Opeth - Pale Communion Tipp

Opeth - Pale Communion
    Progressive Rock/Metal

    Label: Roadrunner Records/Warner
    VÖ: 22.08.2014
    Bewertung:9/10

    Opeth Website


"Pale Communion", das zehnte Studioalbum der Schweden OPETH, wird polarisieren wie vor drei Jahren bereits "Heritage". Auf dem Vorgänger ging die Tendenz der einstigen Death Metal-Institution ganz in Richtung Progressive Rock, Mikael Åkerfeldt verzichtete komplett auf Growls. "Pale Communion" ist nicht die von enttäuschten Altfans ersehnte Rückkehr zu härteren Klängen, sondern eine konsequente Fortführung des auf "Heritage" vorgestellten Sounds.

Im Vergleich zum Vorgänger, der viele sehr gute Momente, aber auch ein paar Schwächen an den Tag legte, wirkt "Pale Communion" detailreicher, eingängiger und im Gesamten runder – und das, obwohl die Grundrichtung (teils sehr entspannter Progressive Rock mit jazzigen Anlteilen, der aber auch heftig klingen kann) beibehalten wurde. Die zerbrechlichen Parts sind noch fragiler, die Drums noch akzentuierter, Åkerfeldts Vocals noch ausdrucksstärker, die Dynamik noch höher, die Belohnung, sich intensiv mit dieser Scheibe auseinander zu setzen, ist noch größer.

Wabernde Orgelteppiche bilden oft die Grundlage für fein gezupfte oder akustische Gitarren, die aber auch harte Riffs produzieren ("Cusp Of Eternity") und die Seele mit feinfühligen Soli streicheln. Das Wechselspiel zwischen lichtdurchfluteten, harmonischen Passagen und leicht dissonanten, dunklen Parts gelingt OPETH so gut wie nie zuvor. Besonders beeindruckend zeigt dies der Zehnminüter "Moon Above, Sun Below", der allerdings die volle Konzentration fordert. Nicht, dass dies bei den anderen Nummern anders wäre – einzig das treibende "Cusp Of Eternity" kann dank der orientalischen Harmonien und den "Ahahahs" bereits beim ersten Hören als Ohrwurm ausgemacht werden. Die restlichen sieben Nummern benötigen Einarbeitungszeit. Alles andere würde bei einer solch abwechslungsreichen Progressive Rock/Metal-Scheibe (und die ist "Pale Communion" nun mal) die Abnutzungsgefahr allerdings deutlich erhöhen.

Außerdem geizen OPETH nicht mit eingängigen Melodien, sie verstecken sich nur ein wenig. So eröffnet "Eternal Rains Will Come" das Album erst einmal mit zweieinhalb Minuten purem Jazz-Prog, bis euch eine mitreißende, lässige Melodielinie gefangen nimmt, die den ganzen Song über zu hören ist. Selbst das Instrumental "Goblin" bietet eingängige Parts, vom an LED ZEPPELIN erinnernden Beginn von "River" ganz zu schweigen. Symptomatisch für alle Tracks passiert im Anschluss aber auch in dieser Nummer viel zu viel, um es in Worte fassen zu können. "Voice Of Treason" erinnert mich ein wenig an eine reduzierte Version von LED ZEPPELINs "Kashmir" und ist nach "Cusp Of Eternity" der zweite Track mit orientalischen Melodien, der eine faszinierende Entwicklung durchmacht: Zwei Minuten vor dem Ende wird der anfangs extrem schwermütige, düstere Song zu einem richtigen Seelenstreichler mit dezenten Streicher-Arrangements, die schließlich das Ruder übernehmen und geschickt in das getragene, melancholische und dynamisch orchestrierte "Faith In Others" überleiten.

Die Schweden gehen auf "Pale Communion" unheimlich detailverliebt zu Werke – egal, ob es sich um das abwechslungsreiche Songwriting, das gelungene Cover, das wohl erst in LP-Größe richtig Spaß macht, oder den sauberen, sehr differenziert abgemischten Sound handelt, der stets das jeweils passende Instrument ins Licht rückt und großartig klingt. Noch ein paar Worte zu Åkerfeldts Gesang: Oft sind seine Vocals mit Overdubs hinterlegt oder mehrstimmig, kräftige Parts meistert er genauso lässig wie leise gehauchte und gefühlvolle Stellen. Wie variabel der OPETH-Frontmann seine Stimme einsetzen kann, ist einfach beeindruckend und mittlerweile eines der wichtigsten Trademarks der Schweden.

Solltet ihr OPETH vor allem wegen "Orchid", "Morningrise" oder von mir aus auch "Blackwater Park" lieben, wird euch das zehnte OPETH-Album mindestens genauso enttäuschen wie "Heritage". Sagt euch die Entwicklung zum grenzenlosen Progressive Rock zu, die schon auf den Alben vor dem Stilbruch "Heritage" zu erahnen war, werdet ihr "Pale Communion" lieben.