Geschrieben von Freitag, 04 Mai 2012 21:30

Ragnarök Festival 2012 – Der Bericht

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Schon zum neunten Mal findet das Ragnarök Festival statt, wie im Jahr zuvor in der Stadthalle des in Oberfranken gelegenen Lichtenfels. Und welches Datum wäre für die Eröffnung des ersten Festivals des Jahres besser als Freitag, der 13.?


So dauerte es nicht lange, bis die erste schlechte Nachricht die Besucher erreichte: ABINCHOVA, die um 14:20 das Festival eröffnen sollten, hatten kurzfristig abgesagt und so sprangen die aus Bayeruth stammenden IMPERIOUS ein. Nun waren sie in der Pflicht, mit ihrem Black Metal das Publikum auf das Festivalwochenende einzustimmen. IMPERIOUS kredenzten der Fangemeinde "Varus" und drifteten dabei von ihrem selbsternannten Epic Black Metal gelegentlich in den Death Metal Bereich ab. Ein gutes Set überzeugte das Publikum, leider war die Show jedoch sehr eintönig und ohne große Überraschungen.

Mit VELNIAS kamen nun auch deutlich mehr Leute in die Halle – erstaunlich, denn das Genre dieser Band ist nicht (wie eigentlich zu erwarten) Pagan oder Black Metal, es handelte sich um Doom Metal. Obwohl VALNIAS bisher nur ein Album veröffentlicht haben, schienen sie schon sehr bekannt zu sein, zumindest der Stimmung der Fans nach zu urteilen. Die Amis lieferten mit einem fettem Sound und einer soliden Show einen guten Auftritt und bereiteten die Fans auf die nächste Band vor:

VOLUSPAA
, eine Band gegründet 1994 von dem einzigen festen Mitglied Freddy Skogstad. Dass es jedoch recht schwierig wird, einen Live-Auftritt mit nur einem Mitglied zu absolvieren, war ihm zum Glück klar, und so hatte er sich für den Nachmittag ein Line-up zusammengestellt. Zu hören war hauptsächlich Viking/Black aus dem Album "Åsa". Der Sänger beherrschte sein Handwerk erfreulicherweise sehr gut und überzeugte mit klaren Passagen und typischen schwarzmetallischen Klängen. Der ganze Auftritt war alles in allem sehr kraftvoll, was sich in der gesteigerten guten Stimmung des Publikums widerspiegelte.

Die kurze Pause nach VOLUSPAA wurde mit Rufen nach der nächsten Band gefüllt. Rufe nach KING OF ASGARD. Die Schweden wussten definitiv ihr Publikum zu begeistern und unter dem Druck der Drums und der guten, druckvollen Stimme flogen die Haare in der ganzen Halle umher. Sehr erfreulich war der gute Sound, sehr enttäuschend die Show, die kaum vorhanden war und sich nur darauf begrenzte, dass sich die Musiker etwa einen Meter vor und einen zurück bewegten.

Ganz anders bei der nächsten Band, HEOL TELWEN. Die Franzosen begeisterten mit einer ausgewogenen Show und fettem Sound. Alles sehr zur Freude der Fans. Die bis dato recht unbekannte Band überzeugte mit harten Folk und schwarzmetallischen Riffs sowie ruhigen, sehr melodischen Passagen.

Das beste Beispiel für den Unterschied zwischen dem Klang auf Platte und dem Sound des Liveauftritts boten definitiv WALDGEFLÜSTER - die Band des Abends mit dem besten Sound. Hier stimmte wirklich alles und dadurch, dass sich die Songauswahl eher auf die schnellen Black Metal Songs fixierte, kam das Publikum noch mehr in Stimmung als ohnehin schon. Alkohol floss, Haare flogen, alles so, wie man sich das bei einem Metalfestival vorstellt.

Sehr erschöpft, aber dennoch gut gelaunt, ging es dann zu MISTUR. Dass schon alle müde waren, bekamen MISTUR sofort zu spüren: Sie traten vor eine deutlich leerere Halle und deutlich weniger Leute, die wirklich feierten. So war es für sie nicht leicht, den Mob noch einmal zum Toben zu bringen, doch geschafft haben sie es dennoch. Und das, obwohl sie sich nicht sehr darum zu kümmern schienen und einfach geradewegs drauf los spielten. MISTUR lieferten mit einer guten Mischung aus Melodie und Aggressivität in den Riffs eine gute Show, deutlich besser als die der folgenden Band.

RABENSCHREY sind, gelinde gesagt, eine sehr spezielle Band und bei weitem nichts für jeden. Auch die Show ist nicht für jeden Geschmack, doch eines muss man ihnen lassen: sie machen ordentlich Stimmung und der Gitarrist, im klassischen "Joker"-Outfit, spielte die meisten anderen Gitarristen an dem Tag in den Schatten. Doch das absolute Highlight des Tages sollte noch folgen, die Rede ist von AGALLOCH.

