Geschrieben von Samstag, 12 November 2011 00:00

Revival Tour / Münster mit Chuck Ragan, Dave Hause, Dan Andriano und Brian Fallon

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13.10.11 / Münster - Und wieder zieht die Revival-Tour mit CHUCK RAGAN (HOT WATER MUSIC) durch die Lande. In diesem Jahr sind seine Mitstreiter DAVE HAUSE von THE LOVED ONES, der grade das fantastische „Resolutions" rausgebracht hat, DAN ANDRIANO von ALKALINE TRIO, dessen Album „Hurricane Season" noch gut im Ohr liegt, und sozusagen als Hauptact BRIAN FALLON von THE GASLIGHT ANTHEM, der hiermit auch sein Nebenprojekt THE HORRIBLE CROWES etwas pushen will. Und wer auch nur ein bisschen auf Punkrock steht, kann dieser Kombination wohl kaum entrinnen!


Und so zog es auch mich am Donnerstag nach Münster – und wie ich feststellen durfte, noch Hunderte andere. Ich schätze das Publikum im Skater Palace mal so auf eineinhalbtausend Menschen – was eine ganze Menge ist für eine Akustik-Show. Aber die Qualität des Gebotenen wird dieser Anzahl auch mehr als gerecht. Allerdings sollte man vielleicht mal darüber nachdenken, das Publikum der Größe nach gestaffelt reinzulassen, da man ziemlich oft mit dem Problem zu kämpfen hatte, nicht viel mehr als mal nur einen Kopf auf der Bühne sehen zu können. Und außerdem wäre es in dem Laden bei der Zuschauermenge auch nicht schlecht, noch eine zweite Bar zu haben. Und noch eine dritte...

Aufgrund von Verpflichtungen mit der Arbeit komme ich erst recht spät an und habe wohl die ersten zwei/drei Songs verpasst, bei denen alle Beteiligten (erweitert um den Kontrabassisten Joe Ginsberg und den Violinisten Jon Gaunt) auf der Bühne stehen und schon mal den ersten GASLIGHT ANTHEM Song spielen (bei dem ich dann auch endlich reinkam). Direkt ist Stimmung im Saal, man trifft sofort bekannte Gesichter und wundert sich doch ein wenig, warum Brian Fallon noch Jacke und Mütze aufhat und relativ unbeteiligt wirkt. Aber egal, dann schon kurz danach fängt das Set von DAVE HAUSE an, der meiner Meinung nach die Überraschung des Abends war. Er ist ein klasse Entertainer, bezieht das Publikum in sein Set mit ein, spielt fantastische Songs (die mich zu seinem grandiosen Soloalbum „Resolutions" geführt haben) von sich und seinen THE LOVED ONES und zeigt mit dem „Trusty Chords-Cover" von HWM sehr guten Geschmack. Das wirklich geile an der Revival Tour zeigt sich schnell: zwischendurch kommt immer mal wieder einer der anderen mit auf die Bühne und begleitet Hause, sei es am Gesang, mit Mundharmonika oder Gitarre. Mein Mund steht offen und ich bin beeindruckt, wie spielerisch er das Publikum unterhält und begeistert!

Nach dem gemeinsamen „Trusty Chords" übernimmt auch bald CHUCK RAGAN die Bühne. Zusammen mit seinen beiden Mitstreitern, einer am Kontrabass (den ich übrigens eigentlich für einen der besten Musiker des Abends halte) und einer an der Violine, spielt er vor allem Stücke seiner Soloalben und macht Songs wie „Between The Lines" zu unfassbar intensiven Momenten. Selbst wenn mal eine Saite reißt, retten die beiden Mitmusiker den Songs, ohne dass es einem Großteil des Publikums vermutlich überhaupt auffallen würde – was für eine eingespielte Kombination! Her Ragan ist natürlich wieder mal die absolute Bühnenpräsenz in Peron und unglaublicher Sympathieträger. Während seines Set kommt sogar Brian Fallon mit dazu, der sich ansonsten bei den anderen eher zurück hält und irgendwie immer noch ein wenig abwesend wirkt. Denn bei allen anderen geht der musikalische Partnertausch ziemlich feucht-fröhlich über die Bühne. Na, und Ragans „It's What You Will" ging mir noch tagelang danach nicht mehr aus dem Kopf. Wenn ein Punkrocker dafür geschaffen ist, ohne E-Gitarre Musik zu machen, dann Chuck Ragan!

