Faun - Midgard

Faun - Midgard
    Pagan Folk/Mittelalter

    Label: We Love Music/Universal
    VÖ: 19.08.2016
    Bewertung:7/10

    FAUN im Web


Für ihre Teilnahme am deutschen Eurovision Song Contest-Vorentscheid 2015, bei dem sie letztlich scheiterten, und insbesondere das 2013 erschienene Album "Von den Elben", das erstmals bei dem Major Universal und unter Mitarbeit des Produzenten Valicon entstand, mussten FAUN von ihren Fans massig Prügel beziehen. Zu austauschbar, schlagerlastig und weit von ihren Wurzeln entfernt sei das siebte Studioalbum gewesen. Macht die deutsche Pagan Folk-Truppe es mit "Midgard" wieder besser?

Generell ja, das ist die gute Nachricht zum siebten Studioalbum der Truppe um Frontmann und Bandleader Oliver s. Tyr. Wer nicht auf romantischen Kitsch, leichte Flötenklänge, Geigenklänge und zarte weibliche Vocals steht, wird hier sowieso kein Ohr riskieren. Und selbst, wer es mag, wird bei Songs wie "Federkleid" mit poppigem Beat, beinahe schon aufdringlichen Melodien und Schlager-Schlagseite oder "Brandan" mit SANTIANO-Stimmung auf eine harte Probe gestellt. Zum Glück sind diese Nummern in der Unterzahl, auch wenn die Musik von FAUN (nicht erst seit den letzten beiden Alben) ein klarer Fall für Freunde sanfter, ruhiger Melodien ist. Und: Auch diese Nummern versprühen ihren Reiz und sind hörbar, ganz im gegensatz zu den Songs des Vorgänger-Albums.

Altfans freuen sich über die Einleitung "Midgard Prolog" mit mehrstimmigen Gesängen, die wie die "Rabenballade" an das fantastische "Buch der Balladen" erinnert und schon zu Beginn versöhnlich stimmt. "Midgard" enthält auf der einen Seite positiv gestimmte, fröhliche Romantikballaden wie "Sonnenreigen" mit süßen Geigenklängen, das eingängige "Gold & Seide" und das wundervolle "Lange Schatten". Auf der anderen Seite stehen zumeist eindringliche, mystische Klänge wie "Nacht des Nordens", "MacBeth" (durch seine Intensität vor allem am Ende der absolute Höhepunkt des Albums und ein kleines Meisterwerk) und "Odin", das durch fremde Sprachfetzen begeistert. Mit "Alba II" haben FAUN außerdem eine ältere Nummer neu vertont und in ein etwas moderneres Gewand gepackt, was einige der engstirnigsten Anhänger auf die Palme bringen dürfte. Insbesondere die mystischen, düsteren Nummern sollten aber klar machen, dass wir es bei FAUN ganz sicher nicht nur mit der Eurovisions-Versuchs-Kapelle zu tun haben.

Auffällig ist der hohe Anteil an weiblichen Vocals auf "Midgard"; Oliver s. Tyr hat überraschend wenige Einsätze. Das Zusammenspiel aller Instrumente ist auf höchstem Niveau und perfekt inszeniert, die Produktion stimmt ebenfalls. Das Songwriting erinnert öfter an die frühen Werke, die Nummern sind sehr stimmungsvoll ausgefallen.

Ob es die Fans waren, die FAUN zu einer Kehrtwende veranlasst haben, oder die Band selbst von dem auf "Von den Elben" eingeschlagenen Kurs doch nicht so begeistert war, kann nur vermutet werden. Trotz zwei, drei Schunkelnummern mit Schlager-Seite klingt das siebte Album wieder deutlich mehr nach FAUN und sollte alle Folk-, Mittelalter- und Romantik-Fans versöhnlich stimmen. Wer sich nach "Von den Elben" von der Truppe abgekehrt hat, sollte auf jeden Fall ein Ohr risikieren!