Vuur - In This Moment We Are Free - Cities

Vuur - In This Moment We Are Free - Cities
    Progressive/Symphonic Metal

    Label: InsideOut
    VÖ: 20.10.2017
    Bewertung:6/10

    VUUR im Web


Zehn Jahre nach ihrer Trennung von THE GATHERING hat Anneke van Giersbergen wieder Bock auf harte Musik. Nicht, dass sie in der Zeit danach nicht mehr auf E-Gitarren stand - schließlich hat die Sängerin u.a. mit Künstlern wie DEVIN TOWNSEND und Arjen Lucassen (AYREON, THE GENTLE STORM) im Studio und auf der Bühne gestanden.

 Aber jetzt will die zierliche Niederländerin mit VUUR (niederländisch für "Feuer") ihre metallische Seite in einer eigenen Band repräsentieren, während sie sich solo auf akustisches Material konzentrieren will. Auf dem Debüt "In This Moment We Are Free - Cities" wird van Giersbergen von den Gitarristen Jord Otto und Ferdy Duijsens, Bassist Johan van Stratum und Drummer Ed Warby (bestens bekannt aus dem AYREON-Dunstkreis, außerdem GOREFEST, HAIL OF BULLETS und andere) unterstützt.

Kehrt Anneke zu ihren Wurzeln zurück?

Den musikalischen Stil hinter VUUR beschreibt van Giersbergen so simpel wie appetitlich: Die Melancholie von THE GATHERING, ausgesuchte Elemente von THE GENTLE STORM, weniger Folk, dunkler, härter, dabei stets melodisch und warm. "In This Moment We Are Free - Cities" ist kein Konzeptalbum, verfolgt aber einen roten Faden: Jeder der elf Songs soll die Stimmung einer bestimmten Stadt musikalisch zum Leben erwecken.

Mit "heavy" meint es Anneke ziemlich ernst: Schon im Einstieg "My Champion - Berlin" setzen VUUR mit fetten Riffs ein Ausrufezeichen und zeigen sich im Chorus von ihrer epischen Seite. "Time - Rotterdam" ist dann ein richtiges Pfund mit brachialen Riffs und Doublebass-Power, aber ohne erkennbare Harmonien. Das ist trotz ganz leichter AYREON-Schlagseite (achtet auf die Vocals in der Mitte des Songs) schon fast zu viel des Harten.

Licht und Schatten

In "The Martyr And The Saint - Beirut" wird's dann zum ersten Mal wirklich packend: DEVIN TOWNSEND trifft auf THE GATHERING, Härte trifft auf Melodie, Melancholie auf eine süße Atmosphäre. Da kann das treibende "The Fire - San Francisco" nicht mithalten, auch wenn Anneke extrem abwuchslungsreiche und engagierte Vocals zum Besten gibt.

Zu Beginn von "Freedom - Rio" scheint alles klar: Eine Ballade. Doch Pustekuchen, nach dem ruhigen Einstieg braten auch hier die Gitarren. Bittersüße Melodien und ein toller Refrain sorgen dafür, dass die Brachialität zumindest ein wenig aufgefangen wird. Das leicht angeproggte "Days Go By - London" ist dann wieder richtig spannend und abwechslungsreich, hier stimmt das Verhältnis aller musikalischen Elemente.

"Sail Away - Santiago" weiß sich dann trotz hörenswerter Momente nicht wirklich vom Rest abzuheben. Spätestens hier wird das Dilemma VUURs deutlich: Die Niederländer fahren 65 Minuten lang fast die gleiche Schiene. Trotz prominenter Songwriting-Unterstützung mit Mark Holcomb (PERIPHERY), Daniel Cardoso (ANATHEMA), Esa Holopainen (AMORPHIS) und Joost van den Broek (AYREON), der auch für die äußerst knackige, wuchtige Produktion verantwortlich war, sind nur wenige wirklich packende, in sich geschlossene Höhepunkte entstanden. Der Großteil des Materials ist bis zum zweiten Drittel des Albums ziemlich gleichförmig.

Ein spätes Aufbäumen gegen die Ödnis

"Valley Of Diamonds - Mexico City" weiß sich mit mystischer Stimmung und nicht ständig durchgedrücktem Riff-Pedal immerhin ein wenig abzusetzen, "Your Glourious Light Will Shine - Helsinki" stellt nach erneut irreführendem, ruhigen Beginn proggige Riffs und mehrere Vocal-Layer in den Vordergrund. Den Refrain hat man dann aber schon gefühlt fünf mal gehört.

Mit "Save Me - Istanbul" folgt spät ein Höhepunkt, der mit einem richtig geilen, epischen Chorus udn wunderbaren Harmonien punktet. Die orientalische Einflüsse sorgen erstmals dafür, dass musikalisch ein stimmiger Bezug zur zum Spirit einer Stadt aufgebaut wird. Zum Abschluss wartet mit "Reunite! - Paris" dann doch noch eine Ballade auf den dürstenden Hörer - zumindest, bis es in der Mitte wieder mit Doublebass und pumpendem Bass los geht. Doch hier passt das zurückhaltende Gitarrensolo zur Stimmung, die Melodien werden schön weiter gesponnen, und das Ende zieht dann all die Register, die man sich schon viel früher gewünscht hätte.

VUUR bleiben unter den (hohen) Erwartungen

Annekes eingehende stilistische Beschreibung ist nur bedingt korrekt. Die packende Melancholie von THE GATHERING kommt viel zu kurz, die Spannungsbögen und vor allem Melodien bei THE GENTLE STORM waren deutlich packender. VUUR sind streckenweise zu hart und unmelodisch, so dass ein seltsamer Kontrast zu van Giersbergens Vocals entsteht. Denn die singt sich wie erwartet mit traumwandlerischer Sicherheit, viel Gefühl und sehr einschmeichelnd durch leise, kraftvolle und symphonische Passagen.

Trotz satter Riffs, hörenswerter Melodien, schön progressivem Touch und fetter Produktion kann "In This Moment We Are Free - Cities" nicht mitreißen - zumindest über die volle Albumdistanz. Dafür fehlen Tempowechsel, Dynamik, Spannungsbögen und packende Ohrwurm-Melodien, was angesichts der beteiligten Musiker und Songwriter durchaus verwunderlich ist. Vielleicht waren die Erwartungen an "Anneke in hart" aber auch einfach zu hoch. So bleibt ein solides, symphonisch angehauchtes Progressive Metal-Werk mit fantastischen Vocals und (zu wenig) guten Ansätzen.

Trackliste

1 My Champion - Berlin 07:36
2 Time - Rotterdam 06:40
3 The Martyr And The Saint - Beirut 05:35
4 The Fire - San Francisco 04:47
5 Freedom - Rio 06:06
6 Days Go By - London 06:30
7 Sail Away - Santiago 06:00
8 Valley Of Diamonds - Mexico City 06:25
9 Your Glorious Light Will Shine - Helsinki 05:32
10 Save Me - Istanbul 05:05
11 Reunite! – Paris 04:39

Band

Anneke van Giersbergen - vocals
Ed Warby - drums
Jord Otto - guitars
Ferry Duijsens - guitars
Johan van Stratum – bass