AGALLOCH ist zweifelsohne eine der Bands, bei der man aufgrund ihrer teils melancholischen Songs denken würde, dass sie live schnell langweilen. Doch dem ist nicht so. Zwar sah man überall knutschende Paare, die einem die Sicht versperrten, doch direkt daneben sah man die Headbanger, die ihre Haare schon fast aus Trotz gegen eben genannte Paare schleuderten. Und auch die Befürchtung, dass der Sound und das Spiel wie auf der DVD schlecht und voller Patzer werden würden, war unbegründet. Der Sound und das Spiel waren brillant, ohne Patzer und es war definitiv eines der besten Konzerte, die ich jemals gesehen habe. Noch heute zittere ich bei dem Gedanken an diesen großartigen Auftritt und das Feeling.

Als nächstes folgten VARG. Wie fast alle Besucher des Festivals hatte auch ich eine gewisse Abwehrhaltung dieser Band gegenüber, nicht nur, weil sie der "Ersatz" für BORKNAGAR sein sollten, sondern auch, weil sie sich anscheinend für die größten Rockstars der Welt hielten. Auch wenn ihr Spiel durchaus sehr gut ist, und auch der Sound keine Wünsche offen lässt, so kann man über ihre Arroganz nicht hinweg sehen. Es hätte nur noch gefehlt, dass sie wegen eines jungen Groupies die Bühne verlassen, zuzutrauen wäre es ihnen, zumindest der Reaktion und den Gesprächen mit dem Publikum nach zu urteilen.

Nachdem VARG überstanden waren, kam auch schon die letzte Band des Abends, A FOREST OF STARS. Auch wenn sie durchaus sehr gut waren, und es bis auf den Sound kaum etwas zu bemängeln gab, kam kaum noch jemand richtig in Stimmung. Dies lag aber wohl eher an der schon fortgeschrittenen Stunde, als an der Qualität der Band, denn diese ist keineswegs zu bemängeln - zu vergleichen wären sie wohl mit den Anfängen von ELUVEITIE.

Jetzt ging es vorerst zurück zum Campingplatz, jedoch musste man sich zunächst an den scheinbar mit Steroiden vollgepumpten Securities vorbeizwängen, die es gar nicht für nötig hielten, den Fans aus dem Weg zu gehen. Selten habe ich derartig degenerierte Sicherheitsleute gesehen, die nicht einmal wussten, auf was für einem Event sie waren und auf die Antwort "auf einem Hip-Hop Festival" nur fragten, ob Bushido denn auch spielen würde. 

Behandelt wurde man auch nicht allzu gut. So sah man des Öfteren, wie diese "Sicherheitsleute" auf Festivalbesucher einschlugen und eintraten. Da wundert es auch nicht, dass der ein oder andere "Security" über den Campingplatz spazierte und mit Platzverweis drohte, wenn man ihn nicht schmieren würde. Unwichtig zu erwähnen, dass dies die Stimmung deutlich trübte. Nunja, nach dem ein oder anderem Bierchen haute auch ich mich dann auf‘s Ohr, um fit für den nächsten Morgen zu sein.


-- Samstag --

Der Samstagmorgen begann gleich beschissen. So hatte ich einen totalen Kater und mein Auto einen Platten. Nach einem Ausflug zur nächsten Werkstatt und längerem Hin und Her,  ging's schließlich zur ersten Band des Tages: THURS.

Die aus Norwegen stammenden THURS überraschten nicht mit ihrem Genre: Viking Black Metal, welch "Abwechslung". Aber das Quintett sorgte definitiv dafür, dass man schnell wieder wach und fit wurde, auch wenn man aufgrund des miserablen Sounds selten wusste, welches Lied gerade gespielt wurde. Auf Platte sind sie zweifelsohne besser.

Bei der Band IMPIETY wusste man nicht so ganz, woran man ist, denn es gab eine schlechte Mischung aus Black und Thrash Metal. IMPIETY waren durchaus fehl am Platz, und bei der sehr feuchten Aussprache des Sängers hätte man in der ersten Reihe eher einen Regenschirm anstelle des Konterbiers gebraucht. Auch die Songauswahl ließ sehr zu wünschen übrig, vielleicht lag es am frühen, verkaterten Morgen oder am Genre, oder es lag an der schlechten Abmischung, dass die ersten paar Songs alle nach ein und demselben klangen. Großes Kino war das nicht.

Ein Lichtblick und ein kompletter Genrewechsel kamen dann mit XIV DARK CENTURIES. Das nenne ich mal guten, klassischen Folk Metal des 14. Jahrhunderts. Da ging wirklich jedem Pagan und Folk Metaller das Herz auf. Die Thüringer rockten das Ragnarök wie kaum eine Band zuvor, und auch mit der folgendem Band WOLFCHANT wurde die Stimmung nicht getrübt, sie wurde noch besser. 

200 Jahre in die Zukunft, mehr Druck sowie eine größere Besetzung, und schon hatte man WOLFCHANT, von der Genrebezeichnung recht ähnlich aber dennoch ein himmelweiter Unterschied. Auch Lachen konnte man bei WOLFCHANT; so wollte Michael „Nortwin“ Seifert in den Fotograben und seine Fans begrüßen – nette Geste, doch leider kam dieser nicht mehr die Bühne hinauf und musste während seines Gesangparts außen herum gehen. Zum Glück hatte er ein kabelloses Mikrofon.