Ein wenig überraschend war es ja doch, dass DAN ANDRIANO nach Chuck Ragan die Bühne betritt, aber vielleicht geht es hier auch einfach weniger um Egos als mehr um Musik. Obwohl mir seine Songs bei ALKALINE TRIO sowie auch seine Soloalbum gefällt, schien sein Set das schwächste des Abends zu sein. Nicht weil die Songs schlecht wären, sondern viel mehr, weil die meisten seiner Stücke relativ ziemlich ruhig und... sagen wir mal „kuschelig" sind und ein wenig der „Fists In The Air-Part" gefehlt hat. „It's Gonna Rain All Day" ist ein sehr, sehr geiler Song, wirkte aber im Vergleich zu dem, was seine Mitstreiter abgezogen haben, einfach ein wenig zu verträumt. Wäre in einem anderen Setting vermutlich noch etwas besser angekommen. Dafür erfuhr man aber, dass er auf der Bühne während einer Show gerne mal ein wenig Angst hat, ihm könnten Teile der Beleuchtung auf den Kopf fallen. Und so machte er durch seine sehr allürenfreie Art auch seinen Teil des Abends zu einer gelungen Angelegenheit. Mein Highlight war auch definitiv das Duett mit Chuck Ragan, als die beiden „Bleeder" spielten, was HWM ja mal von AK3 coverten. Schade, dass sie nicht auch direkt noch „Radio" drangehängt haben – oder „Rooftops".

BRIAN FALLON war dann anscheinend für viele Besucher der Hauptgrund, auf diese Show zu kommen – zumindest konnte man anhand der Reaktion eines Großteils des Publikums auf die Idee kommen. Im Gegensatz zum Rest seiner Truppe brachte er auch einen eigenen Partner mit, nämlich IAN PERKINS, mit dem er dann Stücke seines neuen Projektes THE HORRIBLE CROWES vorstellte. Aber natürlich gab es dann auch viele Songs von THE GASLIGHT ANTHEM, welche auch immer lautstark vom Publikum gefordert wurden. Und so langsam taute Mr. Fallon auf, erzählte, er würde die Mütze tragen, weil er gerade dabei sei, sich die Haare wachsen zu lassen, wie wenig er auf Fotos hässlicher Kinder steht und dass er wohl auch schon leicht einen im Tee hätte. Ich fand es nur ein wenig schade, dass hier auf einmal eine Solovorstellung aus der ganzen Geschichte wurde, da er seine Songs mit niemandem anderen teilte (bzw. niemand anderes auf die Bühne kam). Dafür spielte er aber einige Songs einfach so auf Zuruf und probierte dabei auch Stücke aus, die er vorher noch nicht alleine vorgetragen hatte. Teilweise wirkte er ein wenig fahrig und angetrunken, auf der anderen Seite kommunizierte er aber auch wirklich mit seinem Publikum und konnte mit seinem Organ richtig überzeugen.

Zum Abschluss kamen dann wieder alle Künstler auf die Bühne und spielten sechs Songs komplett zusammen, wobei die Stimmung in der Halle auch wirklich auf dem Höhepunkt war (nur „Mitsingen" scheint in Münster nicht so auf der Tagesordnung zu stehen). Zwischendurch wurde noch der Soundmann überrascht, da man dem Publikum auf Deutsch Instruktionen gegeben hatte, sich auf Kommando geschlossen zu ihm zu drehen und ihm ein Geburtstagsständchen zu singen, was diesen sichtlich berührte und überraschte. Auf der Bühne herrschte aber eine ebenso ausgelassene Stimmung und man merkte den Musikern sehr deutlich an, wie sehr sie ihre gegenseitige Gesellschaft genossen und wie viel Spaß das gemeinsame Spielen machte. Wie in einer großen, rockenden Familie wurden die letzen Song zelebriert und abgefeiert und das Publikum danach ziemlich begeistert in die Nacht entlassen.

Was für ein Abend, was für Musiker, was für Songs!