Geschrieben von Montag, 18 März 2013 18:51

Kvelertak & Truckfighters - Schlachthof Wiesbaden

Die norwegischen KVELERTAK kommen in den Schlachthof Wiesbaden, bewaffnet mit Black Metal, Thrash, Sludge, Rock'n'Roll, Punk Rock und Hardcore... und schon einen Tag vorher meldet der Club „Ausverkauft". So muss das sein! Da ich großer Fan von KVELERTAK bin und „Meir" auch schon hören durfte, war das natürlich ein Pflichttermin für mich.

Nachdem wir uns wegen des sinnflutartigen Regens gefühlte 500 Mal verfahren haben (obwohl wir für NEAERA erst 10 Tage vorher in die gleiche Location gefahren sind), kamen wir erst viertel vor neun im Schlachthof Wiesbaden an. Der Parkplatz war so gut wie leer, obwohl die Butze ausverkauft war, und aus dem Club dröhnten schon rockige Klänge. Da ich unsere Verspätung nicht so groß eingeschätzt hatte, dachte ich, es wären EL DOOM & THE BORN ELECTRIC, allerdings waren es schon TRUCKFIGHTERS, die auf der Bühne ihr Bestes gaben.

Bei TRUCKFIGHTERS war sofort klar, dass die Band gerafft hat, wie man auf der Bühne zu rocken hat, wie man ein Publikum animiert und wie man geile Songs schreibt. Das Trio dröhnte uns einen fetten, druckvollen Sound entgegen und bewegte sich selbstbewusst auf der Bühne. Dazu kamen die TRUCKFIGHTERS extrem sympathisch rüber. Die Boxentürme wurden erklommen und von dort wurde wieder schwungvoll abgesprungen. Die Schweden stießen auf ein positiv gestimmtes Publikum und einige bangten sich schon ordentlich warm zu den Klängen. Ihr Album „Gravity X" hat durchweg gute Kritiken bekommen, werde ich mir bald mal besorgen!

Nach dem Konzert ging ich direkt zum Merchandise (um mir ein Shirt von KVELERTAK zu sichern) und wunderte mich, dahinter direkt den Sänger von eben zu treffen. Verschwitzt muss er wohl direkt von der Bühne hinter den Merchandisestand gestürmt sein. Freudig sackte er Komplimente ein, gab High Five und verkaufte strahlend Kappen und Shirts von TRUCKFIGHTERS. Da ich bis dato noch immer dachte, gerade EL DOOM & THE BORN ELECTRIC gesehen zu haben (die Band spielte vor dem riesigen KVELERTAK Backdrop, so dass das nicht offensichtlich war), rechnete ich ihm erst hoch an, so nett das Merchandise der anderen Band zu verkaufen. Bis ich Umstehende ansprach und die mich aufklärten, dass wir eben schon die zweite Band TRUCKFIGHTERS gesehen hätten ...

Das Publikum war größtenteils bullig und bärtig, es waren aber auch viele Frauen anwesend und in der ersten Reihe stand sogar ein kleiner blonder Junge, der verdächtig wie das Double aus dem aktuellen KVELERTAK Video zu „Bruane Brenn" aussah. Kollegin Katharina war auch mit am Start und gemeinsam wunderten wir uns über die Jutebeutel-Kultur auch bei Metalbands. Wer hat sich bitte einfallen lassen, dass ich einen Jutebeutel von einer Band brauche? Na ja, ein Gast direkt vor uns hatte so einen Beutel gekauft und schien glücklich damit.

Auffällig waren auch die vielen TURBONEGRO Fans und zwei einsame Fans des St. Patrick's Day (der war ebenfalls am 17.03.), die ihre Freude darüber mit riesigen irischen Hüten zum Ausdruck brachten. Muss ja auch einer machen... Über das Personal im Schlachthof Wiesbaden kann ich wieder nur Gutes sagen: sehr freundlich, schnell und noch dazu hat der Club eine gute Getränkeauswahl und richtig humane Preise. Allerdings steht vor dem Schlachthof ein Schild, dass wohl Umbaumaßnahmen geplant sind, hoffentlich nicht zum Nachteil der Location. Mini Kritikpunkt: Den Unterschied zwischen Stempel und Tätowierung kennt ihr schon, oder? „Seek and destroy" ist ein cooler Stempel, aber extrem hartnäckig.

