Geschrieben von Dienstag, 26 September 2006 00:15

+44 & Itchy Poopzkid - Hamburg / Markthalle

22.09.2006 – Alter Schwede, guter Andrang! Um 20 Minuten vor neun stehe ich in der bereits tropisch angewärmten Markthalle und lasse staunend den Blick über die Zuschauer schweifen, die so zahlreich erschienen sind, dass die geräumige Location schon fast ausgelastet ist. Das liegt zum Großteil an den vielen jungen Kiddies und am konzerttauglichen Wochentag (Freitag), zumindest habe ich den Laden schon lange nicht mehr so gerappelt voll gesehen.

Zum anderen sind die Newcomer +44 an diesem Abend der Zuschauermagnet in Hamburg, immerhin hat die Band mit Sänger / Bassist Mark Hoppus und Schlagzeuger Travis Barker zwei Ex- BLINK 182-Mitglieder am Start. Die beiden haben sich unter neuem Namen wieder zusammengefunden und veröffentlichen am 10. November ihr Debütalbum "When Your Heart Stops Beating". Für die Neugründung wurden zudem Shane Gallagher (THE NERVOUS RETURN) und Craig Fairbaugh (TRANSPLANTS, THE FORGOTTEN, LARS FREDERIKSEN AND THE BASTARDS) als Verstärkung ins Boot geholt. Der Bandname geht übrigens auf den Vorwahl-Code für Großbrittanien zurück und spricht sich „Plus 44“ … 

Bevor +44 die Bühne stürmen, legen punkt 9 Uhr die auf den Tickets als „special guest“ vermerkten ITCHY POOPZKID los – melodischer Punk-Rock aus dem Schwabenländle, und der macht richtig Spaß. Die lockere Show kommt beim vorwiegend jungen Publikum bestens an, da stört es auch nicht, dass mal eine Ansage mitten im Satz stecken bleibt oder das Gelaber zwischen den Songs ein wenig überhand nimmt. Die Band hat sichtlich Spaß, die kleinen Mädels knipsen wie blöd Fotos und die Jungs surfen ein wenig auf der Crowd – sehr schön! Als Highlight bahnt sich einer der Poopzkids seinen Weg von der Bühne runter, zwischen die ersten Reihen und spielt einige Takte im Pit, umringt von glücklichen Fans.
Nach 30 Minuten ist abrupt Schluss, und wenn die Musik auch nicht so mein Ding ist, die Band hat sich prima präsentiert und die Hütte gerockt.

„Hallo you crazy Germans… we’re +44, and so let’s begin!“ Fast wie eine Boygroup wird der Hauptact um 22 Uhr empfangen, als jeder der Vier von Kreischen und Winken begleitet seinen Platz einnimmt. Crazy Germans … ein Titel, der an diesem Abend durchaus berechtigt ist, denn fast jeder der kommenden, noch unbekannten Songs wird enthusiastisch abgefeiert. Selbst der sorgenvolle Blick einer grauhaarigen Mutter neben mir kann Sohnemann oder Töchterchen nicht davon abhalten, vorne richtig mitzumischen und Crowdsurfer rumzureichen.

Ich selbst wundere mich über diese Anteilnahme an der Darbietung, denn musikalisch geben sich +44 nicht gerade wie rotzige Punker, sondern eher wie die netten Jungs von nebenan: Die überwiegende Anzahl der Songs klingt erstaunlich ruhig, midtemperiert und so gar nicht nach Punk-Spaß a la BLINK 182. Der softe Punk-Rock mit extrem viel Pop-Appeal erinnert mich stellenweise sogar an Emo-Schnullis wie DASHBOARD CONFESSIONAL.

Einzig herausragender Song für meine Begriffe ist „Make You Smile“, bei dem Travis seinem Ruf als variabler Drummer alle Ehre macht und einen 1a-Drum’n’Bass-Sound aus seinen Fellen zaubert. Der Rest bleibt zu meiner Verwunderung musikalisch wenig spannend und harmlos, fast schon langweilig. Drive und Frische hat das Ganze nur an wenigen Stellen, obwohl die Band selbst sehr souverän agiert und zwischendurch immer wieder nette, witzige Ansagen aus dem Ärmel schüttelt.

Den Fans zumindest der ersten paar Reihen scheint es jedoch bestens zu gefallen, jedenfalls wird jedes Wort von „No It Isn't“ (bereits 2005 auf der offiziellen Internetseite veröffentlicht) laut mitgesungen, und obwohl es nach 55 Minuten Spielzeit keine Zugabe gibt, höre ich beim Weg nach draußen keine kritischen Worte.

Nach einem durchwachsenen Abend frage ich mich, wo diese Band stünde, wenn sich das Line-Up aus unbekannteren Namen zusammensetzen würde. Ich denke, sie wäre noch weit davon entfernt, eine Location wie die Markthalle füllen zu können, bevor überhaupt das Debüt in den Läden steht … Vielleicht wird das Album ja im heimischen Player doch eine Freude sein, live fand ich +44 aber ziemlich zahnlos und die Songs an sich, bis auf wenige Momente, durchschnittlich.