Mit DARK FORTRESS sollte dann ein persönliches Highlight des Abends kommen, naja sollte. Der Sound war schlechter als je zuvor und es klang nur ein zähflüssiger Brei aus den Boxen, sodass auch "Ylem" nicht sofort erkannt werden konnte. Die Tatsache, dass sich die Bayern am laufenden Band verspielten, trug nicht gerade positiv zur ohnehin schon getrübten Stimmung bei. Schnell zum Zelt zu gehen, um was zu essen, war hier die deutlich bessere Entscheidung.

Nachdem ich FEJD durch meine spontane Essenpause verpasst hatte, kam ich noch pünktlich zu den Iren von MAEL MORDHA. Genervt betraten sie die Bühne, spielten gelangweilt und spannungslos ihr Set runter und verließen die Bühne genauso gelangweilt, wie sie sie 40 Minuten früher betreten hatten. Tolle Songs, aber eine der unmotiviertesten Bands, die ich je gesehen habe. Daraus resultierend war die Show auch nicht wirklich erwähnenswert.

Ganz anders jedoch das Folk Metal Urgestein SKYCLAD. Seit über 20 Jahren rocken sie die Folk Metal Welt; umso erstaunlicher, dass die Halle verhältnismäßig leer war, aber naja, mehr Platz für die Headbanger. Neben einer ausgewogenen Show und einem soliden Sound zeigte sich das dezimierte Publikum sehr textsicher, zur sichtlichen Freude der ohnehin sehr motivierten Band.

Mit ABSU kam dann eine Band, die man sich auf keinen Fall entgehen lassen durfte. Der sehr ungesprächige Frontmann erinnerte ein wenig an Harald Glööckler, was seine Qualitäten jedoch keineswegs minderte, aber durchaus zur Belustigung der Fans beitrug. Zwischen den mit heftigen Blasts gesättigten Songs blieb ohnehin nicht viel Zeit zum Reden, und so spielten ABSU fast ohne kurze Gesprächspause ihren Auftritt in einem Rutsch runter. Eine sehr empfehlenswerte Live-Band, die ich mir mit Freude wieder ansehen werde.

Mit EINHERJER und MOONSORROW waren dann auch noch ein paar namhafte Größen des Genres auf den beiden Bühnen des Ragnarök Festivals. Auch wenn ich schon häufig in den Genuss gekommen bin, beide Bands live zu erleben, so reißen sie mich (und alle anderen) jedes Mal wieder aufs Neue mit. Zwar gab es keine großen Überraschungen, aber die beiden Bands wissen, wie man dem Publikum einheizt: guter Sound, gute Show, alles gut.

Mit NACHTMYSTIUM kam jetzt die mit Abstand besoffenste Band des ganzen Festivals auf die Bühne, dementsprechend gab es unzählige Fehler beim Spielen und beim Gesang. Alles sehr passend zur ausgestrahlten Fuck-Off-Attitüde. Das Resümee dieses Auftrittes setzt sich dann zusammen aus Thorsten von AGRYPNIE als Gastsänger, fliegenden Mikrofonen, umherkletternden Musikern, sinnlos rumstehenden Musikern und einem völlig versauten, aber dennoch lustigen Auftritt. Aber nach so vielen guten und schlechten Bands ist ein wenig ungeplante Comedy doch auch mal ganz angebracht.

Mittlerweile fast schon mit "Bitte lass den Auftritt schnell vorbei sein"-Einstellung ging es dann zur letzten Band des Festivals, DORDEDUH. Doch nach ein, zwei Songs siegte der Wille zum Aufbruch, denn immerhin hatten wir noch eine Fahrt bis in den hohen Norden Deutschlands vor uns.


Fazit:


Man kann sagen, dass das Ragnarök eines der besten Festivals des Landes ist. Zumindest von der Bandauswahl und von dem Preis her, denn die Organisation ließ stark zu wünschen übrig und ein völlig überfüllter Campingplatz und Parkplatz waren die Folge. Wie es in der Schlafhalle aussah, will ich gar nicht wissen und auf die schon genannten „Securities“ will ich auch nicht weiter eingehen.

Alles in allem war es jedoch ein sehr lohnenswertes Festival mit vielen netten Leuten und guter Stimmung – die mich bei meiner Ankunft zuhause leider gleich wieder verließ. Ich las auf der Seite des Festivals die überaus traurige Nachricht, dass ein junger Mann auf dem Ragnarök tot in seinem Auto aufgefunden worden ist. Die Festval-Crew des Ragnaröks reagierte sofort mit einem offiziellem Statement und der Ankündigung einer Schweigeminute auf dem nächsten Ragnarök. Auch ich möchte den Hinterbliebenen an dieser Stelle mein Beileid aussprechen. Auf dass so etwas nie wieder passieren möge.