsche Autos auszutauschen. Dann ist es auch schon halb eins, das fünfte oder sechste Bier leer und die nächtliche Betriebspause der S-Bahn nah.

Nach diesem Abend wusste ich: KVELERTAK waren die heimlichen Headliner.

www.myspace.com/coliseum
www.myspace.com/bisoneastvan
www.myspace.com/kvelertak

Fotos © BurnYourEars / Fabien Blackwater