Gegen halb zehn stürmten KVELERTAK die Bühne, eigentlich relativ unspektakulär und es wurde auch kein sich langsam aufbauender Song gespielt. "Jetzt oder nie!" war das Motto des gesamten Auftritts von KVELERTAK, für Aufwärmübungen ist da keine Zeit. Wenn Bands im Stadium von KVELERTAK sind - manche bleiben zum Glück auf ewig auf diesem Niveau - dann heißt es als Fan: hingehen, durchdrehen! Die Jungs sind heiß auf Mucke spielen, gepusht durch die positive Resonanz, aber auch noch so rotzig, dass mir der Sänger (natürlich nur aus Versehen!) während ich Fotos schoss euphorisch auf den Kopf gerotzt hat. Seltsamerweise war das Publikum extrem textsicher und brüllte mir in feinstem Norwegisch in den Rücken, davon war ich wirklich überrascht. Mich hätte es auch nicht gewundert, wenn KVELERTAK über die Fotos knipsende Zunft ins Publikum gesprungen wären. Wie wilde Tiere fegten die Skandinavier über die Bühne und Derwisch Erlend, mittlerweile mit passender wilder Haarpracht, keifte sich vorzüglich durch den Abend. Was für ein roher und derber Gig, KVELERTAK geiferten ihre Songs förmlich in die Menge, unterbrochen von norwegischen Ansagen, die von den Fans euphorisch aufgenommen wurden. Können plötzlich alle Norwegisch außer mir?

Es dauerte keine zwei Songs, da zog Erlend seine Lederweste aus und nach ungefähr vier Songs hatte die Hälfte der Band schon ein Bad in der Menge genommen. Man will es kaum glauben, aber die Nummer „Bis zum Mischpult und zurück" hat bei KVELERTAK tatsächlich mehrmals funktioniert. Das Publikum war hart im Nehmen, denn Fliegengewichte sind die Norweger nicht unbedingt. Mein Begleiter schilderte später die Situation, wie er sich freute, als der Sänger sich stagedivend auf ihn zu bewegte... und wie ihm dann die Freude verging, nachdem er seinen schweißigen Körper berührt hatte. Aber ein Black'n'Roll-Konzert (der verzweifelte Versuch, dem Sound von KVELERTAK einen Namen zu geben) ist kein Kindergeburtstag, soviel ist klar.

KVELERTAK schossen die Stücke erbarmungslos und hintereinander weg in die Menge. Keine Rücksicht auf mögliche Konditionsschwächen, jede Minute zählt. Aber netterweise bespritzten die Nordmänner die Massen immer wieder mit Wasser, spuckten Wasserfontänen und nahmen auch auf sich selbst keine Rücksicht. Außer dem Schlagzeuger war jedes Mitglied der Band mindestens einmal auf dem Boxenturm und/oder im Publikum zum Stagediving. Egal, was gespielt wurde - ob „Spring Fra Livet" vom neuen Album, „Bruane Brenn", die aktuelle Single (der ich niemals diese Livewucht zugetraut hätte!), Hits wie „Mjød", „Fossegrim", „Blodtørst", „Offernatt" oder das grandiose „Ulvetid" mit dem feinen Black Metal Part zum Steilgehen ... - die Fans im Schlachthof Wiesbaden nahmen jede Note dankend an, wirbelten die Köpfe und ließen sich bei jeder Blastattacke ein Blitzlicht in die Fresse flackern.

Der Sound war in Ordnung, hätte aber etwas lauter sein können und etwas differenzierter, dann wäre er perfekt gewesen. Selbst das etwas längere „Nekrokosmos" (THIN LIZZY lassen grüßen) tat der Stimmung keinen Abbruch und man merkte keinen Unterschied zwischen Stücken vom Debüt oder vom kommenden „Meir". Das neue Album konnte man übrigens schon als schickes rotes Vinyl am Merchandisestand kaufen, ebenso wie zahlreiche sehr hübsche Shirts für ungefähr 20 € und Kapuzenpullover zum doppelten Preis. KVELERTAK stellten auch ihre gleichnamige Bandhymne vor, die von den Fans umgehend angenommen und abgefeiert wurde. Ein perfekter, mitreißender Song für eine Band, die sich die enorme Sympathie wirklich verdient hat und am Schluss fast komplett und gleichzeitig, teilweise mit Instrumenten, vom Publikum auf Händen getragen wurde. Was für ein Bild!

Über Bands wie TRIVIUM oder BULLET FOR MY VALENTINE habe ich schon oft gelesen, sie seien die Zukunft des Metals. Meine persönliche Zukunft des Metals sind eher kreative, harte Bands wie KVELERTAK! Seit 2010 rangieren die Norweger in meiner Top Ten der Lieblingsbands, „Meir" wird ganz sicher in meiner Bestenliste 2013 auftauchen, ebenso wie dieses großartige Konzert im Schlachthof Wiesbaden! Top Band, super Stimmung, tolle Location... die Skandinavier können es einfach und wer noch die Gelegenheit hat, sollte KVELERTAK auf jeden Fall live mitnehmen!