Geschrieben von Donnerstag, 24 August 2006 00:20

Mastodon & Good Witch Of The South - Hamburg / Logo

21.08.2006 – Montag abend, ziemlich genau 21 Uhr im Logo, die Hütte ist halb voll und ich nuckel mittlerweile glücklich am dritten Bier. Was freue ich mich darauf, meine Lieblingsband MASTODON endlich auch einmal live zu sehen, nachdem ich 30 Minuten vorher ein lockeres Interview mit Schlagzeuger Brann Dailor führen konnte.

Bevor ich meine persönlichen Götter des eruptiv-melodischen Lava-Riffings bewundern darf, erklimmen die auf Swell Creek Records beheimateten Deutschen GOOD WITCH OF THE SOUTH zu einem belustigenden Pornofilm-Intro die Bretter und ziehen das Publikum nach kurzer Zeit auf ihre Seite. Der noisig-erdige Rock’n’Roll mit Stoner- und Punk-Schlagseite reicht links vor der Bühne bereits für ausgiebige Kopfrotationen und Luftgitarre, vorne rechts wird zumindest mitgewippt und am Ende allerorts freundlich applaudiert – der Sechser mit zwei Gitarren und einem offensichtlich betrunkenen, aber sympathisch agierenden Frontmann überzeugt.

Ein Blick über die Köpfe nach 15 Minuten Umbaupause zeigt, dass MASTODON sich mittlerweile in Hamburg einen Namen gemacht haben, auch wenn es noch nicht ganz für einen größeren Club reicht. Das kleine Logo ist mittlerweile gut bis hinten gefüllt. Kiddies sehe ich nahezu keine, dennoch ist vom Metal-Warrior bis zum Sportjackenträger alles vertreten, und somit harre ich voller Spannung dem, was ich bisher nur von Videos der Truppe aus Atlanta kenne: Der geballten Live-Wucht des MASTODON.

„March Of The Fire Ants“ erklingt, und welcher Song transportiert mehr explosive Spannung und vereintes technisches Können, als dieser „Remission“-Titel? Der Funke springt sofort über, donnernd legt sich der Sound über die Leute vor der Bühne, Fäuste recken sich und zahlreiche Köpfe moschen. Frontmann Troy geht sofort in die Vollen: mit der Ausstrahlung eines Manischen und immer wieder starr auf das Publikum oder einzelne Fans gerichtetem Blick haut er wie besessen in seine Bass-Saiten, flankiert von Brent und Bill, die mit ihren Gitarren nur geringfügig zahmer zur Sache gehen. Leider etwas versteckt im Hintergrund agiert Drummer Brann, dem ich sehr gerne öfter direkt auf die Finger oder Füße geschaut hätte, denn was dieser Mann aus seinen Fellen drischt, ist nicht von dieser Welt.

Der zweite Song kommt vom neuen Album „Blood Mountain“, das erst im November erscheint, und heißt „Circle Of Cysquatch“. Das Album muss ein Killer werden, denn ebenso wie die neuen Tracks „Crystal Skull“ und „Capillarian Crest“ offenbaren sich ausufernde, nahezu jammige Passagen in typischer MASTODON-Manier neben eruptiven Wutbatzen-Parts. - Eine ungemein intensive und komplexe Mischung, die Bekanntes weiterführt und das Konzept vorheriger Alben beibehält, dabei jedoch immer wieder hochmelodisch ausufert oder psychedelisch ausschweift und als Ganzes eine alles niedermalmende Soundwand bildet.

Nicht zu jedem Song folgt eine Ansage, und so gestaltet sich das Set halb aus neuen, teils anonym bleibenden Titeln, an einer Stelle von einem gesprochenen Intro eingeleitet, und halb aus Smashern wie „I Am Ahab“, „Megalodon“ oder „Aqua Dementia“ vom (noch) aktuellen „Leviathan“-Album.
Das Publikum zeigt sich begeistert, ein „Mastodon!“-Sprechchor ertönt, und auch wenn sich der am Ende ziemlich abgearbeitete Troy Sanders nicht mehr ganz an den letzten Gig im Logo erinnern kann (auf Zuruf wird er korrigiert, dass sie zuletzt vor einem und nicht vor drei Jahren in Hamburg Station gemacht haben), so ist doch seine Freude über die Anteilnahme der Leute zu spüren, der er mehrfach deutlich Ausdruck verleiht.

Nach 50 Minuten ist relativ plötzlich Schluss, eine Zugabe folgt leider nicht mehr. – Das zwar einzige aber zurecht bemängelte Defizit des Abends, welches nach dem Gig noch von einigen Zuschauern diskutiert wird, die ansonsten jedoch hoch zufrieden das fast zur Sauna mutierte Logo verlassen. Sagenhaft, mit welch schier unglaublicher Wucht die MASTODON-Songs gerade live wirken, und mit welcher Intensität die Band ihren Sound präsentiert!

Alles in allem ein großartiger Abend, an dem die 10 Euro Eintritt mehr als gerechtfertigt waren, und der ein bärenstarkes „Blood Mountain“-Album erwarten lässt.

Fotos (c) BurnYourEars